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  • NicoDerArge

3 Beiträge seit 10.12.2020

Die falschen Fronten

Ich versuch's mal aus meiner Sicht darzustellen:

Ich stehe als Philosoph und Soziologe in der Tradition der Frankfurter Schule und kämpfe seit jeher gegen rechte Ideologien aller Art und allgemein für eine kritische Aufklärung und Wissenschaft. Aber wie die Frankfurter Theoretiker gezeigt haben, konnte "Wissenschaft" oft genug selbst ideologisch werden, indem bestimmte Standpunkte und Theorien verabsolutiert wurden, um damit alles mögliche zu rechtfertigen. Im Mittelalter hat die katholische Kirche das Wissensmonopol gehabt und abweichende Ansichten als Ketzerei verunglimpft (obwohl gerade die Ketzer oft den wahren Humanismus und Wissenschaft vertreten haben).

Nun sehe ich, dass natürlich diejenigen, die vorher schon "rechts" gestrickt waren, natürlich ihre Ansichten radikalisieren können, aber all diejenigen, zu denen ich mich auch zähle, die aus einer differenziert kritischen, tendentiell "linken" Perspektive viele Ungereimtheiten und Irrationalitäten der aktuellen Lage erstmal wahrnehmen und diskutiert haben wollen, auch zu diskreditieren, indem sofort immer und immer wieder die selben leeren Phrasen geschmettert werden (wie hier: Nazis, Covidioten etc.), ist einfach ein intellektuelles Armutszeugnis.

Es bestätigt, dass das Gegenüber oft relativ schnell in eine Kiste gesteckt wird, und eine wahrhaftiger kritisch-wissenschaftlicher Dialog erschwert oder blockiert wird.
Ich sehe mich in der absurden Lage, die ich niemals für möglich gehalten habe, dass ich als dezidierter "linker Intellektueller" im selben Topf wie die tatsächlichen Rechten und Nazis lande. Gerade dieses nicht-ernst-nehmen und Beiseitewischen von inhaltlichen Argumenten von Menschen, die alles andere als rechts sind, macht wütend. Das macht den Graben nur tiefer.

Jeder sollte also aufhören mit ideologischen und leeren Phrasen um sich zu schmeißen (das gilt für beide Seiten), und sich an konkrete Argumente und gesellschaftliche Analysen halten. Denn das ist Wissenschaft. Wer immer wieder trotz guter Argumente auf Phrasen zurückfällt, ist selbst schuld, wenn andere dann gereizt reagieren (und die sehen sich dann wieder bestätigt in ihren Vorurteilen).
Ein ziemlicher psychologischer Zirkel aus dem die Gesellschaft heraus finden sollte, damit halbwegs menschliche Kompromisse für die Zukunft gefunden werden können!

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