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Re: Die verfehlte Energiepolitik ...

Abtrünniger Zauberer schrieb am 05.08.2022 03:10:

Eigentlich lohnt es sich nach deinem ersten Satz schon nicht weiterzulesen - Grundlast ist ein rein statistischer Begriff, der außerhalb der "Grundlastkraftwerke" keinen wirklichen Sinn ergibt. Mit Stromausfällen hat der Begriff seltenst etwas zu tun. Für einen Stromausfall ist die Grundlast egal, das einzig entscheidende ist, dass Einspeisung und Last übereinstimmen müssen - völlig unabhängig davon wie gerade Last und Grundlast übereinstimmen. Grundlastkraftwerke ist ein Euphemismus für "schlecht regelbare Kraftwerke".

Falsch. Alles falsch.

Die "Grundlast" ist der grundsätzliche Bedarf der Gesellschaft an elektrischer Energie. Die kann man nunmal nur mit stabilen, eben grundlastfähigen Energiequellen sicherstellen. Das MUSS kein Kohlekraftwerk sein. Es ist aber die günstigere Option vgl. Gaskraftwerke. Letztere sind zwar auch "grundlastfähig", aber teurer. Kohlekraftwerke lassen sich nur mit erheblicher Zeitverzögerung überhaupt hoch- oder runterregeln und wenn das getan wird, geht die Effizienz in den Keller.
Bei Gaskraftwerken dagegen kann man auf den Bedarf reagieren und mal mehr oder weniger viel Gas verstromen.
Kernkraftwerke haben im Grunde das gleiche Problem.

Und Stromausfälle? Jeder "Verbraucher" stellt elektrotechnisch eine Last dar. Je mehr Last, desto näher dran am Kurzschluss. Zu viel Last, zu hoher Bedarf, die Netzfrequenz wandert weg von den 50 Hz, Abschaltung, Stromausfall. Thema durch. Bis zum Kurzschlussfall kommt's i.d.R. niemals, da vorher bereits die Frequenz weggelaufen ist und es zu Abschaltungen kommt. Aber man kann's ja mal im kommenden Winter versuchen, im ganzen Land die Frequenz von den 50 Hz wegzudrücken mit richtig viel Last.

Das ist den Altvorderen auch bekannt gewesen, deshalb gibt es, um Lastspitzen abzufangen, auch Pumpspeicherwerke. In Zeiten von Stromüberschuss wird Wasser aus dem Tal in ein Becken gepumpt. Kommt es zu einer Lastspitze, wird das Wasser wieder abgelassen. Das ganze "pendelt" über Tag & Nacht und funktioniert nur deshalb so gut, weil Elektromotoren effizient sind, weil das Hochpumpen relativ effizient ist (besser als Akkus beim Ladevorgang allemale) - und weil es eben Phasen am Tag mit Energieüberschüssen gibt, die auf die Weise "aufgebraucht" werden.
Sozusagen dienen die Pumpspeicherwerke nicht nur dazu, Lastungleichgewichte besser zu puffern, sondern auch zum Stabilisieren der Netzfrequenz.

Die verfehlte Energiepolitik besteht hauptsächlich in einem verfehltem Ausbau der EE.

Jein. EE ist flächenintensiv. Zudem wurde sie in private Hände der Versorger gegeben, statt in kommunale Hand bzw. in Genossenschaften. Die Energiewende hätte von Anfang an demokratisiert werden müssen.

Die Erneuerbaren dürfen NICHT (!) in Konkurrenz mit Naherholungsgebieten (naturbelassene Flächen) und der Ernährung stehen, zudem sollte die Landschaft nicht allenorts verschandelt werden. Wenn man Dresden wegen einer NOTWENDIGEN Brücke das Weltkulturerbe aberkennt, was meinst du, was die Leute meinen wenn 2% der Fläche in Deutschland verspargelt werden sollen? In keine Richtung kannst du mehr schauen ohne zwanzig Windräder vor den Augen. Schön sehen die nicht aus. Mal abgesehen davon: ohne Wind dreht sich kein Windrad und es gibt keinen Strom. Warum Wind- und Solarkraft nicht in Kombination aufgestellt werden und beispielsweise Windmasten mit Solarrundmodulen verkleidet werden, ist mir nicht erklärlich.

