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  • Grober_Unfug

mehr als 1000 Beiträge seit 03.12.2003

Re: Aufholen?

Aber die Chinesen können es sich leisten eine ganze Zeit lang ohne Profit zu produzieren...

Hängt davon ab, wie lange sie die Finanzblasen noch an der Implosion hindern können.

Die Chinesen sind noch lange nicht in der Position der Japaner Anfang der 90er.

Die Positionen sind immer unterschiedlich.

Die Chinesen haben zwar höhere Löhne als vor 10 Jahren - aber auch eine höhere Produktivität.

Nö, haben sie garantiert nicht. Dafür müsste der Automatisierungsgrad der chinesischen Industrie viel höher sein.
In Fabrikfotos sehe ich immer noch sehr viel Handarbeit an Montagelinien. Die können gar nicht die Produktivität eines hochindustrialisierten Landes wie Japan haben.

Von wann waren die Photos?
Die Chinesen - allen voran Foxconn haben ein Problem mit Arbeitskosten. Die haben nicht umsonst KUKA gekauft. Die Produktionslinien werden mehr und mehr automatisiert.

Zudem sind die Chinesen nicht so brutal in Immos investiert wie die Japaner.

Doch. Da hat der Mittelstand seine Ersparnisse komplett in Immobilien gesteckt. Hauptsächlich, weil das in China so ziemlich die einzige Investitionsmöglichkeit für Privatpersonen ist.

Da verlieren gerade breite Schichten all ihre Ersparnisse.
Die Betroffenen machen jetzt Konsumverweigerung, weil sie ja ihre Verluste irgendwie kompensieren müssen und umso eiserner sparen. Und das ist für die Binnennachfrage, die die Chinesen dringend ankurbeln müssten, natürlich Gift, denn der Mittelstand ist nun mal der Motor - die Superreichen machen natürlich auch eine Menge, aber das sind nicht so viele, dass das allein schon eine für eine ganze Volkswirtschaft ausreichende Nachfrage generiert.

Gilt das auch für die Gegenden mehr als 300 km vom Meer ins Landesinnere?
Dort herrscht immer noch - und wird vermutlich nie befriedigt werden ein herzhafter Mangel an Infrastruktur - aller Arten.

Trotzdem tut die dortige Immokriese den Chinesen nicht gut - aber 5% Wachstum != Stagfaltion.

Die Chinesen taumeln momentan sogar in Richtung Deflation.
Ich würde den offiziellen Zahlen auch nicht mehr trauen. Regierungen neigen dazu, ungünstige Zahlen zu vernebeln, und gerade in einem derart wenig gewaltengetrennten Staat wie China wird das garantiert längst gemacht.

Aber selbst wenn die 5% echt sind: Wenn da Firmen Investitionskredite aufgenommen haben, die sie mit 8% Wachstum problemlos stemmen können, gehen die in die Pleite, weil sie mit 5% nicht mehr die Produktionsausweitung hinkriegen, die die Grundlage für die Kreditberechnung waren.

On die KP das zulässt?
(Die Chinesen sind häufig herzerfrischend pragmatisch.)

Und in einer Wachstumsphase ist alles exponenziell. Wer auf 5% geplant hatte in einer Zeit, in der 8% angesagt sind, ist pleitegegangen, weil die Konkurrenz schneller und stärker ausweiten konnte und bessere Skaleneffekte nutzen konnte.

In D. wäre die Insolvenz unter solchen Bedingungen unabwendbar. In China wäre ich mir da nicht so sicher.

Das Heikle an zurückgehenden Wachstumszahlen sind nicht die absoluten Prozentzahlen, sondern die Frage, wie viele davon kalt erwischt wurden.

Die Immobilienblase betrifft, wenn ich das noch richtig im Kopf habe, ungefähr 30% des Volksvermögens.
Das ist genug, dass es die ganze chinesische Wirtschaft mit sich reißen kann.
Deshalb sind die Chinesen da ja so massiv mit Eingriffen unterwegs. Um diese Katastrophe irgendwie noch in geordnete Bahnen zu lenken, denn verhindern lässt sie sich nicht: Es sind einfach viel mehr Wohnungen auf dem Immobilienmarkt, als es überhaupt Mieter gibt, da sind Ressourcen für hunderte Milliarden für Nutzloses verbaut worden. Diese Vernichtung von volkswirtschaftlichem Vermögen muss die chinesische Wirtschaft erst noch wegstecken, und wenn sie viel, viel Glück haben, können sie diese Verluste aus den Büchern heraushalten und über die nächsten ein, zwei Jahrzehnte nach und nach abbauen.

Wenn mich nicht alles täuscht arbeitet die KP genau daran...

Im Moment eiert die chinesische Politik aber rum, zwischen Panik und Wegignorieren. Es scheint da keinen echten Plan zu geben, nur Einzelmaßnahmen, die im Getriebe der diversen Machtkämpfe immer wieder aufgebracht und zerrieben werden. Das sieht nicht gut aus.

Die Eindämmung von China auf dem Chipmarkt wird eine Fertigungstiefe und ein KnowHow in China heranziehen - wie sich das hier keiner vorstellen kann.

Ach, der Blick in die Kristallkugel täuscht.
Erinnerst du dich noch, wie sie sich alle gefürchtet haben vor Japan? Wo das MITI die Strippen zieht und erst die deutsche Uhren- und Optikindustrie überrollt hat, dann die Autobauer, dann den ganzen Rest?
Oh. Richtig. Die Uhren und die Optik waren tot, aber die Autobauer haben sich gehalten, und den Rest hat Japan nicht mehr angreifen können, weil ihnen die Immobilienblase zusammengebrochen ist.

