Eichelhäher schrieb am 14.07.2023 09:05:
Die geplanten Maßnahmen sind eher noch zu lasch und kommen viel zu spät.
Ich halte es auch für gut und richtig, wenn eine Nation ihre vitalen Interessen definiert und verteidigt. Die bekannt gewordene Strategie scheint mir jedoch nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein. Insbesondere wird nicht definiert, wie wir eine strategische Autonomie erreichen können. Zudem ist ganz offensichtlich keine umfassende Bewertung der Abhängigkeiten erfolgt, insbesondere wurde vernachlässigt, dass die bisher von der Regierung getroffenen Entscheidung zu einer ganz erheblichen Zunahme der Abhängigkeit von der USA geführt haben, was Deutschland nun jede Unabhängigkeit raubt.
Dies dürfte auch der Grund sein, dass sich das Strategiepapier einzig an den "Feinden" der USA abarbeitet und zugleich die Risiken der Strategie für Deutschland und Europa ausblendet.
Die Interessen Europas und die Interessen der USA decken sich schon seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr, und es ist mehr als überfällig, dass dieser Aspekt auch in Deutschland endlich zur Kenntnis gelangt und in Strategiepapieren berücksichtigt wird.
Die Probleme mit Lieferungen aus China, besonders im Bereich der Arzneimittel, sind doch schon lange bekannt. Gerade in solch sensiblen Bereichen darf sich ein Land nicht derartig abhängig machen, ist hier doch die Bevölkerung existenziell bedroht (Bsp. Antibiotika für Kinder). Ein paar von China zu kaufen ist in Ordnung, aber bitte nicht im bisherigen Umfang. Bei jeder Unterbrechung der Lieferketten (z.B. Schiff falsch geparkt) droht die Katastrophe.
Das halte ich ebenfalls für eine sehr kritische Abhängigkeit, auf die ich schon in mehreren meiner Beträge im Forum hingewiesen habe und die wir längerfristig nicht hinnehmen sollten. In Anbetracht der zahlreichen unbedachten Entscheidungen, die die Regierung insbesondere nach März 2022 getroffen hat, dürfte es nun sehr sehr viel schwer werden, dass wir in diesem sehr wichtigen Bereich wieder einen Selbstversorgungsgrad wie z.B. im Jahr 1980 erreichen können.
Nicht nur die Chemieindustrie flieht aufgrund der extrem hohen Energiepreise geradezu aus Deutschland, und selbst wenn nun eine Produktion im Inland gelingen sollte, werden die Produkte erheblich mehr als zuvor kosten, was sich ungünstig auf die Inflation auswirken wird. Von daher halte ich es bedauerlicherweise für sehr schwierig, dass Deutschland bzw. Europa, in diesem Bereich eine strategische Autonomie erreichen kann.
Was die Sicherheitsgarantien für Unternehmen betrifft, die im Ausland investieren, kann ich nur sagen: Wieso soll der Steuerzahler das unternehmerische Risiko tragen? Von den Gewinnen bekommt er doch auch nichts.
Das war ursprünglich auch kein Selbstzweck. Ohne entsprechende Garantien werden deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb ihren ausländischen Konkurrenten unterliegen. Aber ich verstehe die Gründe Ihrer Einschätzung, Garantien sind tatsächlich nicht nur positiv.
Witzig ist, dass China sich beschwert, dies seien Eingriffe in die inneren Angelegenheiten. Nur gut, dass China sich nie in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmischt.
Bitte mit konkreten und unbestrittenen Beispielen belegen. Die chinesische Kultur ist 5000 Jahre alt und sie hat sich nie durch Imperialismus und Expansion ausgezeichnet. Im Gegenteil, die Chinesen haben Mauern gebaut. Andererseits ist es sicher richtig, dass auch China seine nationalen Intersessen definiert und vertritt, aber China hat bisher im Ausland nur sehr wenige Kriege geführt und mir ist nicht bekannt, dass China im Ausland Farbrevolutionen und Umstürze angezettelt hat.
Die kämen nie auf die Idee einen anderen Staat zu sanktionieren, weil dieser Nachforschungen zum Ursprung des Coronavirus' fordert. Oder weil dieser Staat seine Presse nicht unter Kontrolle hat. Australien kann dies bestätigen. China ist da absolut vorbildlich.
Schwierige Sache, wer hat denn mit den Sanktionen und einer beispiellosen politischen Verleumdungskampagne, deren Argumente nicht sehr stark sind, angefangen. Die USA oder China? Die Sache liegt doch um einiges komplizierter, zumal der Streit mittlerweile eskaliert ist. Die Annahme, dass wenn ich jemandem (grundlos) eine Runterhaue keine Gegenreaktion erfolgt, ist schlicht absurd und wenn der Streit dann vollends eskaliert, ist es für aussenstehende oftmals schwierig, die Frage nach der Schuld der einen oder anderen Partei zu beantworten.
Und in Bezug auf die Kontrolle der Presse durch den Staat ist der "Wertewesten" schon lange nicht mehr ein leuchtendes Vorbild. Die Medienkonzerne gehören etwa einem Dutzend Milliardäre, es ist nicht nur bei Facebook und Twitter bekannt geworden, dass die Sicherheitsbehörden einen direkten Draht in die Firmenzentralen haben, um unerwünschte Inhalte zu blockieren, auch die jüngsten Gesetzesänderungen in der EU erlauben Veröffentlichungen nur noch, wenn Schnittstellen für die Zensur eingebaut sind und mit dem Digitale Euro werden wir zum gläsernen Bürger, da sogar eine Überwachung der Zahlung von Kleinstbeträgen angedacht ist.
Ich bin jedenfalls nicht der Einzige, der zum Schluss kommt, dass in Europa mit Hochdruck eine Überwachungs- und Zensur-Infrastruktur aufgebaut wird, welche schon in wenigen Jahren derjenigen in China um nichts nachstehen wird. Anstatt die Zustände in China (zurecht) anzuprangern, wäre es wohl um einiges gescheiter, wenn wir dafür sorgen, dass diesbezüglich in Europa nicht schon bald chinesische Zustände herrschen.
Letztendlich beginnt Deutschland endlich seine Abhängigkeiten zu diversifizieren, sollte dies aber noch forcieren, nicht nur in Hinblick auf China. EU-Staaten mal ausgenommen.
Meine Rede, ich halte den Grundgedanken, d.h. eine Definition der vitalen Interessen eines Nationalstaates oder eines Staatenbundes für sehr gut, aber das kann nur mit einem Rundumblick und ohne ideologische Scheuklappen gelingen.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (14.07.2023 10:54).