Es ist schon erstaunlich mit welchem Eifer die Musikindustrie sich an
das Absägen des Astes macht, auf dem sie sitzt. Aller Orten wird
über die großen Erfolge derer geredet, die kulturelle
Gebrauchsgüter wie Bücher oder Musikdatenträger
verkaufen und doch beginnt die Musikindustrie mit einem
überdimensionalen Lobbyfeldzug genau diese Möglichkeit der
Geschäftserweiterung zu behindern oder im Extremfalle zu
zerstören. Welcher normale Mensch wird denn noch die bunten
Multimediaseiten von Konzernen wie Sony und Polygram aufsuchen, wenn er
genau weiß, daß bis zur vollständigen Darstellung der
Seite eine halbe Stunde und länger vergehen wird? Natürlich
kann es sein, daß diese Konzerne einfach nicht flexibel genug
sind um ein funktionierendes Onlinegeschäft aufzubauen, doch
letztlich sind es doch die Ketten wie CityMusic oder WOM, welche diesen
Gelddruckern den Mammon in den Rachen schaufeln.
Wenn die Providerlobby dann davon redet, daß Europa durch solche
Gesetzgebungen möglicherweise sich selbst daran hindert den
Rückstand gegenüber den USA im Hinblick auf Onlinecommerce,
oder eben einfach in Hinblick auf Vernetzung an sich, aufzuholen, so
mag dies richtig sein, doch dem paranoiden Zeitgenossen drängelt
sich sofort die Idee auf, daß genau dies ja vielleicht gewollt
ist, hat man in der Vergangenheit doch oft genug gesehen, daß die
Politik der meißten Europäischen Staaten eben doch nicht so
unabhängig von den Wünschen und Forderungen der US-Politik
sind. Diesen Politikern und Wirtschaftsunternehmen jedoch kann es
eigentlich nur recht sein, wenn in Europa die Marktpräsenz von
Firmen nicht gar so stark im Web vorhanden ist, denn auch das
schönste Web kann durch lästige Konkurrenz im Kampf um die
Aufmerksamkeit des Kunden zu einem hart umkämpften Schlachtfeld
werden, zumal Europäische Inhalte doch deutlich schneller beim
Kunden sein sollten als solche, die erst einen ganzen Ozean durchqueren
müssen. Letztlich kommt solch eine Regelung eben nur denen zugute,
die sich um europäische Gesetze nicht kümmern müssen,
eben US-Unternehmen und Unternehmen die für ein Webhosting in den
USA genügend Geld dort lassen (und sich nebenbei auch noch der
Kontrolle US-Amerkanischer Schnüffeldienste aussetzen).
Ein Gutes kann dieser ganze Krampf jedoch haben. Keines dieser Gesetze
kann verhindern, daß explizit freigegebene Inhalte (also z.B.
Inhalte, die der GPL unterstehen)eben doch zwischengespeichert werden
und so einen großen Vorteil gegenüber den Inhalten haben,
die wegen Copyrightvermerken eben genau dies nicht dürfen. Ein
schönes Prozedere wäre die Möglichkeit in den Kopf einer
jeden HTML-Page einen Metatag zu codieren, welcher den Inhalt der Page
als GPL-Inhalt definiert und somit seine freie Nutzbarkeit bekanntgibt.
Sowas in der Art existiert zwar schon, in Form eines Tags, welches die
Zwischenspeicherung auf einem Proxy unterbindet, doch dieses hat
keinerlei rechtliche Relevanz. Das oben erwähnte Gute ist nun
eigentlich nur die Tatsache, daß sich das Web wieder zu einem
Netz der freien Inhalte wandeln wird, da kommerzille und
copyrightgeschützte Webpages einfach nicht mehr aufgerufen werden,
es dauert halt zu lange :)