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Avatar von Grinsekatzes Zähne
  • Grinsekatzes Zähne

251 Beiträge seit 28.12.2018

Die Deutschen werden nicht sich versöhnen, sondern sich verschweigen

So achtungswürdig ich die Idee finde, so undurchdacht ist sie doch am Ende.

Zunächst ist festzuhalten, daß es keine Aussöhnung geben wird, solange irgendwelche "Maßnahmen" noch Bestand haben. Da neuerlich bei Nacht und Nebel (und einem EM-Spiel Deutschlands) beschloßen wurde, daß auch bis zu einem Jahr nach offiziell erklärter Beendigung der erklärten Pandemie sämtliche einschränkende Maßnahmen weiter gelten können, haben wir hier schon mal in etwa einen Zeithorizont, bis zu dem praktisch nichts in Sachen Versöhnung passieren kann. Dazu gerechnet die vielen Aussöhnungen nach den Schäden von 2015: bis heute haben sie vermutlich großteils nicht stattgefunden, denn das war nie intendiert. Hätte es doch bedeutet, in großem Maßstab Verantwortlichkeiten zu benennen und deren Versagen einzelnen zuzuordnen. Das aber ist nicht möglich, denn es bedeutete nicht nur Kritik an der Bundesregierung, sondern auch an der heiligen Frau Merkel. Genau so stellt es sich auch mit "Corona" dar: jede Kritik an der Regierung fiele mindestens in Teilen auch auf die Unkritisierbare zurück und ist insoweit niemals statthaft - und wird daher auch nicht stattfinden.
Insofern ist dieser Satz ""Unser Ziel ist ein wertschätzender, sachlicher und pluraler Diskurs, denn nur so kann den komplexen Herausforderungen der Pandemie bestmöglich begegnet werden"" eine reine Wunschnummer, wenn auch gut gemeint und vom Anliegen her sehr berechtigt. Aber der Satz hat Voraussetzungen, die (noch lange) nicht vorliegen.

"Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sage, dass Covid-19 die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg sei" sollte man ihr ob der Unfähigkeit sachgerechter Grammatikanwendung eine knallen. Außer, sie wollte wirklich sagen, daß der 2. Weltkrieg eine Herausforderung war. Gemeint war sicherlich, daß dessen Folgen eine Herausforderung waren. Aber für klare, verständliche Aussagen war diese Frau ja noch nie bekannt, was zu ihrem Glücke weiträumig umschwiegen wurde, weswegen sie sich darin auch niemals ernstlich verbessern konnte und das in 16 Jahren auch nicht hat.

"Insofern tragen Regierende durchaus Mitverantwortung für die Irrungen und Wirrungen der "Querdenker"-Bewegung - auch wenn deren Protagonisten nicht alle persönlich von der Verschärfung der sozialen Ungleichheit im Zuge der Lockdowns betroffen waren." Der verlinkte Text gibt genau keinen Iota Information darüber, wie hoch die Einkommen der "Querdenker" sind, er sagt über diese Gruppe genau nichts aus. Er sagt lediglich aus, daß Menschen mit geringem Einkommen härter betroffen wurden, als die mit höheren Einkommen (wozu man wahrhaftig keine Studie gebraucht hätte, aber sei es drum...). An dieser Stelle wird klar zu manipulieren versucht, indem man unterstellt, die "Querdenker" sein wohl hauptsächlich eher vermögend und deshalb gar nicht so sehr von den "Maßnahmen" betroffen und ergo ist ihr Protest eigentlich bisschen doof. Das wirkt schon etwas eigentümlich in einem Beitrag, der eben gerade "Werbung" für Versöhnung der Zerstrittenen machen will. Einzig nützlich ist er dann insoweit, als er zeigt, wie man es besser nicht angehen sollte. Man könnte den Schuh nämlich auch andersrum anziehen: die, die eher vermögend sind und daher von den "Maßnahmen" eher wenig betroffen, können sich viel eher mit den "Maßnahmen" arrangieren, ergo ist anzunehmen, daß die "Querdenker" eher aus Menschen bestehen, die geringe Einkommen haben und eben deswegen auf die Straße gehen. Das könnte man sicherlich mal untersuchen! Aber das Ergebnis könnte ungünstig ausfallen, wenn offenbar würde, daß vor allem die ökonomisch eher schwachen Bürger da auf der Straße stehen und zwar nicht, weil sie strunzdumm und verschwörungstheoretisch manipuliert sind, sondern schlicht weil diese "Maßnahmen" ihnen finanziell die Luft zum Atmen nimmt. Da würde die Frage der "Solidarität" plötzlich ganz anders gestellt werden müßen und insbesondere Linke und SPD, in Teilen Grüne, hätten ihre liebe Mühe aus der Kiste noch was rundes zu machen.

