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  • nichtmehrkoelner

626 Beiträge seit 29.08.2022

Erinnert doch sehr an die Nummer mit H4 damals

Die gute, gute SPD hatte das Gesetz wesentlich entschärfter damals im Bundestag eingebracht, um dann im Vermittlungsausschuß des Bundesrates SPD-Münteferings "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" durchzubringen - nur jetzt war es die böse CDU. Dabei hätte es damals, wie auch heute, die Möglichkeit gegeben, nach gescheitertem Bundesrat-Verfahren, dasselbe, ungeänderte Gesetz im Bundestag nochmal abstimmen zu lassen, und beim 2. mal ist keine Zustimmung des Bundesrats nötig. Wenn ich das Verfassungsrecht noch richtig im Kopf habe - zumindest war das damals die Kritik an der SPD. Statt dessen hat sie sich sehr zügig mit der CDU geeinigt.

Der Trick hat nicht wirklich gut geklappt, und war wohl den Resten der Sozialpolitiker in der SPD geschuldet, bis heute klebt dieses unglaubwürdige Verhalten der SPD am Hacken - jetzt versucht man es eben nochmal. Links blinken, und rechts abbiegen.

Und genau wie damals, fehlt wieder die offene Diskussion um den Kontext. Es wird einfach als Goodie der "lieben Politik" für die Armen verkauft, dabei hat das Ganze ja reale Gründe. Eine immer effizienter arbeitede Gesellschaft, schafft Arbeit ab. Das ist das Wesen des Kapitalismus, aus 10 Mitarbeitern irgend wann 1 machen, um Kosten zu sparen. In der Theorie sollen die so frei gesetzten sich nen neuen Job suchen, während in der Praxis alles dafür getan wird, mit weniger Mitarbeitern den gleichen oder besser, höheren Umsatz zu machen. In den 50er - 90ern hat man das mit Wachstum kompensiert, nur genau das ist aus vielen Gründen seit dem viel schwieriger. Ergo, mehr Effizienz = weniger Arbeit. Gut bezahlte Arbeit, muss man natürlich ergänzen. Es gibt Millionen Ehrenamtler, es gibt nach wie vor die Doppelbelastung von meist Frauen, Care- und Familienarbeit plus bezahlte Arbeit, woran sich seit vielen Jahren nicht wirklich viel geändert hat.

Das eine Gesellschaft so hoch effizient geworden ist, das sie alles nötige mit immer weniger menschlicher Arbeitszeit schafft, Landwirtschaft war noch 1900 für mehr als 38% der Bevölkerung Arbeitsplatz, heute sind es nur noch 1,3%. [1] Das ist ja eigentlich eine gute, positive Entwicklung - wird aber hier i.d.R. als etwas ganz schlimmes, negatives interpretiert - wieso eigentlich?
Eine eigentlich gute Entwicklung, wird aus nicht offen diskutierten Gründen, negativ interpretiert. Die gestiegene Effizienz kann man in drei Wegen nutzen - alle arbeiten etwas weniger und haben trotzdem alles nötige, oder man wächst in anderen Bereichen, oder man verabschiedet viele in die Arbeitslosigkeit.

Aber alles nicht ohne Preis. Unendliches Wachstum wird gerade aktuell sehr kritisch gesehen, mehr Wachstum => i.d.R. mehr Ressourcenverbrauch. Oder, alle arbeiten etwas weniger => weniger Gewinne, oder bei mehr "Freisetzungen" ohne adäquate Arbeitsmöglichkeit => mehr Armut, soziale und gesellschaftliche Spannungen.

Keynes hatte bereits 1938 einen Aufsatz zur Zukunft veröffentlicht, indem er davon ausging, das moderne Gesellschaften um 1980/1990 rum nur noch pro arbeitenden Mensch 10 Stunden bezahlte, klassische Arbeit für alle Bedürfnisse nötig sind - wegen der absehbaren Effizienzsteigerungen. Irgendwie kam es anders, aber die Diskussion darüber, warum das so anders kam, scheut man wie der Teufel das Weihwasser. Bis heute!

[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/658759/umfrage/wirtschaftskennzahlen-der-landwirtschaft-in-deutschland/

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (15.11.2022 10:58).

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