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  • Gulet

245 Beiträge seit 02.12.2014

Strombedarf im Jahr 2040

Agora-Energiewende ist eine durch öffentliche Gelder und Spenden finanzierte Gesellschaft, deren Ziel es ist, der Bundesregierung bei der Umsetzung der Energiewende beratend zur Seite zu stehen. Sie ist also unverdächtig, die Energiewende hintertreiben zu wollen. Als Service bietet sie den „Agorameter“ an, an dem man den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung, den Gesamtbedarf und die insgesamt erzeugte Stromleistung zu jedem Zeitpunkt des Tages ablesen kann:

https://www.agora-energiewende.de/service/agorameter/

Durch entsprechende Modellierung macht Agora es möglich, sich nicht nur den aktuellen, sondern auch den zukünftigen Bedarf und Verbrauch anzeigen zu lassen. Ich klicke links oben also auf „Zukunft“, unten gebe ich als Zukunftsjahr „2040 / Erneuerbaren-Anteil 86%“ ein, nehme die Wetterdaten aus dem November 2021 (01.11.2021 – 30.11.2021) und lasse mir den zukünftigen „Zeitraum darstellen“.

Auffällig ist als erstes der gestiegene Energiebedarf – heute durchschnittlich 75 GW, 2040 etwa 100 GW. Das ist einleuchtend vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2040 vielleicht zwei Drittel aller Fahrzeuge mit Elektroantrieb fahren, Streaming-Dienste wie Netflix, Youtube und Co. Ihre Angebote ausgeweitet haben und sich die Künstliche Intelligenz mit ihrem ungeheuren Bedarf an Servern und Datenbankspeichern endgültig breit gemacht hat.

Was weiterhin auffällt, sind die großen Lücken, die durch die Residuallast, also durch konventionelle Kraftwerke, aufgefüllt werden müssen. Am 16. November um 11:00 Uhr erzeugen die erneuerbaren Energien gerade mal 19,5 GW bei einem Bedarf von 93,4 GW, also gerade mal 20 Prozent der erforderlichen Leistung bzw. ein Fehlbetrag von 73,9 GW. Man erkennt weiterhin, dass mehrere Tage lang, vom 14. bis zum 17.11. die erneuerbaren Energien den erforderlichen Gesamtbedarf bei weitem verfehlen. Die Pumpspeicherkraftwerke, die im Artikel von Herrn Pomrehn zum Thema gemacht wurden, müssten also in der Lage sein, über mehrere Tage hinweg eine kontinuierliche Leistung von 50 – 80 GW zu erbringen. Die beiden größten Pumpspeicherkraftwerke Deutschlands, eins in Thüringen, das andere in Sachsen, schaffen gerade mal jeweils 1 GW, und das auch nur 8 bzw. 4 Stunden lang - trotzdem eine beachtliche Leistung!

Herr Pomrehn, wir werden auch in Zukunft auf den Einsatz von konventionellen Kraftwerken angewiesen sein, es sei denn, wir wären bereit, in den dunklen Monaten um die Wintersonnenwende herum praktisch jeden Tag mit Stromausfällen rechnen zu müssen. Atom und Kohle sind nicht mehr erwünscht, dann bliebe nur noch Gas als Übergangstechnologie zu was auch immer übrig. Das Gas könnte zu akzeptablen Preisen aus Russland kommen, eine Pipeline namens Northstream 2 existiert schon, aber die ist ja aus anderen Gründen auch nicht erwünscht.

Im Übrigen ist das Problem bei der Energiewende nicht die Technik, Herr Pomrehn, sondern – und jetzt hören Sie bitte genau zu – das Wachstum! Das hatte schon Hoimar von Dithfurt vor gut 40 Jahren erkannt. Die Erdbevölkerung wird zwar nicht – wie man damals vermutet hat – bis zum Jahr 2100 auf 20 Mrd, sondern „nur“ auf 11 Mrd steigen, aber dennoch wachsen. Proportional dazu wächst der Viehbestand (Ziegen, Schafe, Rinder) und Flächenbedarf, denn jeder will mittags ein Stück Fleisch auf seinem Teller haben. Aus der Agora-Modellierung geht auch hervor, dass der Energieverbrauch ebenfalls steigen wird, verursacht nicht nur durch das Bevölkerungswachstum, sondern auch durch ständig neue technische Gadgets, die im Grunde niemand braucht. Wir müssten lernen, Dinge, die wir selber tun können, auch wieder selbst zu tun, anstatt sie Maschinen und Computern zu überlassen. Das Wichtigste aber ist eine weltweite Bevölkerungspolitik entsprechend der Ein-Kind-Politik Chinas speziell für den afrikanischen Kontinent, flächendeckende Gesundheitssysteme mit Beratung und Wissensvermittlung besonders für Frauen und Mädchen, denn die sind es ja, die Kinder gebären, und sichere Sozialsysteme, die den alten Leuten genügend Sicherheit geben, ohne auf eine zahlreiche Nachkommenschaft angewiesen zu sein. Es sind also weniger technische, sondern eher soziale Skills, die wir für die Bewältigung der Energiewende bedienen müssten, um zu verhindern, dass die Probleme noch größer werden als sie ohnehin schon sind. Sonst wird das nichts mit der Rettung des Klimas.

Das sind nur so meine Gedanken, die nicht vollständig durchdacht sein mögen. Für Hinweise wäre ich aber dankbar. Aber jetzt muss ich erstmal zur Arbeit.

Gulet

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