Diese "Brandmauer" verstärkt gegenwärtig nur den Zulauf für die AfD. Man wollte mit dieser Ausgrenzungstrategie eigentlich ein Konzept nutzen, dass man bereits Jahre zuvor bei anderen Parteien rechts außen erfolgreich umgesetzt hat. Bei der PDS (heute Linkspartei) hat man das für einige Jahre versucht aber letztendlich eingestellt.
Diese Ausgrenzungstrategie funktioniert nur wenn Parteien relativ klein sind (sowohl was die Umfragewerte als auch die Strukturen betrifft). Damit kann man zu Beginn der Partei die Möglichkeit nehmen, sich dauerhaft zu etablieren. Ich denke, man muss realistisch sehen, dass diese Strategie bei der AfD (wie auch der damaligen Linkspartei) gescheitert ist. Die AfD hat sich im Parteienspektrum etabliert.
Jetzt bewirkt die Brandmauer das genaue Gegenteil. Sie gibt der Masse von Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen mit den etablierten Parteien unzufrieden sind eine Alternative (das Konzept steckt schon im Namen). Wer aber die etablierten Parteien ablehnt, der wird durch deren Angstbeißen in Richtung AfD nur noch mehr überzeugt genau jene zu wählen. Es ist quasi die Bestätigung: "Die sind anders als wir...". Die besten Wahlkämpfer der AfD sind ihre eigenen politischen Gegner.
Wenn DE nun in einer Phase der politisch-sozialen Stabilität wäre - dann könnten die etablierten Parteien auf einen für sie positiven "Konservativismus" bauen. Wähler mögen keine Veränderung wenn es ihnen weitgehend gut geht. Die Stimmung im Land macht aber von Außen einen verstört-überforderten Eindruck. Die Politik verliert sich in Katastrophismus und kann keine optimistischen Narrative setzen. Ein Teil der Wähler will aber erwartungsgemäß keine Veränderung - und driftet dort hin wo es nach Stabilität und alter Bundesrepublik riecht.
Diese Situation hat sich seit Jahren angekündigt - deshalb haben Gauland und Lucke nach den ersten Erfolgen in Landtagswahlen die Landesverbände massiv vor einer Regierungsbeteiligung gewarnt.
Es ist schon überraschend, dass augenscheinlich die Volksparteien mit dieser absehbaren Entwicklung überfordert sind. Ich glaube allerdings, dass hier Effekte der Merkeljahre nachwirken. Das System Merkel lebte davon sich als Stabilitätsanker gegen Veränderung zu vermarkten. Durch die gegenwärtigen Abstiegsängste kann das aber nicht mehr funktionieren - man hält trotzdem daran fest.