Der Yen musste damals aufgewertet werden und das hat die Japaner aufgehalten.

Nein. Es gab Importquoten für die japanischen Autos, DAS hat die Japaner aufgehalten.

Die Importquoten hatten den Zweck, der deutschen Autoindustrie die Zeit zu verschaffen, ihre Produktion auf japanisches Effizienz- und Qualitätsniveau zu heben. Das war ein riesiger Kraftakt, aber er ist gelungen, und danach sind die Quoten auch nach und nach gelockert und am Ende abgeschafft worden.

Im Gegensatz zu Japan hat China einen mehr als 10 mal größeren - und im Vergleich zu Japan damals - mit Investitionsgütern (vielleicht mit Ausnahme von Immos an der Küste) untersättigten Markt. Im weitaus größten Teil der Landfläche Chinas (das wird im Westen gerne verdrängt) ist China das - was es schon immer war - Ein Entwicklungsland.
Daher herrscht dort immer ein Bedarf an Investitionen in Infrastruktur und Investitionsgütern.
Wenn die KP das geschickt macht - dann reduzieren sich zwar die Margen - aber das BSP wächst weiter - trotz der Desinvestitionen in die marode Immo-Industrie an der Küste.

Der Renminbi ist nicht so dramatisch unterbewertet wie die Yen damals.

Das ist falsch, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Renminbi#Wechselkurssystem:

"Die meisten Studien (zum Beispiel auch der Big-Mac-Index des Economist) zeigen eine erhebliche Unterbewertung der chinesischen Währung"

Obendrein noch Kapitalverkehrskontrollen, was die Wechselkurse insgesamt zweifelhaft macht.

Aber damals stand Deutschland dicht vorm Untergang. Ganz bestimmt. Und man hat der deutschen Industrie keine 20 Jahre mehr gegeben.

Das ist das Standard Jammern unserer Oligarchen um mehr Industrieförderung einzustreichen.

Oh, da haben nicht nur die Oligarchen gejammert.
Sondern auch jeder halbwegs sachkundige Journalist.

Ich weiß nicht, ob du das mitgekriegt hast. Da haben wirklich alle, alle, alle Sorgen gehabt.
Der Untergan der Uhrenindustrie hat die Deutschen noch relativ kaltgelassen, aber die Vernichtung der Kameraindustrie war der Weckruf und man hatte die Vorstellung, dass die Autoindustrie das nächste Opfer würde.

Mein Tipp:
In 20 Jahren wird vermutlich niemand mehr von US Designs reden...

Vielleicht.
Aber wenn, dann höchstwahrscheinlich aus ganz anderen Gründen als denen, die sich hier irgendwer vorstellen kann, dich und mich eingeschlossen.
Diese Haltung, die du da weiter oben zelebrierst, dass du dir vorstellen kannst, was für eine Fertigungstiefe und Know-How die Chinesen da aufbauen, aber sonst niemand hier... nee, das ist für meinen Geschmack ein bisschen zu hochnäsig. Deine Kristallkugel ist nun mal nicht besser als die von jedem anderen hier.

Ich denke einfach die KP hat sich ein Ziel gesetzt und die machen "whatever it takes" um dieses Ziel zu erreichen.
Bisher hat das mit 5G, Elektroautos, ... eigentlich ganz gut geklappt.
Die Frage aller Fragen ist - geht Ihnen vorher das Geld aus - oder bleiben die Standhaft und machen das so wie jeder andere Staat, der Halbleiterindustrie anziehen will - und subventionieren bis der Arzt kommt?

Wir werden sehen.

Du hältst dich immer noch für schlauer als alle anderen?
Na, wir werden sehen.

Aber kein Prophet ist jemals auf seine 20 Jahre alten Prognosen festgenagelt worden. Ich finde das ein bisschen billig, weil es einfach zu viele Ausreden gibt, die jemand nach 20 Jahren vortragen könnte.
Und kein Mensch kann voraussagen, was in 20 Jahren wird.

Da kann ich uneingeschränkt zustimmen. Deshalb hat die FDP ja auch den Bahn-Taktverkehr auf 2070 terminiert....

Das ist einfach rundherum unseriös.
Und dass du trotzdem nicht davon abrückst, lässt mich vermuten, dass du deine Prognosefähigkeit massiv überschätzt.

Ich sehe 1.4 Mrd. Menschen, die in einer Ökonomie eingebunden sind, die partiell auf (DDR) Weltniveau ist - aber immer noch gewaltige interne Entwicklungsressourcen hat.
Die Chinesen agieren bisher im Know-How Transfer geschickt und halten das Kapital im Land.
Zudem haben sie klare Ziele und eine Führung, die (zumindest bisher) geneigt war diese auf Biegen und Brechen durchzusetzen. (Was auch meist gelang.).
Allein der Aufholbedarf in Inlandchina ist imho ein Treiber, der gewaltige Umsätze - garantieren könnte.
Daher bin ich was die Entwicklungschancen von China angeht - langfristig (trotz deren aktueller Immokrise und der Demographieprobleme) zuversichtlicher für China als z.B. für die USA.
Aber wie auch immer "Vorhersagen sind sehr schwierig - speziell, wenn sie die Zukunft betreffen". Vielleicht haben wir in 20 Jahre ein Klimaproblem, dass Jahrhunderte währende Rezession und Kriege auslösen wird?

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