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  • Subzero

mehr als 1000 Beiträge seit 06.06.2000

Die Staatsbahnen in GB waren ein Negativbeispiel

Citizen X schrieb am 29.03.2023 09:35:

Das Vereinigte Königreich lieferte mit der Zerschlagung der British Rail Mitte der 1990er-Jahre den Sündenfall einer desaströsen und schlussendlich gescheiterten Bahnprivatisierung.

Was seit Jahren von allen Warnern/-innen und Mahnern/-innen immer wieder als abschreckendes Negativbeispiel angeführt wird. Aber unsere Politik ist da wohl beratungsresistent.

Mal ein geschichtlicher Exkurs zur privaten/öffentlichen Eisenbahngeschichte in GB:
Die Eisenbahnen in GB waren früher privat, gut und profitabel.
Dann kam der 2. WK. Die privaten Eisenbahnunternehmen mußten dort (auf quasi ewig gestundete bzw extrem unterbezahlte) Transportleistungen erbringen, konnten aufgrund von Personal/Materialmangel im Krieg nicht erhaltungsinvestieren, schlimmer noch: es wurden Strecken abgebaut und alles was nicht unbedingt nötig war an rollendem Material verschrottet, weil man eben den Stahl brauchte. Das Fahren auf Verschleiß setzte sich bis in die Sechziger(!) aufgrund der hohen Stahlpreise (einen wirklichen Weltmarkt gab es da noch nicht, es wurde lokaler Stahl verwendet) fort, weil einfach die Kohle nicht da war (in den Sechzigern war Aluminium pro Kilo billiger als Stahl, deswegen kam damals in der britischen Autoindustrie die Aluminiumverwendung für nichttragende Teile (Karosserie) auf) . Als aufgrund der Umstände die Eisenbahmgesellschaften reihenweise am Rand des Zusammenbruchs waren wurden sie insgesamt verstaatlicht.
Das hat die Sache aber nicht besser gemacht. Aufgrund der politischen Ziele wurden Kostendeckung und Investitionen noch extremer vernachlässigt, bei gleichzeitig immer stärker werdenden politischen Partikularinteressen (erlebte man zum DB-Zeiten in D auch Anfang der Neunziger, als jeder Provinzbügermeister versuchte, seine Kleinstadt zum ICE-Haltepunkt zu machen) - vom Provinzbürgermeister über den Papiermörder bis hin zum Gewerkschaftler. Als das Pferd "staatliche Eisenbahnen" tot war versuchte man es zu retten, indem man es reprivatisierte. Und man hat erwartet, daß ein Wunder passiert, nämlich daß innert 5 Jahren alles auf wundersame Weise saniert sei und gleichzeitig (beim übernommenen Wasserkopf) alles viel billiger würde.
Die britische Eisenbahn war Mitte der Neunziger ungefähr so gesund wie die Industrie der DDR 89. Sie wurde ebenso verstaatlicht, allerdings ohne die Aufbau Ost-Förderung, aber unter Beibehaltung aller alter Zöpfe. Und das ging schief und der Wiederaufbau dauert noch an.

Zum Thema "Privatisierung der DB": die DB wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die aber zu 100% dem Bund gehört. Aufgrund des Fahrens auf Verschleiß hat sie in den letzten 15 Jahren 12 Jahre Gewinne abgeworfen, die in den Bundeshaushalt gingen (anstatt in die Investition). Die Bahn leidet desweiteren an typisch deutschen rechtlichen Krankheiten: von der Planung einer Aus- oder Neubaustrecke bis zur Realisierung dauert es 20 Jahre. Günstigstensfalls. Siehe den Ceneri-Tunnel: die Schweiz hat ihn fristgerecht fertigbekommen, die DB (AG) sagt den Ausbau (die wußten daß der Tunnel gebaut wird und haben 1996 einen Staatsvertrag dazu unterschrieben) der Rheintalstrecke als Zubringer heute für zumindest 2041 (alsob.jpg) zu. Die haben in 25 Jahren nicht den notwendigen Streckenausbau geschafft.
btw: Der Fehmarnbelttunnel wird prognostiziert 2029 fertig. Ob der Bahnanschluß der DB AG zum Tunnel bis dahin fertig sein wird...nur wenn Weihnachten und Ostern bis dahin auf einen Tag fallen.

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