Es gibt einfach nicht genug. Wir sind gerade knapp bei 50% angekommen - womit willst du Speicher füllen wenn kein Überschuss da ist? Um Überschuss zu haben bräuchte es weit mehr Ausbau.

Relative Zahlen sind ohne Aussagekraft. Wenn wir morgen ALLE Kohlekraftwerke und Kernkraftwerke und Gaskraftwerke usw. abschalten und keinen Strom mehr importieren, haben wir 100% Erneuerbare.
Ziel erreicht?

Nein. Ohne Angabe des Energiebedarfs in Deutschland (wieviele Gigawatt) versus Bereitstellung (ebenfalls wieviele Gigawatt) ist die Zahl völliger Mumpitz. Wie hoch ist die Bedarfsabdeckung durch EE? Keine 50%. Die ist deutlich schlechter.

Damit wir aber 2030 unsere E-KFZ-Flotte ohne Ausfälle und Überlastung betreiben können, brauchen wir, um mal bei den relativen Zahlen zu bleiben, nicht "100% Erneuerbare" sondern eher "200% Erzeugung im Vergleich zu heute". Wie das dann passiert, ist nur für die Ideologen relevant, für die Pragmatiker ist das Kilowatt wichtiger, als wie's erzeugt wurde.

Speicherung in Akkus ist um Welten effizienter als in e-fuels - aber du gehst von einer falschen Premisse aus - nämlich dass du allen Strom vom Sommer in den Winter transportieren müsstest. Das stimmt aber nicht. Du brauchst nur genügend um die Dunkelflauten zu überbrücken. Auch das ist mit Akkus nicht leistbar - die Akkus sind hauptsächlich dazu da, die Stromerzeugung und den Stromverbrauch zu entkoppeln. Das ganze natürlich über einen überschaubaren Zeitraum. Je größer der Zeitraum ist, den du mit Akkus überbrücken willst, desto teurer wirds natürlich. Aber es reichen bereits ein "Tagesakku" um auf ordentliche Werte zu kommen. Insbesondere, da sich Windkraft und PV so gut ergänzen.

Hier stimmt aber nun wirklich nichts.

Ich fang mal am Ende an und mach es kurz: im Winter hast du etwa den im ungünstigsten Falle etwa hunderfünfzigsten Teil der Ausbeute an Solarenergie verglichen mit den Monaten im Sommer, was nicht allein an der Bewölkung liegt und den erwartbaren Niederschlag, sondern an dem wenig idealen Einstrahlungswinkel. Nicht jedes Dach ist mit neigbaren Solarzellen ausgestattet und im Winter ist halt die Ausbeute für die Katz. Das kann man auch gut in den entsprechenden Statistiken verfolgen, im Winter dominiert der Wind die Erneuerbaren, die Solarenergie hat praktisch keinen Anteil in der Erzeugung.
Wenn aber auch kein Wind weht - und das ist durchaus öfters der Fall - ist die Ausbeute bei den Erneuerbaren noch schlechter. Solange dann noch konventionelle Kraftwerke am Netz sind, sinkt der Anteil der Erneuerbaren auf weniger als 10%. Hast du KEINE konventionellen Kraftwerke, bleibt's bei 100% Erneuerbaren im Anteil, aber dafür wird der Bedarf eben auch nur noch zu 10% gedeckt und die allermeisten sitzen beim Stromausfall im Dunkeln.

