Knackig und provokant kommt sie daher, die These vom Terrorkünstler,
und trifft einen zentralen Aspekt: Die Formen der Selbstdarstellung
bestimmter politischer Gruppen und die Koppelungen an die Bildwelten
und Rituale der hegemonialen Kultur. Der Traum, die Symbole der Macht
effektvoll in die Luft zu jagen, wird normalerweise in Hollywood
geträumt, und es ist diese Ästhetik, an die einige Terroristen
anknüpfen. Es sind die Symbole der Macht, die sie aufeinanderprallen
lassen, den Jumbojet und den Wolkenkratzer, beides zugleich Metaphern
für die kapitalistische Gesellschaft im Höhenflug und für eine
Gesellschaft in Miniatur, mit Lenkern, Servicepersonal, inneren
Feinden und den aktionsunfähigen, multikulurell besetzten
Gästen/Zuschauern, in denen sich der Beobachter wiedersieht. Die
Inszenierung, die Vorstellung von den auf diese Weise produzierten
Bildern, scheint eine enorme Anziehungskraft auf junge Menschen
auszuüben, in Hollywood und anderswo.
In einigen Punkten scheint mir der Artikel zu wenig zu
differenzieren:
1. Der junge Student aus Marokko mit Studentenvisum für Deutschland,
der sich entschließt, sich einem Terrorkommando anzuschließen, und
dabei anscheinend von einer weltweit agierenden Organisationsstruktur
mit reichlichen Geldquellen angeleitet oder unterstützt wird, begeht
eine wesentlich abstraktere Tat als der jugendliche Palästinenser,
der in einem Alltag der Gewalt aufwächst. Auch die Ästhetik der
Anschläge scheint sich zu unterscheiden. Zudem wäre auch die
Binnenhierarchie und ihre Auswirkungen auf die Selbstdarstellung in
den Medien ein interessanter Gegenstand für genauere Untersuchungen.
2. Häufig greift die Bezugnahme auf "die Terroristen" zu kurz. Sie
verdeckt die durchaus verschiedenen "Kulturen" der Gewalt, die
Hierarchieverhältnisse, die Lebnswelten der Akteure. Sehr interessant
dazu sind Dokumentationen zum Thema Kamikaze, die in Interviews mit
überlebenden Fliegern den Mythos von der Todesverachtung der
japanischen Militärs Lügen strafen und die Gewaltverhältnisse
aufzeigen, in denen man sich dazu enschliessen konnte, die jungen
Soldaten zu opfern.
Es ist die eigenartige Verquickung der religiösen, traditionalen und
modernen Bildwelten, die als spezifisches Motiv der Terrorgruppen aus
islamischen Welten erscheinen. Die Bilder der Sicherheitskamera, die
einstürzenden Neubauten, Bin Ladin mit Kampfgefährten in der
spartanischen Gebirgszuflucht, das Elend der zerstörten Städte von
Afghanistan und Tschetschenien, die konspirativen Wohnungen in
Deutschland - es ist ein bildlicher Clash of Cultures, der auch das
Unverständnis und den Hass zwischen diesen Welten auf den explosiven
Punkt bringt.
3. Interessant auch das Verhältnis der westlichen Militärs zu den
medialen Bildwelten. Seit Vietnam hat sich die Strategie von der
Manipulation einer relativ unabhängigen Medienberichterstattung über
die artifiziellen Bilder aus dem Irak zum Gebot gewandelt: "Du sollst
Dir kein Bildnis machen!" Sollte die wirksamte Anti-Terror-Strategie
ein Bilderverbot sein?
Bleibt die Prognose: die Einschätzung der radioaktiv verseuchten
Bombe als idealer Terrorwaffe aufgrund der zugrundeliegenden
Medienstrategien. Die wachsende Gleichgültigkeit der Gewalttätigen
gegenüber der Auswahl der Opfer kann dabei als Konstante
vorausgesetzt werden. Zumindest spielen auch hier mediale Motive eine
größere Rolle als moralische Überlegungen, was die aktuellen
Terrorbewegungen in eine rechte Tradition stellt: Produktionsziel ist
allgemeine Angst. Und es gelingt ihnen immer besser. Kein Ort der
Welt scheint trotz zunehmender Sicherheitsvorkehrungen vor Anschlägen
gefeit. Weder das russische noch das US-amerikanische
Überwachungssystem scheint einer entschlossenen Gruppe viel
entgegensetzen zu können und selbst die Israelis mit ihren
drastischen Kontrollmaßnahmen sind dem individuellen Terror gegenüber
weitgehend hilflos.
Die Sicht der Terroranschläge als kulturelle Events kann den Blick
auf verdeckte und doch so offensichtliche Motive eröffnen, wenn auch
das interesselose Wohlgefallen ausbleibt. Ernstzunehmen sind sie, die
Bilder von den scheinbar schlafenden Frauen im Moskauer
Musicaltheater, im Schlaf getötet durch Genickschüsse, die medial
wenig gekonnt wirkenden russischen Spezialeinheiten, die doch - und
vielleicht ist das das größte Entsetzen im Westen - über wirksame und
moderne Waffenarsenale zu verfügen scheinen, Bilder, die bleiben, und
neue Gewalt wachsen lassen.
