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  • Karl Sten

mehr als 1000 Beiträge seit 14.08.2015

Re: Sack Reis umgefallen

arbeitMachtDoof schrieb am 07.06.2024 08:23:

Auch wenn der Artikel der US-freundlichen Asia Times hier als Quelle dient, tritt am 15. Juni 2024 in der VR China kein neues Gesetz in Kraft.

Bereits seit dem 01. Februar 2021 gilt das Coast Guard Law of the People's Republic of China [中华人民共和国海警法].

Und hier ist eine Zusammenfassung auf English von den Japanern mit den Knackpunkten

https://www.mod.go.jp/en/d_act/sec_env/ch_ocn/index.html

Notable Provisions of CCG Law

Article 3: The CCG Law applies to “maritime areas under Chinese jurisdiction” and the airspace above them.
The Law gives NO definition of “maritime areas under Chinese jurisdiction.” According to the August 2018 interpretation of the term given by the Supreme Court of the People, however, the areas are: internal waters, territorial sea, contiguous zone, exclusive economic zone, and continental shelf of the People’s Republic of China as well as other maritime areas over which the PRC has jurisdiction. While removed from the final text of the CCG Law, similar language had been contained in the draft of the Law.
Article 21: Measures such as forcible eviction may be taken against illegal acts committed by foreign military vessels, etc.
Article 22: In cases of illegal infringement on sovereignty committed by foreign organizations or individuals in the seas, all necessary measures, including the use of weapons, may be taken.
Article 25: Provisional maritime warning areas may be set and the passage and stay of vessels and people may be restricted or prohibited.
Article 83: The CCG should execute missions, including defense operations, based on relevant laws, such as the National Defense Law and the People's Armed Police Law, and orders from the Central Military Commission.

Bemerkenswerte Bestimmungen des CCG-Gesetzes (Deepl-Übersetzung)

Artikel 3: Das CCG-Gesetz gilt für „Seegebiete unter chinesischer Gerichtsbarkeit“ und den Luftraum über ihnen.
Das Gesetz enthält keine Definition des Begriffs „Meeresgebiete unter chinesischer Gerichtsbarkeit“. Nach der Auslegung des Begriffs durch den Obersten Gerichtshof des Volkes vom August 2018 handelt es sich jedoch um die inneren Gewässer, das Küstenmeer, die angrenzende Zone, die ausschließliche Wirtschaftszone und den Festlandsockel der Volksrepublik China sowie andere Seegebiete, die der Hoheitsgewalt der VR China unterliegen. Diese Formulierung wurde zwar aus dem endgültigen Text des CCG-Gesetzes gestrichen, war aber im Entwurf des Gesetzes noch in ähnlicher Form enthalten.
Artikel 21: Gegen illegale Handlungen ausländischer Militärschiffe usw. können Maßnahmen wie die gewaltsame Räumung ergriffen werden.
Artikel 22: Bei rechtswidrigen Verletzungen der Souveränität, die von ausländischen Organisationen oder Einzelpersonen auf See begangen werden, können alle erforderlichen Maßnahmen, einschließlich des Einsatzes von Waffen, ergriffen werden.
Artikel 25: Es können provisorische Seewarngebiete eingerichtet und die Durchfahrt und der Aufenthalt von Schiffen und Personen eingeschränkt oder verboten werden.
Artikel 83: Die CCG soll Aufträge, einschließlich Verteidigungsoperationen, auf der Grundlage einschlägiger Gesetze, wie dem Gesetz über die Landesverteidigung und dem Gesetz über die bewaffnete Volkspolizei, sowie auf der Grundlage von Befehlen der Zentralen Militärkommission ausführen.

Ist mal wieder ein typischer Gummiparagraph, bei dem Willkür Tor und Tür geöffnet ist.

Die VR China ist 1996 dem UN-Seerechtabkommen beigetreten und hat es auch ratifiziert.

https://de.wikipedia.org/wiki/UN-Seerechts%C3%BCbereinkommen#Vertragsstaaten

Interessant für den Konflikt ist dieser Teil:

Teil XV: Beilegung von Streitigkeiten (Art. 279 bis 299)

Die Vertragsstaaten legen alle zwischen ihnen entstehenden Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung des Seerechtsübereinkommens durch friedliche Mittel in Übereinstimmung mit Artikel 2 Absatz 3 der Charta der Vereinten Nationen[25] bei und bemühen sich zu diesem Zweck um eine Lösung durch die in Artikel 33 Absatz 1 der Charta genannten Mittel.[26]

Mit Inkrafttreten des Seerechtsübereinkommens wurde für die Anwendung des Völkerrechts auf See eine eigenständige Gerichtsbarkeit geschaffen, nämlich der Internationale Seegerichtshof mit Sitz in Hamburg. Er hat seine Arbeit im Jahr 1996 aufgenommen.

