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  • rjba

mehr als 1000 Beiträge seit 05.03.2005

Re: In der öffentliche Diskussion gibt es ein großes Missverständnis zum Urteil:

DrZarkov schrieb am 09.11.2017 15:04:

Es geht nicht um neumodische Pseudogeschlechter und Parawissenschaften. Es geht um das biologische Geschlecht. Und da trägt das Verfassungsgericht dem Umstand Rechnung, dass es eben nicht nur männlich und weiblich gibt, sondern auch Menschen, die Chromosomen (und primäre Geschlechtsmerkmale) beider Geschlechter haben. Diese auch "Zwitter" oder "Hermaphroditen" genannten Menschen basieren nicht auf Gefühlen oder Einbildung, sondern sind biologische Realität. In der Vergangenheit wurden sie nach der Geburt auf ein Geschlecht festgelegt, entsprechend opertiert und erzogen.

Diese Vergangenheit endete im Jahr 2013. Siehe etwa
http://www.zeit.de/wissen/2013-10/intersexualitaet-geschlechtsangabe-personenstandsgesetz-aenderung/komplettansicht

Da wurde die Möglichkeit eingeführt, im Geburtenregister kein Geschlecht einzutragen. In dem jetzigen Beschluß geht es darum, daß auch in diesen Fällen eine Bezeichnung des geschlechtlichen Zustandes (um es mal so zu nennen) eingetragen werden soll.

Dumm, wenn sich diese Entscheidung der Eltern als falsch heraus gestellt hat. Das Verfassungsgericht gibt diesen Menschen endlich und erstmalig das Recht, so zu bleiben wie sie sind.
Über nichts anderes hat das Verfassungsgericht entschieden, und weitere Auswirkungen auf die Gesellschaft sind aus diesem Urteil auch nicht zu erwarten. Es geht also bei diesem Urteil weniger um sexuelle Selbstbestimmung, sondern um Anerkennung biologischer Fakten. Abgesehen von Religioten, denen das nicht in ihr krankes Weltbild passt, dürfte damit wohl auch keiner Problem haben.

Ich bin der Ansicht, daß jegliches chirurgisches Herumoperieren an kleinen Kindern, und insbesondre an deren Geschlechtsteilen, einer strikt medizinischen Begründung bedarf. Und nicht irgendwelchen religiösen Einstellungen oder sonstigem ideologischen Gebräu, und dazu gehört auch, daß jeder Mensch in eine der beiden Schubladen "männlich" oder "weiblich" einsortiert werden müsse. Und das ergibt sich meines Erachtens auch zwingend aus Grund- und Menschenrechten.

Was in diesem Verfassungsgerichtsbeschluß und seinem qualitätsmedialen Echo stattgefunden hat, ist aber etwas anderes. Daß "weitere Auswirkungen auf die Gesellschaft sind aus diesem Urteil auch nicht zu erwarten" wären, ist angesichts der ausgebrochenen Rabulistik über Toilettenreglement, Anredeformen etc pp offenkundig unzutreffend. Siehe etwa hier:
http://www.achgut.com/artikel/das_dritte_geschlecht_aufstand_der_spiesser
eine Seite, die generell vom qualitätsmedialen Mainstream in einer gerne als "rechts" bezeichneten Weise abweicht, aber trotzdem zu dem nun aufgebrochenen Thema solche Erkenntnisse zum Besten gibt wie: "...konnte bisher nur auf die Angabe eines Geschlechts verzichtet werden. Schön ist diese „negative“ Option für Betroffene verständlicherweise nicht. So bedeutet sie doch: „Ich bin nichts.“ "
Wenn die Nichtzuordnung eines m/w-Geschlechts bedeutet, d** Betreffende sei "nichts", dann ist damit ganz nebenbei der Mensch als solcher auf ein reines Geschlechtswesen reduziert. Und zwar so, daß auch ich (eindeutig m) mich da miteinbezogen fühlen darf, und das erlaube ich mir als eine Unverschämtheit zu empfinden. Ein Geschlecht zu haben, ist eines; es als den zentralen Dreh- und Angelpunkt der persönlichen Existenz anzusehen, die ohne ein Geschlecht im Nichts versinkt, ist etwas anderes.

Und auf dem gleichen Niveau der Blödsinnigkeit bewegt sich der überwiegende Teil dessen, was zu diesem Beschluß zusammenschwadroniert wird, inklusive der von dem Gericht gegebenen Begründung selbst.

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