Ist angesichts der zynisch wirkenden Reflektionen die entscheidende
Frage nach (medialen) Lösungsperspektiven, die diesen Albtraum
beenden, zu naiv?
und trifft einen zentralen Aspekt: Die Formen der Selbstdarstellung
bestimmter politischer Gruppen und die Koppelungen an die Bildwelten
und Rituale der hegemonialen Kultur. Der Traum, die Symbole der Macht
effektvoll in die Luft zu jagen, wird normalerweise in Hollywood
geträumt, und es ist diese Ästhetik, an die einige Terroristen
anknüpfen. Es sind die Symbole der Macht, die sie aufeinanderprallen
lassen, den Jumbojet und den Wolkenkratzer, beides zugleich Metaphern
für die kapitalistische Gesellschaft im Höhenflug und für eine
Gesellschaft in Miniatur, mit Lenkern, Servicepersonal, inneren
Feinden und den aktionsunfähigen, multikulurell besetzten
Gästen/Zuschauern, in denen sich der Beobachter wiedersieht. Die
Inszenierung, die Vorstellung von den auf diese Weise produzierten
Bildern, scheint eine enorme Anziehungskraft auf junge Menschen
auszuüben, in Hollywood und anderswo.
In einigen Punkten scheint mir der Artikel zu wenig zu
differenzieren:
1. Der junge Student aus Marokko mit Studentenvisum für Deutschland,
der sich entschließt, sich einem Terrorkommando anzuschließen, und
dabei anscheinend von einer weltweit agierenden Organisationsstruktur
mit reichlichen Geldquellen angeleitet oder unterstützt wird, begeht
eine wesentlich abstraktere Tat als der jugendliche Palästinenser,
der in einem Alltag der Gewalt aufwächst. Auch die Ästhetik der
Anschläge scheint sich zu unterscheiden. Zudem wäre auch die
Binnenhierarchie und ihre Auswirkungen auf die Selbstdarstellung in
den Medien ein interessanter Gegenstand für genauere Untersuchungen.
2. Häufig greift die Bezugnahme auf "die Terroristen" zu kurz. Sie
verdeckt die durchaus verschiedenen "Kulturen" der Gewalt, die
Hierarchieverhältnisse, die Lebnswelten der Akteure. Sehr interessant
dazu sind Dokumentationen zum Thema Kamikaze, die in Interviews mit
überlebenden Fliegern den Mythos von der Todesverachtung der
japanischen Militärs Lügen strafen und die Gewaltverhältnisse
aufzeigen, in denen man sich dazu enschliessen konnte, die jungen
Soldaten zu opfern.
Es ist die eigenartige Verquickung der religiösen, traditionalen und
modernen Bildwelten, die als spezifisches Motiv der Terrorgruppen aus
islamischen Welten erscheinen. Die Bilder der Sicherheitskamera, die
einstürzenden Neubauten, Bin Ladin mit Kampfgefährten in der
spartanischen Gebirgszuflucht, das Elend der zerstörten Städte von
Afghanistan und Tschetschenien, die konspirativen Wohnungen in
Deutschland - es ist ein bildlicher Clash of Cultures, der auch das
Unverständnis und den Hass zwischen diesen Welten auf den explosiven
Punkt bringt.
3. Interessant auch das Verhältnis der westlichen Militärs zu den
medialen Bildwelten. Seit Vietnam hat sich die Strategie von der
Manipulation einer relativ unabhängigen Medienberichterstattung über
die artifiziellen Bilder aus dem Irak zum Gebot gewandelt: "Du sollst
Dir kein Bildnis machen!" Sollte die wirksamte Anti-Terror-Strategie
ein Bilderverbot sein?
Bleibt die Prognose: die Einschätzung der radioaktiv verseuchten
Bombe als idealer Terrorwaffe aufgrund der zugrundeliegenden
Medienstrategien. Die wachsende Gleichgültigkeit der Gewalttätigen
gegenüber der Auswahl der Opfer kann dabei als Konstante
vorausgesetzt werden. Zumindest spielen auch hier mediale Motive eine
größere Rolle als moralische Überlegungen, was die aktuellen
Terrorbewegungen in eine rechte Tradition stellt: Produktionsziel ist
allgemeine Angst. Und es gelingt ihnen immer besser. Kein Ort der
Welt scheint trotz zunehmender Sicherheitsvorkehrungen vor Anschlägen
gefeit. Weder das russische noch das US-amerikanische
Überwachungssystem scheint einer entschlossenen Gruppe viel
entgegensetzen zu können und selbst die Israelis mit ihren
drastischen Kontrollmaßnahmen sind dem individuellen Terror gegenüber
weitgehend hilflos.
Die Sicht der Terroranschläge als kulturelle Events kann den Blick
auf verdeckte und doch so offensichtliche Motive eröffnen, wenn auch
das interesselose Wohlgefallen ausbleibt. Ernstzunehmen sind sie, die
Bilder von den scheinbar schlafenden Frauen im Moskauer
Musicaltheater, im Schlaf getötet durch Genickschüsse, die medial
wenig gekonnt wirkenden russischen Spezialeinheiten, die doch - und
vielleicht ist das das größte Entsetzen im Westen - über wirksame und
moderne Waffenarsenale zu verfügen scheinen, Bilder, die bleiben, und
neue Gewalt wachsen lassen.
Ist angesichts der zynisch wirkenden Reflektionen die entscheidende
Frage nach (medialen) Lösungsperspektiven, die diesen Albtraum
beenden, zu naiv?