Die Grünen sprechen bei der Energiewende grundsätzlich vom BEST CASE Scenario: Sommersonne satt und starke Windböen.
In der Realität aber muss man eher mit dem WORST CASE Scenario rechnen, welches zwischen November und Februar eintrifft, wenn also die Nächte deutlich länger sind als die Tage, die Bewölkung und die Niederschlagsmengen deutlich zunehmen und auch noch Flaute herrscht - dann gibt's keinen Akku und kein Speicherkraftwerk in der Welt, der diesen Mangel an Energie auffangen könnte.

Nur zum Verständnis: ein Akku fällt net vom Himmel. Du brauchst Rohstoffe, die nicht zu knapp. Einfach mal schauen, woher die ganzen tollen Dinge kommen, wie's mit dem Transport ausschaut usw. usf. Dazu kommt die kurze Lebensdauer, die etwa ein Viertel der Lebensdauer des Fahrzeugs entspricht, in dem die Akkus verbaut werden - ich gehe von ca. 15 - 20 Jahren Lebensdauer aus. Im Grunde ist so ein Li-Ionen-Akku die High-Tech-Variante vom LNG per Frachter aus den USA: irrsinnig dreckig, irrsinnig aufwendig und völliger Unsinn, wenn man drüber nachdenkt. Aber psst, das hast du nicht von mir.
Die Energiedichte ist das, was ich für relevant halte, wenn's um die Effizienz geht. Es geht um den Massefaktor (1 Kilo Sprit vs 1 Kilo Akku). Warum das relevant ist? Weil die Masse zum einen Auswirkungen auf den Energiebedarf beim Beschleunigen des Fahrzeugs hat, als auch natürlich das Volumen beeinflusst. Zwischen einem Kilo Sprit und einem Kilo Akku liegt ein Faktor von über 300 - d.h. EIN Liter Sprit hat den Energiegehalt, den man sonst in ca. 350 Kilo Akkus einspeichern könnte. Klar, warum die meisten reinen E-PKW mehr als 2t wiegen, die Hälfte vom Gewicht ist Akku! Zwar ist die Motoreneffienz besser (95% vs 35%), das reicht aber net aus, die armselige Reichweite bei sparsamster Fahrweise zu kompensieren. Es gibt auch bessere Akkus, da ist der Faktor "nur" noch 100 statt 350 - aber das heißt eben auch, dass unter Berücksichtigung der Effizienz man mindestens anderthalb Tonnen Akkus statt 45 Kilo Treibstoff im Tank mit sich rumfahren muss.

Nur so anbei: das E-Auto ist keine Totgeburt - aber das, wofür wir es gern hätten, ist es völlig ungeeignet. Sinnvoller wäre es, E-Autos ausschließlich im urbanen Verkehr einzusetzen mit kurzen Reichweiten und sparsamen Fahrstil. Überland sind die nicht wirklich zu gebrauchen und bei einem spritzigen Fahrstil geht schnell die Reichweite in den Keller. Auch der Warentransport ist nicht elektrisch machbar auf den Straßen und die etablierte Methode (Schiene, E-Lok) wird aus irgendeinem Grund noch immer als Alternative ignoriert. Weiß der Geier warum wir Millionen LKW durch Deutschland fahren lassen, statt das Schienennetz auszubauen und zwischen 60 - 80% der LKW-Fahrten streichen zu können.

Für die Überlandfahrt ist der Hybrid besser geeignet: die Akkus sind nur für kurze Strecken im Einsatz, überland dagegen wird auf den auf Optimaldrehzahl eingestellten Verbrenner in Kette mit dem E-Motor gesetzt. Leistungsspitzen werden aus dem Akku gedeckt.

Aber natürlich wird nicht der Hybrid gefördert und der Verbrennungsmotor auf Effizienz getrimmt, sondern lieber auf den weniger sinnvollen reinen E-PKW mit riesigen Akku-Packs gesetzt. Ich meine, stell dir mal vor, man würde endlich das 3-L-Auto bauen. Das hat dann eben 70 PS statt 150, fährt aber dank besserem Wirkungsgrad trotzdem noch recht flott durch die Gegend. Das schwere Akkupack entfällt fast völlig, es gibt nur den Stützakku und fertig. Die eigentliche Energie kommt aus dem mit Festdrehzahl arbeitenden Verbenner, der den Generator treibt, der sowohl den E-Motor mit Energie versorgt als auch den Stützakku.

