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  • BryndenRivers

208 Beiträge seit 09.10.2016

Die Zeitbombe für CETA

Was für ein Krimi um CETA. Jetzt ist das Abkommen unterzeichnet (am 30. Oktober, nach einer Nacht- und Nebel-Aktion) – doch was heißt das eigentlich? Alles für die Katz, CETA-Rebellen befriedet, Zivilgesellschaft schaut dumm aus der Wäsche…STOPP mal! Das wollen uns die CETA-Befürworter und viele Medien glauben machen. Nochmal zurück, bitte.

Wir erzählen Ihnen jetzt die etwas andere Geschichte in drei Kapiteln: Sie werden sehen, CETA ist noch lange nicht „durch“.

Kapitel 1: Der Schnellschuss-Gipfel

Am Donnerstag, 27. Oktober, dem Tag des abgesagten EU-Kanada-Gipfels, schreibt der Rat der Europäischen Union an seine Mitgliedstaaten. Sie sollen per E-Mail zustimmen und zwar der Unterzeichnung von CETA, der vorläufigen Anwendung, dem Abschluss von CETA und der Weiterleitung an das Europäische Parlament. Sofort! „Ihre Antwort muss dem Generalsekretariat des Rates bis Freitag, den 28. Oktober 2016, 24.00 Uhr (Mitternacht) zugehen.“ Der Plan dahinter: CETA trotz aller Widerstände und offenen Fragen doch noch schnell unterzeichnen, auf einem Schnellschuss-Gipfel am 30. Oktober. Das vierseitige Schreiben[1] illustriert, welche Flickschusterei in den letzten Tagen und Wochen an CETA betrieben wurde. 38 Zusatzerklärungen des Rates, der Kommission, einzelner Mitgliedstaaten und eine „Gemeinsame Auslegungserklärung“ zwischen Kanada und der EU sollen es richten.

Kapitel 2: Die Zeitbombe für CETA

Die Zusatzerklärungen[2] sind eine tickende Zeitbombe. Sobald einer der unzähligen Punkte nicht erfüllt ist, fliegt das mühsam zusammengehaltene Abkommen seinen Befürwortern um die Ohren. Zur Erinnerung: Die Ratifizierung in den Mitgliedstaaten geht jetzt erst los – nun müssen 40 Landes- und Regionalparlamente überzeugt werden. Es genügt, wenn ein Mitgliedstaat „Nein“ zu CETA sagt, und das Abkommen ist Geschichte.

Juristische Vorbehalte in Deutschland

Deutschland musste auf Verlangen des Bundesverfassungsgerichts die Erklärung erwirken, dass die vorläufige Anwendung von CETA jederzeit von jedem Mitgliedstaat beendet werden kann. Das endgültige Urteil ist nämlich noch nicht gesprochen. Falls das Bundesverfassungsgericht nun feststellt, dass Teile von CETA verfassungswidrig sind, kann Deutschland CETA NICHT ratifizieren.

Das Bundesverfassungsgericht prüft derzeit noch unseren neuen Eilantrag[3]. Denn von den drei Auflagen, die das Gericht zur CETA-Unterzeichnung gemacht hatte[4], ist mindestens eine nicht erfüllt. Noch immer ist unklar, für welche Bereiche die EU allein zuständig ist und welche auch die Mitgliedstaaten betreffen. Zu besonders spannenden Feldern wie Steuern, Finanzdienstleistungen, Streitbeilegung, geistiges Eigentum…gibt es keine klaren Formulierungen. Wenn das Verfassungsgericht diese Einschätzung teilt, muss Deutschland die vorläufige Anwendung sofort beenden.

Ablehnung des Schiedsgerichtssystems in Belgien

Belgien verlangt unter anderem, dass der Europäische Gerichtshof prüft, ob das Schiedsgerichtssystem (ICS) mit den Europäischen Verträgen vereinbar ist. Die Wallonen sind nicht eingeknickt, sie haben die Verabschiedung von CETA in der jetzigen Form fast unmöglich gemacht: Wenn das Kapitel zur Investitionsgerichtsbarkeit nicht nochmal geändert wird, dann beabsichtigt Belgien, CETA NICHT zu ratifizieren. Dieses kleine, aber wichtige Detail ist in der Berichterstattung überwiegend übersehen worden…

Vorbehalte in 10 weiteren Mitgliedstaaten

Auch Slowenien, Österreich, Polen, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Portugal, Ungarn, Irland und Griechenland haben übrigens ihre Vorbehalte in Zusatzerklärungen festgehalten. Mehrere Mitgliedstaaten fordern, dass die Macht des geplanten CETA-Steuerungsgremiums (Gemischter Ausschuss) begrenzt werden muss und die Spielräume der nationalen Parlamente bei der Gesetzgebung erhalten bleiben müssen. Sobald sich herausstellt, dass CETA auch nur eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, wird das Abkommen endgültig kippen.

Kapitel 3: Der Trick mit dem Bundesrat

CETA muss im Bundesrat beschlossen werden. Normalerweise geschieht das bei sogenannten Zustimmungsgesetzen mit der Mehrheit aller Stimmen (35 von 69). Enthaltungen gelten also als „Nein“. Grüne und Linke, die Teilen von CETA kritisch gegenüberstehen, sind an 12 von 16 Landesregierungen beteiligt und könnten ein „Ja“ zu CETA verhindern. Das weiß auch die Bundesregierung. Der nächste Coup der CETA-Verfechter könnte nun sein, zu erklären, dass CETA gar keiner Zustimmung durch den Bundesrat bedürfe – sie könnte ein „Einspruchsgesetz“ statt eines „Zustimmungsgesetzes“ vorlegen. Der Bundesrat könnte dann nicht mehr selbst beschließen, nur noch Einspruch erheben gegen eine Entscheidung des Bundestages. Das dürfen wir nicht zulassen! Mehr Demokratie will ein Rechtsgutachten in Auftrag geben, um zu belegen, dass CETA auf jeden Fall vom Bundesrat verabschiedet werden muss. Das Gutachten wird eine vierstellige Summe kosten. Aber wir sind überzeugt, das Geld ist gut investiert, um diesen Coup gegen die Demokratie abzuwehren.

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Wir setzten mit unseren Volksinitiativen in NRW, Bayern und Schleswig-Holstein darauf, dass die Länder CETA im Bundesrat stoppen können – schon allein deshalb ist das Rechtsgutachten wichtig. Sie können sicher sein: Der CETA-Krimi geht weiter. Und wir halten Sie auf dem Laufenden.

Mit den besten Grüßen
Roman Huber (Geschäftsführender Bundesvorstand)
Anne Dänner (Leitung Öffentlichkeitsarbeit)

P.S.: Ihr Engagement bringt etwas! Lassen Sie sich das nicht ausreden. CETA steht auf tönernen Füßen – auch dank der politischen, moralischen, finanziellen Unterstützung durch Sie. Vielen herzlichen Dank dafür! Eine zivilgesellschaftliche Bewegung in dieser Breite hat es lange nicht gegeben. CETA und TTIP sind zu Sinnbildern für die Herrschaft der Konzerne geworden. So darf aber EU-Politik nicht funktionieren. Das Gute ist: Es gibt Alternativen!

Mehr Demokratie erklärt in diesem Papier, wie
Handelsverträge demokratischer werden...

Fußnoten:

[1] https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2016-10-27_Rat_der_EU-Mitteilungo.pdf
[2] http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13463-2016-REV-1/de/pdf
[3] https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2016-10-29_2._Ergaenzung_der_CETA-Klage.pdf
[4] http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/bvg16-071.html

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