=====

Die Philippinen wollten die Seegrenzen in Hamburg klären lassen

https://www.zeit.de/politik/ausland/2012-04/manoever-suedostasien-china/seite-2

Im Fall des gerade besonders stark schwelenden Scarborough-Streits hat Manila vorgeschlagen, diesen vor dem unabhängigen Internationalen Seegerichtshof in Hamburg zu verhandeln. Doch Peking lehnt das ab und will ausschließlich bilateral reden. Eine Haltung, die viele Staaten Ost- und Südostasiens dazu bringt, verstärkt strategische Kooperationen mit dem Hegemon USA zu suchen.

Ein wenig Hintergrundinformation:

https://www.dw.com/de/urteil-im-streit-philippinen-vs-china-steht-an/a-19381160

Wie dieses Gesetz anzuwenden ist, ist mit der Veröffentlichung der Verordnung der Küstenwache Provisions on Administrative Law Enforcement Procedures of Coast Guard Agencies (China Coast Guard Order No. 3 of 2024) [海警机构行政执法程序规定(中国海警局第3号令)] am 15.05.2024 geschehen.

Die Texte lassen sich leicht ergoogeln und übersetzen, vielleicht gibt es sogar offizielle englische Versionen, war zu faul zu suchen. Es werden Spitzfindigkeiten, was etwa unter "Wochentag" zu verstehen ist, hilfsmatrosenkonform erläutert, aber keine vom ursprünglichen Gesetz abweichenden neuen Regelungen eingeführt.

Das ist schon weitergehend und verschlimmbessert eher die Lage. Vereinfacht dargestellt ist das Hauptproblem, das nach chinesischer Ansicht sich bedeutende internationale Schiffahrtswege (Japan, Taiwan, Südkorea <=> Europa) plötzlich in chinesischen Hoheitsgewässern befinden. Außerdem hat China sich damit die rechtliche Grundlage geschaffen jedes Schiff von und nach Taiwan für 60 Tage festsetzen zu können - ohne dagegen vor Gericht protestieren zu können.

https://www.pacom.mil/Portals/55/Documents/Legal/J06%20TACAID%20-%20CCG%20Regulation%203%20(FINAL)%20-%20VER%202.pdf?ver=DbFQtB0oqN0l2NcJ_55HNA%3D%3D

Mit solchen Regeln kann man bei Bedarf schön Druck auf den Westen ausüben.

Die um ihr durch Verträge mit den USA, Großbritannien und Spanien festgelegtes Territorium in Besorgnis gebrachten Philippinen listen übrigens nur ihr sehr allgemein gehaltenes Gesetz von 2009 auf ihren Seiten auf, dafür aber eine Fotostrecke schwerbewaffneter Enforcer im Einsatz für unsere Werte, und ja, im philippinischen Gesetz ist die Genderfrage explizit geregelt.

China hat sich jetzt in eine blöde Situation gebracht, denn natürlich werden die USA weiter mit ihren Handels- und Kriegsschiffen, die aus ihrer Sicht internationalen Schiffahrtswege nutzen.

Zum Gründungsmythos der US Navy gehören die Kriege gegen die Korsaren der Barbareskenküste.

https://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanisch-Tripolitanischer_Krieg

Die Korsaren haben die damals noch junge USA zu Tributzahlungen gezwungen, damit amerikanische Handelsschiffe nicht gekapert und die Besatzungen versklavt werden.

Und irgendwann wurden die Korsaren zu gierig und die USA haben die US Navy gegründet, um das Piratenunwesen zu beenden.

Den 2. Krieg hat die US Navy dann gegen die Briten geführt, weil die Seeleute von amerikanischen Schiffen in den britischen Seedienst gepressed wurden.

Was ihren Handel und die freien Meere betrifft werden sich die USA nie wieder von einer Nation schikanieren lassen.

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