Stells dir vor. Nur 3L Spritverbrauch auf 100km statt, wie aktuell üblich bei den PS-Boliden, zwischen 8 bis 15 Litern. Selbst mein Kleinwagen verbollert noch 6 - 8 Liter. Wir könnten die Hälfte sparen mit effizienteren Motoren und dem Hybrid an sich - das ist umweltfreundlicher, als der Unsinn mit dem E10-Sprit (Essen im Tank) oder eben dem reinen E-PKW, der, sind wir ehrlich, auch höchstens 60 PS real auf die Straße bringt, will man die angegebene Reichweite ansatzweise erreichen. Da kann Elon Musk mit seinem Tesla noch so sehr auf die spritzig-sportlerische Fahrweise verweisen - die Reichweite ist dann dahin. Ich seh ja oft genug, wie die Teslas auf der rechten Spur mit höchstens 120km/h schleichen, weil der Fahrer nach anfänglicher Begeisterung sehr schnell realisiert hat, dass man mit Höchstgeschwindigkeit nur noch ein Drittel der angegebenen Reichweite schafft ...

Q1: https://www.irrtum-elektroauto.de/lexikon/energiedichte/
Q2: https://innolith.com/wp-content/uploads/2019/06/superauto.pdf

Der Rest kann dann über PtGtP oder ähnliches geregelt werden. Das ist längst nicht so viel wie du glaubst und da spielt dann der schlechte Wirkungsgrad nicht mehr eine so große Rolle - vorausgesetzt natürlich es ist genügend PV und Wind ausgebaut.

Woher den Platz nehmen?

Bei E-Fuels denke ich übrigens fast ausschließlich an die Wasserstoffbrennstoffzelle - und die entsprechende Generierung. Die ist zwar nicht sonderlich effizient, berücksichtigt man aber den ökologischen Fußabdruck, die mieserable Energiedichte der Akkus usw., dann steht das nicht schlechter da und ist eine echte Alternative. Verbrennungsprodukt? Wasser. Kann man sogar in einem "geschlossenen System" betreiben, wenn man so möchte.

Akkus sind auch nicht teuer - in zehn Jahren ungefähr werden pro Jahr 40 Mio kwh gebrauchte Akkus aus E-Autos "auf den Markt" kommen. Bis dahin können LiFePo4 oder Natrium Akkus aufgebaut werden.

Oder auch nicht. Prognosen liegen öfters falsch, vor allen Dingen, wenn sie die Zukunft betreffen.

Wie gesagt: die ganze Energiewende lebt von unrealistischen Prognosen, von Wunschvorstellungen und der Hoffnung, es würde uns noch irgendeiner retten, falls es doch in die Hose geht.
Mir wäre es lieber, die Ideologen würden ihre Idiotie sein lassen und die Pragmatiker und Praktiker ranlassen, die das Problem lösen. Und wenn das bedeutet, dass wir nochmal 20 Jahre Atomkraftwerke laufen lassen müssen, dann ist das eben sinnvoller, als das Land auf Kosten der Gesellschaft und Wirtschaft zu decarbonisieren und auf Entwicklungslandniveau zu drücken.

Dass wir "Erste Welt" sind, verdanken wir u.a. dem Umstand, dass 24/7 elektrische Energie an der Steckdose anliegt, die Wasserversorgung und die Nahrungsmittelversorgungslage sichergestellt ist, es also keine Engpässe, Rationierungen oder gar Ausfälle gibt. Nimm's mir nicht übel, wenn ich für's Klima oder eine verschluderte Energiewende KEINE LUST habe, auf diese Notwendigkeiten zu verzichten.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (05.08.2022 04:07).

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