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  • Lilywhite Lilith

272 Beiträge seit 29.05.2006

Wie wär's mit einer fächerübergreifenden Projektwoche?

Na da böte sich doch wenigstens eine fächerübergreifende Projektwoche an. Thema: Na, da muß man sich halt Gedanken machen.
Da kann dann gerne der Herr Jugendoffizier den Schülern vom Dienst in der Bundeswehr vorschwärmen. natürlich wird er nicht über die verschiedenen Todesarten reden, die die Schüler erwarten würden, falls es zu dem kommt, was eifrig herbeigeredet und gewissenhaft vorbereitet wird. Da sollten dann aber direkt im Anschluß im Deutschunterricht auch jene zu Wort kommen, die zwar nicht getötet, aber doch von den Schrecken des Krieges für den Rest ihres Lebens gezeichnet und traumatisiert wurden, ein Georg Trakl zum Beispiel, der in der heutigen Ukraine so schreckliche Erfahrungen mit dem Krieg machen mußte, daß es ihm um ein Haar die Sprache verschlagen hätte. Hat es aber zum Glück nicht, und so konnte er das Grausen in Worte fassen, in Worte wie etwa diesen:

Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düstrer hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
Das vergossne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.

[Georg Trakl, "Grodek", 1914]

Auch das "Kriegslied" von Erich Mühsam gewährt wertvolle Einblicke

Sengen, brennen, schießen, stechen,
Schädel spalten, Rippen brechen,
spionieren, requirieren,
patrouillieren, exerzieren,
fluchen, bluten, hungern, frieren...
So lebt der edle Kriegerstand,
die Flinte in der linken Hand,
das Messer in der rechten Hand -
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

Aus dem Bett von Lehm und Jauche
zur Attacke auf dem Bauche!
Trommelfeuer - Handgranaten -
Wunden - Leichen - Heldentaten -
bravo, tapfere Soldaten!
So lebt der edle Kriegerstand,
das Eisenkreuz am Preußenband,
die Tapferkeit am Bayernband,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

Stillgestanden! Hoch die Beine!
Augen gradeaus, ihr Schweine!
Visitiert und schlecht befunden.
Keinen Urlaub. Angebunden.
Strafdienst extra sieben Stunden.
So lebt der edle Kriegerstand.
Jawohl, Herr Oberleutenant!
Und zu Befehl, Herr Leutenant!
Mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

Vorwärts mit Tabak und Kümmel!
Bajonette. Schlachtgetümmel.
Vorwärts! Sterben oder Siegen!
Deutscher kennt kein Unterkriegen.
Knochen splittern, Fetzen fliegen.
So lebt der edle Kriegerstand.
Der Schweiß tropft in den Grabenrand,
das Blut tropft in den Straßenrand,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

Angeschossen - hochgeschmissen -
Bauch und Därme aufgerissen.
Rote Häuser - blauer Äther -
Teufel! Alle heiligen Väter!...
Mutter! Mutter!! Sanitäter!!!
So stirbt der edle Kriegerstand,
in Stiefel, Maul und Ohren Sand
und auf das Grab drei Schippen Sand -
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

[Erich Mühsam, 1917]

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (18.07.2024 18:18).

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