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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Bürgerrecht

Der Begriff ist ideal geeignet, um den Rechtsstaat in seinem positiven Sinn gründlich auszuhebeln. Völkerrechtlich sind gern so genannte Präventivkriege ausdrücklich verboten. Aus gutem Grund. Wie auch die notorische 'Responsibility to Protect' eignet sich der Begriff hervorragend, um beliebige Angriffe, militärischer oder auch anderer Natur, scheinbar zu legitimieren.

Dasselbe gilt für den Gefährder-Begriff. Das über Jahrhunderte hart erkämpfte Verbot willkürlicher Verhaftung wird tendenziell ausgehebelt. Erstens durch die geradezu natürliche Tendenz, ihn auf immer neue Menschengruppen und Zusammenhänge auszuweiten, zweitens durch die inhärenten Möglichkeiten ihn zu eignen Zwecken zu missbrauchen. Sich gegen die Unterstellung, irgendwann in der Zukunft eine Straftat zu begehen zu wehren, ist objektiv mit grossen Schwierigkeiten verbunden.

Es ist ein völliger überzogener Anspruch an die Ordnungsorgane, präventive Verbrechensbekämpfung zu betreiben. Das ist auch nicht ihre Aufgabe. Polizei ist eine typische end of pipe-Einrichtung, die in Aktion treten soll, wenn die Milch bereits verschüttet ist. Für Verbrechensprävention sind andere Institutionen zuständig, die optimalerweise von polizeilichen Rückmeldungen profitieren können. Nachgewiesenermassen ist der Kriminalitätspegel in egalitäreren Gesellschaften niedriger, als in solchen mit sehr ausgeprägter ökonomischer Polarisierung.

Bei Geheimdiensten verhält es sich anders, doch sind diese an sich prekär und ihre Existenz widerspricht den vom bürgerlichen Staat vertretenen Idealen. Lizenzen zum Übertreten von Gesetzen dürfte es theoretisch nicht geben. In der Praxis prosperieren Geheimdienste, vermehren und vergrössern sich. Und sie stellen nur zu oft genau die Gefahr selbst dar, vor der sie den Staat angeblich schützen. Was eben auch für die Verfolgung so genannter Gefährder gilt.

Nun warte ich auf Querdenker-Demos, auf denen Bürgerfreiheit und -rechte gegen ihre Einschränkung durch die Kodifizierung des Gefährder-Begriffs und der daran anschliessenden Ausnahmegesetzgebung, bei der auch niemand ein Ablaufdatum fordert. Wahrscheinlich vergebens.

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