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  • TheCalyx

mehr als 1000 Beiträge seit 18.03.2010

Um der Ehrlichkeit Rechnung zu tragen

Das eigentliche Problem sehe ich nicht da, wo du es siehst.

Ich kenne diese Dynamik auch, habe in meinem Betrieb lange kompensiert, mit dem Ergebnis, dass man dann selbst irgendwann umgeht.

Du bist Teil des Problems, wenn du die Kollegen, die jedes Mittel nutzen, um sich eine gewisse Lebensqualität zu nehmen für die schlechten Bedingungen und deine Überlastung verantwortlich machst.

Das Problem sind nicht die, sondern dein übersteigertes Pflichtgefühl und deine kadavergehorsame Verantwortung gegenüber deinen Patienten.

Ich weiß, dass das zornig macht, wenn dir jemand sowas schreibt oder sagt, hat es mich auch lange.

Seit dem Coronatheater ist allerdings für mich nachhaltig Schluss, ich habe meine Entscheidung getroffen, ein solches Leben nicht mehr mitzumachen. (Nein, ich war selber nicht im Gesundheitsbereich tätig, aber viele meiner näheren Verwandtschaft.)

Da gilt eben der Spruch: "Du glaubst, dass es nicht noch schlimmer wird, wenn du dich nicht wehrst, aber weil du dich nicht wehrst, wird es immer schlimmer."

Deine krank"feiernden" Kolleginnen und Kollegen sind hier einfach klüger als du und lassen es nicht mehr mit sich machen, sparen sich ab einem gewissen Punkt einfach fruchtlose Diskussionen mit dir und deinesgleichen und denken sich durchaus zurecht: Jeder hat die Möglichkeit der Krankschreibung, wer es nicht in Anspruch nimmt ist selber Schuld.

Für die Gewerkschaften sind Menschen, die unter allen Bedingungen einfach immer weiter "funktionieren" ein viel größeres Problem, als jene, die teils aus Verzweiflung einfach auf die mehr oder weniger elegante Art streiken, innerlich kündigen und dabei notgedrungen, um ihr Einkommen zu erhalten, weil die Alternative ist, vom Bürgergeldsystem terrorisiert und entwürdigt zu werden, eben den Weg des geringsten Widerstandes gehen.

Will sagen: Es ist längst bzw. war schon immer ein systemisches Problem. Nicht nur in deiner Branche, da aber besonders bitter, weil der moralische Druck natürlich nochmal ungleich höher ist, wenn Menschenleben daran hängen.

Das gleiche Geld für weniger Arbeit. Solche Leute folgen damit einer ganz ordinären kapitalistischen Logik.

Und das ist, so traurig es ist, auch die richtige Haltung, denn es gibt kein Richtiges im Falschen.

Solange wir in einem kapitalistisch- marktwirtschaftlichen Ausbeutungssystem faktisch (über)leben müssen, solange gilt eben für jeden gezwungenermaßen, dass jeder, der nicht nach dem egoistischen Motto "geringster Mitteleinsatz, maximaler Profit" handelt letztenendes der Depp ist.

Daher müsste sich viel mehr ändern, wenn sich das für alle(!) auf Dauer verbessern soll.

Jetzt eine bitte: Erschieß nicht die Boten oder deine Mitmenschen, die das so nicht mehr (miter)tragen wollen.

Richte deinen gerechten Zorn auf die strukturell schlechten Verhältnisse.

Klare Ansage:

Tust du das nicht, dann verbrenn dich selbst wenigstens leise fürs Kapital und rede dir nicht ein bzw. lass dir nicht einreden, das Problem seien "Faule" oder "Verantwortungslose".

Mir wäre ja lieber, es würde flächendeckend die Erkenntnis eintreten, dass jeder seine Lebenszeit nur einmal hat und diese einfach zu Schade ist, um sie mit Frust und Pflicht zu verplempern.

Es ginge anders und alle sollten dies konsequent für sich und andere einfordern.

Bisher gab es allerdings leider noch immer genug nützliche Idioten, die sich über Gebür verpflichtet sahen.

Und deswegen sind die Zustände jetzt eben, wie sie sind.

Ändern wir sie gemeinsam.

Gruß

Calyx

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