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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

neue Taktik

Im letzten Absatz verrät uns Wangerin dann noch, was man schon die ganze Zeit vermuten konnte. Unter dem 'Seid doch wieder lieb miteinander'-Mäntelchen verbirgt sich der übliche gehobene Querschläger-Schrott. Etwa die Mär von der fehlenden sterilen Immunität und den fehlenden Langzeitstudien.

Es gibt wohl kaum einen Impfstoff, gegen welchen Krankheitserreger auch immer, der zuverlässig in Hundert Prozent der Fälle wie gewünscht wirkt. Daher gibt es auch keine absolute sterile Immunität. Nie und nirgends. In den Fällen, in denen die Anti-SARS-CoV-2-Vakzine aber wirklich schützen, behindern sie die Replikation der Viren in genügendem Mass, um eine für andere Personen noch gefährliche Übertragung zu verhindern.

Das mindestens ist das zu Erwartende. Die Beweislast fürs Gegenteil liegt also bei denen, die es behaupten. Und? Gibt es weltweit einen, einen einzigen Fall, in dem bewiesen wurde, dass eine Person, die zu jeder Zeit negativ getestet wurde, also von der Impfung offenbar selbst geschützt wird, bei den guten Vakzinen also bei gut 9 von 10 Fällen, oder gut 6 von 10 Fällen wenn eine Delta-Mutante im Spiel ist, eine andere Person infiziert hätte?

Dass beim Versagen der Impfung auch weitere Personen angesteckt werden können, ist trivial und gilt bei jedem vergleichbaren Fall. (Also dem Versagen einer Impfung gegen eine ansteckende Krankheit.)

Auch die angeblich fehlenden Langzeitstudien sind ausgemachter Mumpitz. In der hier vorgestellten Form fanden diese noch nie statt. Entweder weil ein Impfstoff im Lauf seiner Entwicklung immer wieder verändert wurde, weil frühe Iterationen eben nicht so funktionierten wie sie sollten, oder weil es für Studien mit einem signifikanzentsprechenden Sample nicht genügend Krankheitsfälle gab. Denn schliesslich geht es bei den Studien in der dritten klinischen Phase stets primär um die Wirksamkeit und diese kann nur bei einem gewissen Ansteckungsrisiko überprüft werden.

Extrem seltene Nebenwirkungen, man kann es nur tautologisch ausdrücken, sind eben extrem selten. Sie überschreiten die Sample-Grösse jeder Studie und werden daher mit grösster Wahrscheinlichkeit erst im Ernst-Anwendungsfall entdeckt. Daher geht die Überwachung ja auch stets weiter, wie Kolenda hier auf Telepolis rauf und runter erklärt hat.

Nun also die Impfmuffelei auf die rational gleiche Stufe zu stellen, wie die Impfwilligkeit ist hoch tendenziös. Es geht nicht um Toleranz, das ist nicht eine Minderheit, die ein wenig anders aussieht oder ein wenig andere sexuelle Vorlieben hat. Das ist eine Gruppe von Menschen, die aus eignem Willen heraus fahrlässig handelt und damit andere Menschen unnötigerweise einer Gefahr aussetzt. Übersteigt die Grösse dieser Gruppe ein gewisses Minimum, kann sie kollektiv dafür verantwortlich sein, dass die Pandemielage weiterhin besteht, ja sich wieder verschlimmert, etwa weil dem Virus die Gelegenheit gegeben wird, sich in etwas noch Gefährlicheres hinüberzumutieren. Die Delta-Mutanten sind ein erster Schritt in diese Richtung.

Irrationales und kurzsichtiges Verhalten von medizinischen und staatlichen Verantwortungsträgern hat schon viel zum immer wieder auftretenden Jojo-Effekt beigetragen. Wer als eingefleischter Kapitalist nur das Wohl der Wirtschaft im Kopf hat, wie etwa die britische Tory-Regierung, schneidet sich spätestens mittelfristig ins eigne Fleisch und macht sich zur Ursache für viel zusätzliches Leid. Dieses Versagen entbindet natürlich nicht den einzelnen Bürger selbst rational zu handeln. Und dazu gehört, seit dem es sie gibt, nun mal die Bereitschaft sich impfen zu lassen.

Ich bin nach wie vor nicht dafür, jemanden zu einer Impfung zu zwingen, aber auch nicht bereit zu moralischer Entlastung. Auch nicht im Namen einer 'Aussöhnung'. Ich will weltweit ein Ende der Pandemielage und eine Grundvoraussetzung dafür ist die Bereitschaft zur Impfung.

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