Verglichen werden muss zunächst einmal zum Zwecke der Erkenntnis. Das Begreifen sämtlicher Phänomene verläuft zu allererst über die Feststellung von Identität und Unterschied (siehe beispielsweise Hegel, Wesenslogik). Ansonsten stünde alle Empirie, die uns begegnet, einfach nur beziehungslos und unbegriffen nebeneinander.
Vergleiche dienen also der grundlegenden Einordnung.
So auch bei Nowak. Der versucht die taz-Schlagzeile "Die Welt zu Gast bei Verbrechern" einzuordnen, vermutlich auf der falschen Plattform, denn unter den Telepolis-Forenten dürfte es kaum taz-Leser geben.
Dass Sie nun gerade Nowak der Hypermoral anklagen und nicht etwa die taz wegen ihrer verlogen-hypermoralischen Schlagzeile ist vermutlich Ihrer Abneigung gegenüber Nowak geschuldet, sowie Ihrer mit ihm geteilten Vorliebe für sogenannte "Ideologiekritik" (in deren Fahrwasser ich mich notgedrungen ebenfalls begeben musste).
Nowak hinterfragt also durch Vergleiche die gesamte moralische (!) Pose der Regierungen "der freien Welt" (! merke: grundsätzliche moralische Pose) und ihrer medialen Claqueure gegenüber China, welche die ideologische Rechtfertigung für die bisher vor allem symbolischen Aggressionen gegen China darstellt.
Dieses Vorgehen kontern Sie mit dem Ausdruck "Whataboutism", den sich der Reaktionär Edward Lucas vom Economist ausgedacht hat - und zwar zu genau dem Zweck, zu dem Sie ihn benutzen, nämlich um Kritik an der "westlichen", imperialen, moralischen Rechtfertigungs-Pose, die auf vergleichendes und einordnendes Nachfragen kaum verzichten kann, mundtot zu machen.
Das nenne ich mal ganz bewußt einen moralischen Bankrott.
Nowak fragt nicht, welche Gründe die betr. Staaten haben, wie kalkulieren die ihre staatlichen Durchsetzung.
Nein, da kommt einfach das Böse über die Opfer ...
Und hätte er's getan, so würden Sie ihm vorwerfen, dass er das ABC der Wertbildung und damit den gesamten ökonomischen Unterbau nicht ausgeführt hat.
Aber wie gesagt: Nowak betreibt, wie im übrigen der Rest der publizierenden deutschen "Linken", praktisch ausschließlich "Ideologiekritik".
P.S.
Ach ja:
Die Aussage etwa, dass der Kapitalismus abgeschafft gehört - oder eben "alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist" (Marx) - ist, wie unschwer zu erkennen, natürlich ebenfalls eine moralische Aussage, denn Moral antwortet seit dem alten Testament auf die Frage "Was soll ich tun?" (Kant).
Das sollten Sie sich auf Ihre alten moralophoben Tage vielleicht mal hinter die Ohren schreiben.