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  • Karl Sten

mehr als 1000 Beiträge seit 14.08.2015

Europa ruht sich auf den Lorbeeren aus.

Das europäische Verhalten ist eher das Ausruhen auf Errungenschaften und eine Sättigung. Europa ist nicht mehr hungrig nach Erfolgen.

Seit 30 Jahren fehlt auch die Bedrohung an den eigenen Grenzen.

Unsere Bürokratie ist dick und fett geworden und die Politik hat es immer schwerer damit fertig zu werden.

Ja, China ist tatsächlich in vielen Bereichen schneller und agiler, hat dafür aber auch einen entsprechenden ökologischen und auch sozialen Preis gezahlt.

Ja, es wird viel für den Umweltschutz getan - vorher wurde auch viel kaputt gemacht.

Ja, China wird von den Medien als Projektionsfläche unserer Ängste genutzt. Manches ist nicht so schwarz, wie es in den Mainstreammedien dargestellt wird, aber das Weißwaschen durch einen linksorientierten Soziologieprofessor empfinde ich doch eher als peinlich. Auch von einem emirierten und beamteten Professor kann man erwarten, dass er die freiheitlich demokratische Grundordnung in seinen Beiträgen vertritt. An einen Beamten werden halt höhere Ansprüche gestellt. An unserem System gibt es zu Recht vieles zu kritisieren und das ist auch erlaubt. Aber ein anderes gesellschaftliches System unreflektiert in den Himmel zu loben und die negativen Seiten zu ignorieren entspricht nicht wissenschaftlichen Standards.

Ein wichtiger Punkt unserer Grundordnung ist die Pressefreiheit. Hier gibt eine auf der einen Seite eine Konzentration auf wenige Konzerne (Bertelsmann, Springer, Funke, ...) und durch mehrere Parteien (CDU / CSU, SPD, Grüne, FDP) kontrollierte öffentliche Medien. Dazu kommt noch eine Reihe von Publikationen, die die politischen Ränder abdecken. Außerdem steht es uns frei, auch jedes Medium aus dem Ausland zu lesen.

Wir haben immer noch Pressefreiheit, aber die Pressevielfalt hat sich leider in den letzten 30 Jahren reduziert. Leider auch der investigative Journalismus, der wirklich existentiell für eine Demokratie ist.

Wir haben auch ein Informationsfreiheitsgesetz, das den Bürger zumindest in Teilen Zugriff darauf gibt, was die Bürokratie so alles treibt. Aber es ist leider noch nicht so umfassend wie in den USA.

Was hat das jetzt mit China tun.

China hat keine Pressefreiheit. Das ist kein Geheimnis, da alles von Mitgliedern der Partei kontrolliert wird. Wenn die Partei Fehlentscheidungen trifft, dann wird darüber nicht berichtet. In China kann auch nicht gegen den Staat geklagt werden, um Informationen einzusehen. Kann es nicht mehr vertuscht werden wird meistens ein Beamter auf lokaler Ebene geopfert.

Natürlich kann man sagen, was geht es uns an, was in China passiert. Das ist Sache der Chinesen.

Leider ist es nicht so einfach. China ist kein Entwicklungsland mehr und wird allmählich zur ernsthaften Konkurrenz. Bisher war es kein Problem, das China bestimmte westliche (Arbeits-)Standards nicht erfüllt, weil chinesische Produkte bisher nicht in direkter Konkurrenz zu unseren Waren waren. Bisher war man auch sehr freigiebig mit Knowhow, weil man die chinesische Dynamik unterschätzt hat.

Das gleiche Problem hatte man mit Japan und Südkorea - aber die ließen sich letztendlich einfacher in die westliche Wirtschaft integrieren.

In der Zwischenzeit wird der chinesische Erfolg zum Problem. Wir sind zu langsam. Wir sind zu bequem. Eine 35 Stunden Woche kann nicht gegen 996 (https://de.wikipedia.org/wiki/996_(Arbeitswoche)) anstinken. Also geht es jetzt von unserer Seite darum China einzubremsen. Muss China unsere Arbeits- und Qualitätsstandards berücksichtigen, dann werden chinesische Produkte teurer und weniger attraktiv.

Auch eine undurchsichtige staatliche Förderung durch die chinesische Regierung ist ein Problem. Man erinnere sich an die Streitigkeiten zwischen Airbus und Boing wegen "unerlaubter" staatlicher Subventionen, um konkurrenzfähiger zu werden. Die westlichen Länder wissen natürlich, dass das mit China auf uns zurollt. Den ersten Airbus Klon gibt es bereits (https://de.wikipedia.org/wiki/Comac_C919) und bei anderer Technologie (ICE / Transrapid) hat das Klonen auch sehr gut funktioniert.

Also wird jetzt der Hebel angesetzt bei den Technologien, bei denen der Westen noch Vorsprung hat - also z.B. bei den Chip Herstellern. Wenn China sich nicht an die gleichen Regeln hält, wie die westlichen Länder, dann wird es halt von bestimmten Sachen ausgeschlossen. Da ist so wie im Sport - wer dopt darf halt nicht mitmachen.

Die westlichen Länder wissen, dass sie unter den aktuellen Bedingungen beim Wettlauf mit China nicht mithalten können. Also ist der erste Schritt erstmal China überall Steine in den Weg zu legen.

Ob diese Strategie dauerhaft funktioniert, wissen wir noch nicht. Eher nicht.

Ich persönlich würde einen anderen Weg vorziehen. Nehmen wir den Wettbewerb an und zeigen, dass wir es besser können. Aber da gibt es viel zu tun. Und wir müssen Wege finden, die mit unseren Werten vereinbar sind. Seien wir Vorbild für andere Länder.

Denn unsere Kultur hat auch Vorteile gegenüber der chinesischen Kultur. Kritik ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Kultur, um Fehlentwicklungen anzuprangern. Kritik ist gut, um Fehler zu vermeiden.

Auch der offene Informationsaustausch und die Vielfalt an Meinungen ist wichtig für den Erfolg.

Bisher war China sehr gut im Einholen - schauen wir mal, ob das chinesische System genauso gut im Überholen ist. Das wird für China erheblich schwieriger, weil man jetzt nicht nur auf bereits erforschten Pfaden wandelt, sondern jeden möglichen Pfad selber ausprobieren muss.

Und vielleicht können wir ja in Zukunft Geld sparen, indem wir chinesische Entwicklungen kopieren ;-)

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