Das Sozialkreditsystem sollte nicht nur Korruption in Schach halten, sondern auch eine vertrauensbildene Maßnahme für die Bürger sein, denn es gilt für Bürger, Firmen und Beamte gleichermaßen. Eine Firma, die sich beispielsweise immer an Vorschriften hält und zuverlässig ist, bekommt viel leichter Genehmigungen für Bauvorhaben, etc. oder es gibt weniger Kontrollen. Für Bürger gibt es ebenfalls Belohnungen und ebenso Strafen, ähnlich hier bei uns mit der Schufa. Wer seine Kredite nicht bedient oder durch regelmäßige Ordnungswidrigkeiten auffällt, hat es eben schwerer. Man denke nur mal an das Problem der Mietnomaden hier, mit einem solchen System würden die wohl kaum noch eine Wohnung finden. Wenn ein Beamter zu viele Beschwerden wegen Unregelmäßigkeiten bekommt oder er beispielsweise Baugenehmigungen an winidige Firmen vergibt, wird er dafür haftbar gemacht. An vielen öffentlichen Gebäuden (sozialer Wohnungsbau etc.) sind die Kontaktdaten und Portraits der jeweils verantwortlichen Beamten angebracht, an die man sich wenden kann - und die bei gravierdenden Problemen auch den Kopf hinhalten.
Der ursprüngliche Plan war, verschiedene Systeme in den ganzen Provinzen zu testen und das effizienteste sollte dann auf das ganze Land übertragen werden - eine Vorgehensweise, die sich durchaus auch auf anderen Gebieten bewährt hat. Aber wie heise vor einigen Monaten schon berichtete, ist das Sozialkreditsystem erstmal auf Eis gelegt worden. Jedes System hat seine Schlupflöcher (man denke mal an die gefälschten Produktbewertungen auf Onlineshops usw) und dieses wurde wohl noch nicht für tauglich befunden.
Was die Korruption an sich angeht, versteht China nicht viel Spaß. Es sind schon einige hohe Beamte hingerichtet worden, weil die Korruption ein zu hohes Ausmaß annahm. Ein gewisses Maß wird durchaus toleriert, solange es keine negativen Auswirkungen gibt, wie beispielsweise das 'Übersehen' von Bauvorschriften, wonach später das Haus einstürzt.
Und mal ehrlich: korrupte Politiker? Da nehmen sich West und Ost wirklich nicht viel. In der chinesischen Regierung mag es viele Milliardäre geben, aber es gab in den letzten Jahrzehnten auch viel zu gewinnen - schauen Sie mal nach Rußland, wieviele Milliardäre es plötzlich nach dem Zusammenbruch der UdSSR gab (in dem Falle durch Plündern, denn durch Wirtschaftswachstum). Ein gewisses Geben und Nehmen ist überall da, das wird sich wohl auch kaum verhindern lassen - die Auswirkungen sind aber entscheidend (Maskenskandal?)