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  • auf_der_hut

mehr als 1000 Beiträge seit 07.05.2008

Re: Und umgekehrt?

Schon seit April gilt ein russisches Gesetz, wonach heimische Unternehmen ihre Hinterlegungsscheine von ausländischen Börsen delisten und in Aktien umwandeln müssen. So soll der Handel nach Russland verlagert und westlicher Kontrolle entzogen werden. Das ist also schon längst passiert. Ebenso wurden die Joint-Ventures enteignet, die Aktiva entschädigungslos an die russischen Partner übertragen.

Die Aktien sind für westliche Investoren derzeit wertlos. Die wurden also bereits faktisch enteignet, eine Multiplikation mit dem KGV eröffnet keine Möglichkeit diesen Schatz ein zweites Mal zu heben.

Von der Verpflichtung zum Delisting konnten Ausnahmen beantragt werden. Gazprom bekam aber keine, Nornickel z.B. schon. Die meisten West-Unternehmen haben ihre Beteiligungen inzwischen zu 100% abgeschrieben, z.B. alleine die BASF das Russlandgeschäft von Wintershall -Dea mit 7,3 Milliarden. Sie wollen jetzt Entschädigungen vom Bund, weil die Beteiligungen teilweise über Bundesbürgschaften abgesichert waren.

Russland könnte den Schuldendienst für seine gut 600 Milliarden Auslandsschulden einstellen und sich für bankrott erklären. Davon hat Russland selbst allerdings nichts, es wäre eine reine Strafmaßnahme gegen den Westen. Die Gläubiger hätten dann rechtlich die Möglichkeit, russisches Vermögen im Ausland zu pfänden. Russland würde auch endgültig den Zugang zum Finanzmarkt verlieren, es müsste eine Art Nebenmarkt mit Naturalien als Währungsersatz aufziehen. Da gibt es in Russland bestimmt pfiffige Köpfe, die sich da etwas einfallen lassen - indes zu meinen, dass daraus kein Schaden für die russischen Wirtschaft entsteht, wäre wohl doch ein wenig naiv. Die Weltwirtschaft macht einfach ohne Russland weiter, es rumpelt ein bisschen wie beim Gas- und Ölpreis im vorigen Jahr und dann ist Russland weltwirtschaftlich so etwas wie die Antarktis - groß und möglicherweise wertvoll, aber unerreichbar.

Jedenfalls ist es absolute Doppelmoral, wenn Russland jetzt "haltet die Diebe" ruft. Es verhält sich im Gegenzug nicht anders, nur ist der Transfer von westlichem (Firmen)Vermögen in russisches Staatseigentum bereits weitgehend abgeschlossen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (27.01.2023 19:16).

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