Karl Scher schrieb am 14.07.2021 11:36:
Die Bildung von größeren Gruppen ist eine Kulturleistung, indem sich Menschen über die gemeinsame Beziehung zu Gottheiten, Personen oder Symbolen miteinander verbunden fühlen. Diese Kulturleistung spielt da ihre Überlegenheit aus, wo die Gruppengröße über die militärische Schlagkraft entscheidet. Die Frühgeschichte des Mittleren Ostens sieht die Dorfgemeinschaften und Stadtstaaten durch die großen Reiche der Hethiter, Assyrer etc erobert und unterworfen. Das Römische Reich als Herrschaftsbereich des Stadtstaates Rom geriet in die Krise, weil in dem Riesenreich kein Zusammengehörigkeitsgefühl existierte und daher wurde aus politischen Gründen das Christentum als ideologische Klammer zur Staatsreligion gemacht. Die germanischen und hunnischen Eroberer konnten sich ihrerseits gegen diesen Staat durchsetzen, weil sie sich zu Kultgemeinschaften von mehreren hunderttausenden Individuen zusammenschlossen. Wo sich dann das Christentum bei den Eroberern später dennoch durchsetzte, waren diese den "Heiden"(Sachsen, Wenden, Preußen) überlegen, weil sie sich als geeinte "Christenheit" empfanden und sich so verhielten.
Alle Imperien sind zusammengebrochen und wurden zerstört, ohne Ausnahme. Das US-Imperium geht derzeit zugrunde. Es gibt in solchen großen Zwangsgemeinschaften kein echtes Zusammengehörigkeitsgefühl, aller höchstens nur ein eingebildetes.
Karl Scher schrieb am 14.07.2021 11:36:
Oder nehmen wir als aktuelles Beispiel Syrien. Nachdem die Fiktion eines syrischen Nationalstaates zusammengebrochen war, hielt sich das Regime nur deshalb, weil seine Elite sich aus der Religionsgemeinschaft der Alaviten/Nusayrier rekrutierte, für die es nur die Alternativen "Sieg oder Untergang" gab. Aus der losen Masse der Regimegegner überdauerten nur solche Gruppen, die eine zugstarke, gemeinschaftsstiftende Identität oder Ideologie hatten: die apoistischen Kurden im im Nordosten und die dschihadistischen Sunnitengruppen Al-Nusra und Ahrar al-Sham.
Syrien existiert immer noch.
Karl Scher schrieb am 14.07.2021 11:36:
In stabilen Friedenszeiten mögen Individuen besonders erfolgreich sein, die sich auf ihre individuelle Lebensgestaltung und ihr nächstes soziales Umfeld konzentrieren. In Zerfall und Krise setzen sich diejenigen Gruppen durch, denen es gelingt, am meisten loyale Anhänger "auf den Schulhof" zu bringen.
Das alles hat aber nichts mit Evolution zu tun. Deine Behauptung war doch, dass evolutionär erfolgreiche Individuen oder Haltungen nicht pathologisch sein können. Evolution erfolgt in sehr langen Zeitabständen. Ein paar hundert oder tausend Jahre spielen da keine Rolle. So wie ich das sehe, sind diese ganzen Gewaltorgien der Imperien, all die Kriege und Eroberungen kein Ausdruck eines evolutionären Fortschritts, sondern ein Rückfall in barbarische Verhaltensweisen. Evolutionärer Fortschritt wäre, wenn die Menschen nachhaltige Lösungen für diese ganzen Verwerfungen finden würden. Deine Vorstellung von Evolution ist eine biologistische, wie sie im Faschismus vertreten wird.