Wenn man einen Kredit will oder ins Ausland reisen möchte, dann braucht man in China ein "positives Social Scoring" um überhaupt ein Kredit oder ein Auslandsvisum bekommen zu können in absehbarer Zeit.
(Quelle: Rachel Botsman: Big data meets Big Brother as China moves to rate its citizens. (wired.co.uk [abgerufen am 16. Mai 2018])).
Problematisch aber wird es, wenn man ein negatives Social Scoring hat - dann wird einem nicht nur der Kredit verweigert - der Staat macht es einem dann auch unmöglich Flug- oder Zugtickets zu kaufen, gleichzeitig bekommt man möglicherweise den Internetzugang gedrosselt, wird von staatlichen Ausschreibungen ausgeschlossen und muss mehr Steuern zahlen als jemand mit einem positiven Scoring. Zudem kann man dann eine Karriere bei "staatlichen oder staatsnahen Organisationen" vergessen.
(Quelle:Mercator Institute for China Studies (merics.org), Mirjam Meissner: Chinas gesellschaftliches Bonitätssystem, Webseite und PDF-Datei, in MERICS China Monitor Nr. 39, vom August 2017.)
Wobei da eben nicht nur wirtschaftliche Fakten in den Score einfließen - sondern eben auch Soziale - daher auch der Name. Für den Social Score eines Untertanen (1) in der sozialistischen Einparteienmonarchie in China spielt so auch das Verhalten in der Öffentlichkeit und vor allem im Internet eine essentielle Rolle - aber auch seine Sozialkontakte werden mit bewertet. Ohne dass der einzelne Untertan da genau weiß, welche Faktoren wie genau gewichtet werden - das ist eine Blackbox.
Und das trifft nicht nur "einzelne Schwer- und Schwerstkriminelle" - alleine 2018 wurden 17,5 Mio Flugtickets und 5,5 Mio Zugtickets verweigert, weil die Käufer nicht genügend Sozialpunkte hatten aufgrund ihrer Äußerungen und ihrer Kritik an Staat und Partei im Internet.
(Quelle: Rachel Botsman: Big data meets Big Brother as China moves to rate its citizens. (wired.co.uk [abgerufen am 16. Mai 2018]) und "China blocks 17.5 million plane tickets for people without enough 'social credit'" in The Independent vom 23. Februar 2019).
(1) Bei Menschen, die in der Einparteiendikatur in China leben, kann man nicht wirklich von "Bürgern" reden, da ihnen dort viele Menschenrechte verweigert werden. Und "Untertanen" trifft es wesentlich besser, auch weil ihre Lebensbedingungen mit den Untertanen einer Monarchie am ehesten vergleichbar sind.
Ansonsten dazu auch:
https://www.heise.de/news/34C3-China-Die-maschinenlesbare-Bevoelkerung-3928422.html
https://media.ccc.de/v/34c3-8874-gamified_control
==> Das System existiert sehr offensichtlich, trotz aller versuchter Leugnung durch irgendwelche Propagandisten. Es mag nicht an jedem kleinen und kleinsten Ort in jeder Hinterprovinz Chinas genutzt werden und es gibt nicht ein Gesamtsystem, sondern viele Regionalsysteme. Aber de Facto werden damit viele Millionen von Menschen in China damit unterdrückt und sollen zu einer gehorsamen, braven Jubelmarionette umerzogen werden, die sich nicht beschwert über die Lebensbedingungen, die sich nicht beschwert über den Staat und die Einheitspartei, die sich nicht beschwert über ihre mangelnde Freiheit. Und die sich vor allem von all jenen auch noch sozial möglichst komplett distanziert, die "unerhörtes" tun - um so noch mehr Druck auf Dissidenten, Andersdenkende und sonstige Kritiker auszuüben. Die dann nicht nur vom Staat drangsaliert werden sollen, sondern auch von ihren Mitmenschen.
Wobei natürlich für jeden, der etwa freie Wahlen und Demokratie und die Einhaltung und Achtung aller Menschenrechte fordert, in China immer auch noch sehr schnell Gefängnis, Folter und der Aufenthalt in einem der "Umerziehungslager" drohen, welche fatal an sowjetische Gulags in Sibirien oder die frühen Sammelgefängnisse der Nazis in den frühen 1930ern erinnern, in denen man damals auch noch primär politische Gegner eingesperrt hat.
Und hier das Social Scoring System zu beschönigen und dessen essentielle Funktion in einem Land, in welchem Menschenrechte nicht geachtet, sondern geächtet sind, zu leugnen, das ist schon ein bisschen daneben aus meiner persönlichen Sicht. Man sollte sich da also schon bisschen Fragen ob sich da z.B. Emily Kossak direkt vor den Karren der chineischen Propagnda spannen lässt. Oder ob solche Menschen einen totalitären Staat und eine unterdrückte Bevölkerung einfach nur nicht schlimm finden. Oder ob das gar gewollt ist. Natürlich vermutlich nur zum Besten und Gutesten aller Menschen und so..