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  • Populist

mehr als 1000 Beiträge seit 14.06.2016

Jetzt nehme ich Dir nicht mehr ab, dass Du Redefreiheit achtest

Grober_Unfug schrieb am 10.07.2022 22:45:

Wie stellen nicht infektiöser Menschen sicher, dass dem wirklich so ist?

Wie stellst Du beim Autofahren sicher, dass Du nicht unentdeckt unter Epilepsie oder einem Aneurysma leidest?

Die Möglichkeit, dass jemand eine Gefahr darstellen könnte, ohne es zu wissen, fällt für mich unter "allgemeines Lebensrisiko". Daraus folgt für mich keineswegs, dass es gerechtfertigt ist, pauschal alle Menschen so zu behandeln als stellten sie tatsächlich eine Gefahr dar.

Wir hatten hier den Fall einer Party - wo sich alle Gäste vorher getestet haben und zu 95% alle nachher COVID19 BA2 hatten. Wenn die in der entsprechenden Altersgruppe gewesen wären - hätte es Tote geben können.

Nur weil es keine Ausgangssperren gibt, wird noch lange niemand gezwungen auf eine Party zu gehen. Ich persönlich wohne am Feldrand und gehe gerne auch spätabends noch mal eine Runde spazieren, wenn ich Stubenkoller habe oder der Haussegen schief hängt. Wer auf Partys geht, muss eben mit der Restwahrscheinlichkeit leben, dass er sich dort infizieren kann. Wer glaubt, dass er dies nicht überleben würde, der sollte einfach nicht auf Partys gehen. Und wer sich dann tatsächlich infiziert hat, der muss eben in Quarantäne. Ist doch alles nicht so schwer.

Also langsam mit die jungen Pferde. Zudem wurden die pauschalen Ausgangssperren in Bayern m.E. vor Gericht gestoppt.

Keine Ahnung wie genau das in Bayern war. In BW gab es eine landesweite Ausgangssperre von 20:00 bis 5:00 seit dem 12.12.2020, diese wurde aufgehoben durch den Verwaltungsgerichtshof Mannheim am 11.02.2021. Dass die Ausgangssperre ganze zwei Monate in Kraft war und erst gerichtlich aufgehoben werden musste, macht die Sache aus meiner Sicht nicht besser.

Ab November 2021 gab's dann in zahlreichen Landkreisen Ausgangssperren für Ungeimpfte. Ich selbst war da zwar längst geimpft, aber ich lehne diesen Mist dennoch kategorisch ab, insbesondere weil die Urheber relativ unverhohlen zugaben, dass es nicht um Infektionsschutz sondern um gezielte Schikane gegenüber Impfverweigerern ging. Dass Impfpflicht und gezielte Schikane von Impfverweigerern aus meiner Sicht kollektivistische Übergriffe darstellen, brauche ich wohl nicht gesondert zu erwähnen.

Ja und genau das kannst Du aktuell kaum ausschließen...
Infektiöse != krank.

Es gibt Tests. Wenn diese versagen, dann ist das halt so.
Es nehmen auch Menschen am Straßenverkehr teil, die unerkannt ein erhöhtes Risiko von epileptischen Anfällen, Schlaganfällen, Herzinfarkten, Aneurysmen oder sonstwas haben.

Das fällt für mich halt einfach unter Pech gehabt und "shit happens".

Wieso kannst Du infektiöse Menschen von nicht infektiöse Menschen per Blick unterscheiden?
Bist Du Hellsichtig? Von welchem Stern kommst Du?

Nein, aber ich bin kein Kollektivist, der deswegen alle unter Generalverdacht stellt.

Der infektiöse Menschen hat zwei Tage zuvor mit einem kranken Menschen - vielleicht ohne es zu wissen ein Bier getrunken und erzählt. Den Tag drauf infiziert er eine ganze Party - ohne sich krank zu fühlen oder einen positiven Test zu produzieren.
Die Krankheit und der positive Test folgen 24-48 h später...

Ja, ist möglich, genauso wie Du morgen am Steuer erstmalig einen epileptischen Anfall erleiden und eine ganze Familie totfahren könntest. Ist halt so. Allgemeines Lebensrisiko. Gehört dazu.

