Egon Bahr 2013::
„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
Moralisch möchte ich deshalb den Konflikt nicht bewerten. (und siehe Clausewitz: Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln". Ist leider so egal wie man das findet.
Im Vorfeld gab es schon einen jahrelangen Grenzkonflikt zwischen China und Vietnam. Dann hatte Vietnam zuvor Kambodscha besetzt ohne sich mit Peking dazu abzustimmen. Ungefähr einen Monat vor dem Angriff hatte Vietnams Regierung mit der UdSSR (von Peking zum Erzfeind erklärt) einen Vertrag über Freundschaft und Beistand geschlossen. Chinas Führung hatte vor dem Angriff eine umfassende strategische Analyse der Gesamtsituation der internationalen Lage durchgeführt und folgende Ziele für den Angriff festgelegt:
1. Der Vormarsch Vietnams (und der UdSSR) nach Thailand (dort wurde im Norden eine kommunistische Partisanenarmee aufgebaut) und zur Strasse nach Malakka (Welthandelsroute) muß gestoppt werden (Laos war auch bereits mit Vietnam verbündet).
2. Vietnam sollte erkennen dass im Umfeld Chinas kein Land eigenmächtige militärische Schritte gegen andere Länder unternehmen darf ohne sich mit China abzustimmen.
3. Vietnam soll gezeigt werden dass ihnen die UdSSR im Ernstfall nicht helfen wird und auch die übrigen verbündeten der UdSSR sollten erkennen dass das sowjetische Moskau unzuverlässig ist.(das dass Bündnis mit Moskau quasi wertlos ist)
4. Der Welt soll gezeigt werden dass die UdSSR sich ökonomisch im Niedergang befindet und sie sich nicht wagen können ein so großes Land wie China anzugreifen.
5 . Der Grenzkonflikt muß beigelegt werden.
(Chinas KP-Führer Deng Xiao Ping hatte vor dem Angriff den Regierungen der USA und Japans den bevorstehenden Angriff mitgeteilt).
US-Präsident Carter äußerte gegenüber Deng Bedenken hinsichtlich dem Stillhalten der UdSSR. Aber Deng erläuterte die strat. Situation der SU in Europa und im Fernen Osten (China wußte über den RGW und den Warschauer Pakt viel besser Bescheid als der westen. Sie wußten auch schon um diese Zeit dass der Ostblock zerfallen wird).
Nach dem Angriffskrieg gegen Vietnam, der ca. 3 Wochen dauerte, verurteilten die Medien laut und stark in Ost und West in seltener Einmütigkeit den Angriff (zusätzlich moralisch da Vietnam grade einen ca. 30 jährigen Krieg hinter sich hatte).
Nach dem Rückzug Chinas sagten alle Medien weltweit „Vietnam hat gewonnen“ (moralisch sowieso und militärisch auch). Nur einer stimmte da nicht mit ein: Singapurs Ministerpräsident und Staatsgründer Lee sagte sinngemäß: „Dieser Krieg verändert die Welt“. (Er meinte vermutlich auch dass alle asiatischen Länder erkannt haben wozu China bereit ist wenn ihre Interessen berührt sind). Er erkannte dass Chinas Führung alle o. g. strategischen Ziele mit dem Angriff erreicht hatte und nie vor hatte irgendetwas zu erobern. Vietnam zog sich Jahre später aus Kambodscha zurück. Versuche Thailand zu destabilisieren wurden eingestellt. Die Grenzstreitigkeiten wurden beigelegt. Vietnam hat sich nie wieder in andere Konflikte eingebracht. Moskau hat Vietnam nur symbolisch geholfen.
Vietnam hat heute normale Beziehungen zu China, ist aber auch um gute Beziehungen zu Rußland und den USA bemüht. (verhält sich international neutral)
Welche Parallelen hat der o. g. Krieg von 1979 zum gegenwärtigen Krieg in der Ukraine ?
Auch Rußlands Führung dürfte zunächst eine umfassende strategische Analyse der Gesamtkonfliktsituation vorgenommen haben. Sie dürften sämtliche Handlungsoptionen durchgespielt haben. Dann haben sie sich für eine Option entschieden und die Entscheidung für den Angriff getroffen.
Wie damals China hat Rußland nur so viele Truppen bereitgestellt die für einen begrenzten Angriff ausreichen. Längere Besetzungen ukrain. Gebietes sind vermutlich nicht vorgesehen. Rußlands vermutete Maximal-Ziele: die Ukraine soll vertraglich erklären niemals der NATO beizutreten, die Ukraine soll in der Ostukraine einer Friedensregelung zustimmen und generell einen Gewaltverzicht gegenüber der Ostukraine/Krim erklären. Transnistrien soll nicht blockiert bleiben, Die Wasserblockade der Krim soll enden.
Wenn es zu einer Vereinbarung zwischen Kiew und Moskau kommt die sich hier irgendwo in der Mitte treffen könnten, z. B. Könnte Rußland der Ukraine wieder preiswertes Öl und Gas anbieten etc. Dann ziehen sich die russ. Truppen wieder zurück. Oder sie ziehen sich auch ohne vertragliche Vereinbarungen zurück (wie damals China auch). Dann wird man sehen ob sich die Situation trotzdem befriedet. (Allerdings könnten die russ. Truppen auch Teile im Süden so lange besetzt halten bis es Verhandlungsergebnisse gibt.)
Zugegeben ob es so kommt weiß ich natürlich nicht. Aber der Krieg wird irgendwann enden müssen mit irgendeinem Ergebnis. Ich spekuliere weiter: Dann schlägt sich 2024 Putin in die Büsche, ein neuer Präsident wird gewählt und alle Sanktionen fallen so nach und nach relativ still.