"Neben direkt Betroffenen, die Angehörige durch das Virus verloren haben"
An dieser Stelle möchte ich anmerken, daß auch ich jemanden durch dieses Virus verloren habe. Und zwar weil dieser liebe Mensch Krebs hatte, aber leider kein Corona zum Krebs. So wurde dessen an sich notwendige Operation vom August letzten Jahres bis in den Dezember hinein vertagt, bis schließlich eine Not-OP durchgeführt werden mußte, bei der sich offenbarte, daß deutlich mehr "raus" mußte, als im August noch gedacht. Das bisschen, was danach übrig blieb vom betroffenen Organ, hat nach 6 Monaten Kampf dann den Geist aufgegeben, dieser mir sehr liebe Mensch ist in der Folge vor 3 Wochen gestorben. Die Wahrscheinlichkeit, daß das nicht passiert wäre, wäre dieser Mensch bereits im August operiert wurden statt im Dezember in einer Not-OP, ist nicht von der Hand zu weisen, ich werde es aber niemals erfahren. Aber auch so kann man Angehörige an dieses Virus verlieren und ich bin mir sehr sicher, diese Erfahrung mußte nicht nur ich erleiden. Will sagen: zu einem versöhnlichen Diskurs zählen eben auch genau diese Toten.

"In dem Positionspapier zur "Corona-Aussöhnung" wird die Freiwilligkeit der individuellen Impfentscheidung auch deshalb hervorgehoben, weil die bisher verfügbaren Impfstoffe keine sterile Immunität - also keinen verlässlichen Fremdschutz - gewährleisten und die Risikoabwägung durch fehlende Langzeitstudien zu möglichen Nebenwirkungen erschwert wird. Staatlichen Druck oder Zwang dürfe es deshalb nicht geben."
Man kann es nicht genug betonen, auch angesichts der für Geimpfte in Aussicht gestellten Freiheiten: die Impfungen schützen nur den Geimpften und hier auch nur vor schweren Verläufen. Sie schützen nicht andere. Daher sind alle Privilegien, die Geimpften im Hinblick auf Ansteckungsgefahr gewährt werden, absolut nicht tragend, denn sie gefährden ja genau so wie die ganzen ungeimpften Gesunden - pardon - ungeimpften symptomlos Infizierten. Meines Erachtens liegt denn auch hier der Casus Knacktus: die Abschaffung des Zustandes "gesund" muß rückgängig gemacht werden. Solange, wie jeder jeden und insbesondere der Staat jeden als potentielle Seuchenschleuder betrachtet, wird es einen normalen Diskurs nicht geben können. Und wenn wir das nicht beenden wollen, dann sein wir bitte so ehrlich zuzugeben, daß auch jeder Geimpfte eine ebenso potentiell seuchenschleudernde Unnatur ist, die in den Keller gesperrt gehört, genauso wie jeder andere Mensch, der eventuell ganz bisschen vielleicht möglicherweise mit irgend einem Keim in Kontakt gekommen sein könnte. Da damit aber das gesamte politische Narrativ von der rettenden Impfung zusammenbrechen würde, ist nicht zu erwarten, daß wir an diesen Punkt kommen**. Vielmehr ist zu erwarten, daß die Sache ganz langsam auslaufen wird und wir fürderhin nicht mehr drüber sprechen, denn dieses Sprechen würde notwendig Kritik an praktisch unserem gesamten Staatswesen bedeuten und somit zur Unmöglichkeit von "Aussitzen und Wurschteln" führen - was insbesondere kaum ein Bundestagsabgeordneter mitmachen würde.

Fazit: schönes Papier, nette Idee. Aber für den Zeitraum bis zur Beendigung der Pandemie plus ein Jahr absolut unrealistisch.

**PS: so, wie wir auch über "2015" bisher keinen ehrlichen Diskurs geführt haben, obwohl die Folgen der damaligen Handlungen uns bis heute teils täglich und das teils mehrfach vor Augen geführt werden. Aber zu einem nüchternen Diskurs darüber sind wir bis heute nicht gekommen, denn das wurde weder medial, noch politisch versucht (eine von Politik und Medien unabhängige Öffentlichkeit haben wir übrigens fast gar nicht mehr, oder sehe ich das falsch?).
Woher also die Hoffnung nehmen, diesmal liefe das deutlich anders? Ich sehe es nicht. Einzig interessant daran vielleicht ist die "Intersektionalität" (Definition für mich dafür bisher: ja, Du kannst gleichzeitig hässlich UND dumm UND unsympathisch sein): wir haben jetzt Menschen, die

a) für 2015 und für "Maßnahmen"
b) gegen 2015 und für "Maßnahmen"
c) für 2015 und gegen "Maßnahmen" und
d) gegen 2015 und gegen Maßnahmen sind.
Das führt zu ganz neuen Spaltungsmöglichkeiten! Wenn wir da jetzt noch ne dritte Nummer reinhauen (Klimatotaltod), dann wird es richtig interessant!

Edit: PS eingefügt

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (08.07.2021 18:38).

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