Da könnte man eigentlich bereits mit dem Lesen aufhören. Ioannidis hat bekanntlich für die USA 10.000 Coronatote vorhergesagt, von denen man ohne die Tests überhaupt nichts mitbekommen hätte. Stand gestern: 497.597 Tote - trotz aller Maßnahmen. Der Mann mag ein renommierter Fachmann sein, im Fall von Covid-19 hat er voll danebengehauen. Was er seitdem veröffentlicht, scheint eher dazu gedacht, seine Reputation zu retten.
"Auch die meisten Medien führen den Rückgang ungeprüft auf den Lockdown zurück.
Belege dafür bleiben sie schuldig. Belastbare Daten dazu und über das Infektionsgeschehen allgemein wurden nicht erhoben."
Womit man dann also alle anschließend aufgeführten Studien, die die Wirkungslosigkeit von Lockdowns belegen sollen, vergessen kann, oder? Ganz zu schweigen von Formulierungen wie "vieles spricht dagegen", "liegt wahrscheinlich daran", "schätzt, daß vielleicht bereits" oder "ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen", die dann im weiteren Text zu Tatsachen werden.
Ich bin kein Wissenschaftler, und das hier ist kein wissenschaftlicher Beleg, aber bitte schön:
https://www.dropbox.com/s/tiefz6inlkeor3g/DE_Neuinfizierte_Tote_2021_02_21.png?dl=0
Das sind die unbereinigten Zahlen von Johns Hopkins, die Daten der Lockdowns stammen aus Wikipedia. Man sieht sehr deutlich, daß es nach jedem Lockdown einen deutlichen Trendwechsel von steigenden zu fallenden Zahlen gab. Nach dem "Lockdown light" ist der Abfall nicht so deutlich, und Ende November beginnt die Kurve wieder zu steigen. Den Grund dafür kenne ich nicht, erinnere aber daran, daß es im November zwei "Superspreader-Events" mit jeweils mehreren zehntausend Teilnehmern in Berlin und Leipzig gab. Wie dem auch sei, der zweite, "harte" Lockdown vom Dezember wirkt diesem Bild nach ganz eindeutig, da muß man schon blind oder verblendet sein, um das zu leugnen.
Es gab im vergangenen Frühjahr keine Herdenimmunität ohne die Lockdowns, es gab im November keine, und jetzt gibt es auch keine. Dem Autor scheint nicht klar zu sein, daß die Schwelle zur Herdenimmunität nicht konstant bei 60 bis 70% liegt, sondern von R_eff abhängt, und daß wir jetzt (zum wiederholten Mal) eine Umkehr der Kurven sehen, weil es die Maßnahmen gibt, die R und damit die Schwelle senken. Gemeldet wurden in Deutschland bisher 2.400.000 Infektionen, mit einem Faktor von 8 (sieben Unerkannte/Symptomfreie auf jeden gemeldeten Fall) wären das 37% der Deutschen, die bereits infiziert waren. Zu einer "natürlichen" Herdenimmunität ohne Maßnahmen fehlt da noch ein ganzes Stück.
Ich gehe davon aus, daß die Virusmutationen dabei sind, sich unter dem Radar auszubreiten, so wie es in allen möglichen anderen Ländern auch war. Das ist der nächste Elefant im Raum, den die "Querdenker" nicht wahrnehmen wollen. Diese Varianten sind deutlich ansteckender, und damit steigt auch die Schwelle zur Herdenimmunität. Nach "Just a flu", Herdenimmunität bereits im Frühjahr, "linearer" Ausbreitung des Virus, keiner zweiten Welle, keiner Übersterblichkeit ist das der nächste Selbstbetrug, der uns um die Ohren fliegen wird, wenn die Quengler sich durchsetzen. Wir sind bei einem R um die Eins für alle Varianten zusammen, in anderen Worten, die "alte", weniger ansteckende Variante verschwindet, während die neue wächst. Ausgerechnet jetzt zu lockern, wäre der reine Schwachsinn, da kann man auch gleich die nächste Welle mit einplanen. Und den nächsten harten Lockdown - nach wer weiß wievielen unnötigen Erkrankten und Toten.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (21.02.2021 10:13).