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  • JulienAssa

mehr als 1000 Beiträge seit 23.10.2018

Re: Mission accomplished...

Emrymer schrieb am 10.04.2021 12:16:

Sie sind nur insoweit repräsentativ (so weinig), als dass sie der Teilnahme an der Umfrage zugestimmt haben.

Woher stammt diese Definition für "repräsentativ"?

Aber in jedem Fall würde ich sagen, für irgendjemanden gilt jetzt: Mission accomplished...
Es gibt jetzt (weite) Bevölkerungsteile, die gar nichts mehr für wahrheitsgemäß halten können. Denn selbst beobachten können sie es nicht, sie erfahren ja nur ihr eigenes begrenztes Umfeld, und kein Bericht anderer darüber kann unvoreingenommen sein. Jede Studie steht sofort in dem Anruch, von irgendjemandem für eigene Zwecke angefertigt worden zu sein. Das Wissen um die Wirklichkeit ist wieder unverfügbar geworden.

Alle Definitionen sind Setzungen. Das ist vielleicht nicht leicht zu verdauen, aber Definitionen sind nicht vom Himmel gefallen, sondern wurden von Menschen gesetzt. Natürlich fallen Definitionen zum Beispiel in Indien im frühen Sanskrit ganz anders aus als zum Beispiel im frühen Europa. Mit der Zeit ergibt es sich, dass mächtige Menschen und mächtige Völker ihre Definitionen in ihrem Sprachraum durchsetzen, und je mehr sich Macht konzentriert, desto gleichgeschalteter werden auch die Definitionen. Manche Begriffe bleiben fast unverändert, andere werden auch gerade heute im Zuge einer weiteren Machtkonzentration absichtlich und bewusst verändert, so dass man, wenn man sich danach richtet, bestimmte Sachverhalte gar nicht mehr denken kann.

Jede Aussage, jede Abstraktion, jede Zuweisung ist im Grunde eine individuelle, subjektive und vor allem interessengeleitete. Das Interesse bestimmt, worauf du deinen Fokus und deine Aufmerksamkeit richtest, wie du es bewertest, mit welchem Abstraktionsgrad du es versiehst und so weiter. Diese subjektiven Wahrnehmungen machen die Wirklichkeit des Wahrnehmenden aus. Eine andere Wirklichkeit hat und kennt er nicht. Auch wenn er seine Wahrnehmung ausweitet und sein Bewusstsein erweitert, trifft das weiterhin zu. Niemand kann behaupten, er nähme eine für alle Menschen zutreffende Wirklichkeit wahr, auch wenn solche Behauptungen seit Jahrtausenden aufgestellt werden, in der Regel von Menschen, die über andere zu herrschen beanspruchen. Wer in früheren Zeiten nicht spurte und es wagte, sich nach seiner eigenen subjektiven Wirklichkeit zu richten (der Kaiser ist ja nackt!), wurde schnell vom Leben zum Tode befördert oder in die Sklaverei verkauft. Die grösste Gefahr für Herrschaftsansprüche ist eigenes Denken, weil es die von oben diktierte Wirklichkeit ablehnt.

Das Wissen um diese Wirklichkeit, die ich eben nur kurz umrissen habe, ist schon sehr lange unverfügbar. Wirkliches Wissen besteht nicht darin, sich irgendwelche Berichte aus dritter, vierter Hand über Dinge, die angeblich irgend wo anders passieren, einzuverleiben. Echtes Wissen bedeutet, das Wesen der Wirklichkeit erfasst zu haben, sich keine Illusionen mehr darüber zu machen, wie in den Köpfen Wirklichkeit konstruiert wird. Lies doch einmal Wie wirklich ist die Wirklichkeit von Watzlawick oder das Buch über die Matrix von Jim Baggott. Oder beschäftige dich mit Wahrnehmungspsychologie, ein Thema von Mausfeld und seinesgleichen. Es wird deinem Gehirn, oder besser, der rationalen Seite deines Gehirns, der Grosshirnrinde, sicher erst einmal schwer fallen, gewohnte 1:1 Bezüge beiseite zu lassen. Doch wenn du das erst einmal verstanden hast, eröffnet sich dir eine zuvor nicht geahnte Verständnistiefe. Soziologen, Psychologen und Kognitionsspezialisten in den weltweit verteilten Denkfabriken machen schon lange Gebrauch von diesen Erkenntnissen, um die Massen zuverlässig steuern und lenken zu können.

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