Mit dieser Argumentation lehne ich auch ab Strafzettel zu zahlen weil ich innerorts 100 km/h gefahren bin. Nur weil ich vorsätzlich andere gefährde - und vorsätzlich eine Gefahr für meine Mitmenschen bin soll ich bestraft werden? Ich habe es eilig euer Ehren!

Sorry, aber diese Gleichsetzung ist nun wirklich derartig bescheuert, dass es sich eigentlich gar nicht lohnt, näher darauf einzugehen. Du kannst pauschale Ausgangssperren nicht mit Tempolimits gleichsetzen. Eine pauschale Ausgangssperre entspräche bezogen auf den Straßenverkehr einem pauschalen Fahrverbot wie z.B. dem Sonntagsfahrverbot damals während der Ölkrise. Wegen der Verkehrstoten hat es komischerweise nie Fahrverbote gegeben, nicht einmal als es mehr als 20.000 Verkehrstote (und noch viel mehr Verletzte mit Amputationen und anderen weitreichenden Folgen) gab.

Und selbst im Vergleich mit Fahrverboten ist eine pauschale Ausgangssperre der wesentlich schwerwiegendere Grundrechtseingriff.

Die kannst Du dann u.U. in Haft frei äußern.
Natürlich kann man andere Auffassungen als das Gesetz haben - aber diese Gesetze gelten nun mal für alle Staatsbürger.

Jetzt nehme ich Dir nicht mehr ab, dass Du Redefreiheit achtest. Ich schrieb wiederholt, dass ich mich stets an alle Gesetze gehalten habe. Dennoch drohst Du mir mit Haft.
Das kann ich nur so deuten, dass Du meine öffentliche Missbilligung der Maßnahmen, Gesetze und Urteile als hinreichenden Grund für eine Inhaftierung betrachtest.

Mit einer direkten Kausalkette. Das ist der herkömmliche Weg in einem Rechtstaat. Wenn nicht-infektiöse Menschen niemanden infizieren können, dann darf über nicht-infektiöse Menschen auch keine Ausgangssperre verhängt werden. So klar und einfach ist das aus meiner Sicht.

Blöd nur wenn man die nicht unterscheiden kann in der Realität...
Damit fällt das zusammen.

Dann ist das halt so. Der Zweck heiligt nicht die Mittel.
Würdest Du im Strafrecht auch wollen, dass einfach immer derjenige verurteilt wird, bei dem die Wahrscheinlichkeit der Täterschaft am höchsten ist, unabhängig davon, ob die Indizien ausreichen? Frei nach dem Motto "irgendwer muss doch verurteilt werden, weil sonst alles zusammenfällt"?

Manchmal muss man sich eben damit abfinden, dass niemand verurteilt wird, obwohl ein Mord geschehen ist. Das ist dann eben so. Und gleichermaßen sollte man sich auch damit abfinden können, dass noch Reste von Freiheit aufrechterhalten bleiben, obwohl Gesundheit und/oder Sicherheit nicht optimal gewährleistet werden können.

Bei Dir klingt das alles sehr stark nach dem Motto "solange Sicherheit und Gesundheitsschutz nicht optimal gewährleistet sind, ist Freiheit irrelevant". Und genau das sehe ich eben grundlegend anders. Nach meiner Lesart proklamiert das Grundgesetz eine Gleichrangigkeit von persönlicher Freiheit und Gesundheitsschutz.
Abwägung heißt für mich nicht, dass die Politik entscheidet, welches von beiden Rechtsgütern in der jeweiligen Situation Vorrang hat, sondern Abwägung heißt für mich, dass tatsächlich ein Kompromiss zwischen den beiden Rechtsgütern gesucht wird, bei dem auf beiden Seiten Abstriche gemacht werden, und bei dem es auch auf beiden Seiten rote Linien gibt.

Aber das dürfen andere freilich anders sehen. Es ist nur bezeichnend, dass sie es meist nicht direkt aus dem Gesetzestext herleiten können, sondern auf textexterne Hilfskonstruktionen angewiesen sind wie z.B. die Behauptung, ohne Leben sei persönliche Freiheit wertlos, deswegen müsste Gesundheitsschutz über der persönlichen Freiheit stehen. Das gibt nur leider der Text des Grundgesetztes nicht her. Es handelt sich um eine Hinzudichtung, um zu dem gewünschten Ergebnis zu gelangen.

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