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  • Guckstu

mehr als 1000 Beiträge seit 18.03.2024

Re: Zuviel Pessimismus

J@son schrieb am 08.08.2024 18:24:

Rybar (russ. Propagandakanal) hat doch berichtet, daß es 2 Stoßrichtungen gibt.

Einen eher nach Norden, einen nach Nordosten, ja.
Wird auch von Neutralen und Proukrainern so berichtet.

Sollten die zusammentreffen, ist die Front effektiv sogar kürzer, weil man den Frontbogen im Nordosten begradigt hätte.

Nee, im Gegenteil. Der Vorstoß ist von einer Biegung der Landesgrenze ausgegangen, die Front wird dadurch wesentlich länger.

Ob die UA das allerdings schafft und das Gebiet halten kann, steht auf einem anderen Blatt (ich glaube es eher nicht).

Die UA wird sich eingraben und die Russen anrennen lassen.

Nielsen hatte dazu noch zwei weitere Aspekte, die mir ganz entgangen waren:

1) Da kämpfen jetzt russische Wehrpflichtige. Die sollten eigentlich nur die Landesgrenze schützen und gar nicht im Fleischwolf in der Ukraine landen, das sind nämlich die Söhnchen der ethnischen Russen, die Putin ja schonen will und muss, wenn er weiter Volkes billigende Duldung haben will.
Jetzt steckt er im Dilemma: Zieht er die ab, muss er Truppen von anderswo im Donbas abziehen. Zieht er sie nicht ab, riskiert er eine Machterosion.
Was Nielsen nicht erwähnt hat: Putin muss jetzt an der gesamten Grenze damit rechnen, dass die Ukraine plötzlich unerwartet nach Russland einmarschiert. Er müsste also die Wehrpflichtigen an der kompletten Grenze durch Freiwillige ersetzen, deren Tod in Russland wenig Wellen schlägt, und dann hat er an der eigentlichen Front wirklich nicht mehr genügend Kräfte.
Obendrein sind die Wehrpflichtigen als Truppe kaum zu brauchen, die sind kaum halb ausgebildet und schlecht bewaffnet. Die ergeben sich eher, als zu kämpfen.

2) Die Kriegsanalysten rechnen damit, dass der russischen Armee in den kommenden zwei bis sechs Wochen der Dampf ausgeht, danach müssen sie Pause machen, Vorräte aufstocken, regenerieren, Kräfte sammeln.
Das haben die Russen wohl sogar so getimt, die Schlammzeit naht, in der die Russen dann wieder Kräfte sammeln können, um im Winter weiterzumachen.
Und jetzt steht die UA in russischem Staatgebiet. Putin kann das einfach nicht ignorieren, er MUSS dort angreifen, Schlammzeit hin oder her. D.h. die russische Armee ist gezwungen, sich weiter zu verausgaben, und wird im Winter keine Reserven für einen weiteren Vormarsch haben.

Das passt du meiner Interpretation: so ein kleiner Brückenkopf zwingt die Russen dazu, genau dort anzugreifen, und damit muss die Ukraine nicht so eine ganze Front verteidigen, sondern kann sich auf diesen einen Punkt konzentrieren und effektiver abwehren.
D.h. die stellen da einen Fleischwolf hin, der das Zeug hat, effizienter zu arbeiten als die Verteidigung auf breiter Front im Donbas.
Und da die Russen ihre Reserven jetzt dorthin schicken müssen, kann die Ukraine das auch tun und diesen Brückenkopf immer weiter verstärken. Sie müssen ihn nur gerade schwach genug lassen, dass die Russen es nicht einfach aufgeben, und alle zwei Tage 200 Meter Boden preisgeben.

Also, das wäre jedenfalls mein Plan, was man aus der Situation macht.

Was AUCH noch eine Rolle spielt: Das war eine ziemlich große Operation, mit vielen Beteiligten, und die Russen waren völlig überrascht.
D.h. die Ukraine hat jetzt genügend "maulwurfsfreie" Einheiten, um so eine Aktion durchzuziehen, ohne dass die Russen das mitkriegen. Und sie können diese Einheiten für ähnliche Vorstöße anderswo einsetzen, wenn dieser Brückenkopf endlich wieder zurückgedrängt ist.
Wär ich russischer Oberbefehlshaber oder Geheimdienstverantwortlicher, ich würde jetzt viel Abstand von Fenstern und Parkgaragen halten.

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