Während wir uns hier über Spitzfindigkeiten die Mäuler zerreißen, versucht die Interimsregierung derzeit in einer atemberaubenden Geschwindigkeit den brasilianischen Sozialstaat abzubauen. Diese Politik haben die Brasilianer vor zwei Jahren definitiv nicht gewählt.
Man könnte meinen, dass wegen der derzeitigen Konstellation in der Abgeordnetenkammer so etwas wie ein konstruktives Misstrauensvotum stattgefunden hat. Koalitionen haben sich geändert, und der Oppositionsführer hat den Machtkampf gewonnen. Doch die brasilianische Verfassung ist anders als die deutsche. Der Regierungschef, das Amt des Präsidenten, wird direkt vom Volk gewählt, und der Präsident/die Präsidentin ernennt die Minister. Die Brasilianer haben in der letzten Wahl 2014 Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei PT mit absoluter Mehrheit gewählt. Zudem ist die PT stimmenstärkste Partei in der Abgeordnetenkammer. Das ist ein klarer Regierungsauftrag. Es kann also nicht verwundern, dass Rousseff sowei die PT von einem Putsch sprechen, wenn jetzt ein nichtgewählter Interimspräsident, der zudem 2014 wegen illegaler Wahlkampffinanzierung für acht Jahre als Kandidat für das Amt des Staatspräsidenten gesperrt wurde, neoliberale Politik macht.