Campact-Kampagne für Karlchen Überall – das hat schon ein Geschmäckle
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Laut eigener Satzung ist die Campaigning-Plattform Campact parteipolitisch strikt neutral. Wie dies mit den aktuellen Kampagnen für die SPD-Politiker Lauterbach und Kelber in Einklang zu bringen ist, fragen auch zahlreiche Campact-Anhänger. Bei Campact versteht man die Kritik nicht. Man werbe ja nicht für eine Partei, sondern unterstütze „progressive Kandidaten“. Warum ausgerechnet Karl Lauterbach ein „progressiver Kandidat“ sein soll, erklärt Campact aber lieber nicht. Das ist auch verständlich, da der Mann mit der Fliege, der parteiintern aufgrund seiner Medienpräsenz auch „Karlchen Überall“ genannt wird, eigentlich eher als strammer Parteisoldat gilt und auch in seinem Fachbereich der Gesundheitspolitik keinesfalls so progressiv ist, wie er es gerne darstellt. Dafür kassierte Lauterbach auch als Aufsichtsrat des privaten Klinikriesen Rhön, für den er von 2001 bis 2013 im Aufsichtsrat saß, ein Salär von rund einer halben Million Euro. Als parteipolitisch neutral wird Campact künftig sicher nicht mehr gelten können.
„Es ist immer besser, zu niedrigen Löhnen zu arbeiten als nicht zu arbeiten“ – mit diesen Worten verteidigte Karl Lauterbach 2008 die Agenda 2010. Getreu dieser Argumentation war es freilich sogar folgerichtig, dass Lauterbach als Aufsichtsrat der Rhön-Kliniken nie Probleme mit den Hungerlöhnen der prekären Beschäftigten im Konzern hatte und auch lieber nichts zur Praxis gesagt hat, dass Rhön den Mindestlohn für seine Putzkräfte systematisch umgangen hat. Dabei tritt gerade Lauterbach in Talkshows doch stets als Verteidiger der „Kleinen“ im Gesundheitssystem auf. Das scheint jedoch nur Rhetorik zu sein. Immerhin bezog er für seinen kleinen Nebenjob bei Rhön zwölf Jahre lang „Aufwandsentschädigungen“, die mehr als doppelt so hoch waren wie die Gehälter der Vollzeit-Reinigungskräfte im Rhön-Konzern – in den letzten Jahren waren es 64.000 bzw. 62.000 Euro pro Jahr für einen äußerst überschaubaren Arbeitsaufwand. Sonderlich progressiv klingt das nicht.