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  • serendipity (1)

989 Beiträge seit 24.09.2019

Das Problem ist nicht, dass der Nachwuchs verlängerte Ferien und dadurch

Lernrückstände hat, sondern dass die Kids davon sehr unterschiedlich betroffen sind und in ihren Bildungschancen (sprich: Zugang zu Ausbildung und Beruf in einer unvorhersehbaren Wirtschaftskrise) sein werden.

Dabei geht es nicht um Kumulation von "Faktenwissen", sondern um die altersgemäße Entwicklung wichtiger Lernstrukturen, die irgendwann später nicht so einfach nachgeholt werden können. (z. B. werden in der Grundschule unterforderte "Hochbegabte" oft zu "Underachievern", weil sie Ausdauer usw. nicht gelernt haben)

Unterschiede zwischen den Kids:
- Es gibt Kinder, die es jetzt genießen, endlich mal ganz viel zuhause spielen zu können, weil ihr Tagesablauf normalerweise rigide durchgetaktet ist.
- Es gibt Kinder und Jugendliche, die in freier Selbstbeschäftigung viel mehr lernen als im Schulunterrricht und dabei versäumten Lehrstoff mühelos aufholen können.
- Es gibt aber auch Kids, denen dazu z. B. in engen, hellhörigen Hochhauswohnungen Ruhe für Konzentration, Ausdauer und Frustationstoleranz beim "Homeschooling" fehlt.
- Es gibt Eltern, die das Lernen ihrer Kinder nicht fördern können, und Eltern, die sich dazu unwissentlich kontrapunktiv verhalten (z. B. durch Ängste, Ehrgeiz, bestrafendes Verhalten, usw.)
- Es gibt eine medial forcierte Tendenz zur totalen Verblödung auch im Bildungssystem, wozu es leider unendlich viele Beispiele gibt.....u. a. Grundschullehrer, die sich bei der wundervollen "Schreiben-nach-Gehör"-Methode wundern, warum Kinder ohne (hoch-)deutschsprachiges Elternhaus daran scheitern.

Vorhersehbare Folgen:
- In den Kitas und Grundschulen werden (je nach Einzugsgebiet) viele Kinder erstmal völlig rappelig sein und Zeit brauchen, um sich an die dortigen Verhaltensregeln wieder zu gewöhnen.
- Einige werden durch zuviel Medienkonsum und einseitige Betätigungsmöglichkeiten Lernstrukturen verloren haben.
- Viele Schüler werden Lernlücken mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen beim Aufholen haben (einige bekommen bezahlte Nachhilfe, andere bekommen häusliche Gewalt)
- Wie die Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe, der Übergang zur weiterführenden Schule, usw. gehandhabt werden, steht wohl noch offen - so oder so wird es dabei Verlierer geben.
- Selbst wenn genug zur Förderung benachteiligter Schüler getan würde, kann man Kinder und Jugendliche nicht plötzlich zu Lernmaschinen machen - das Versäumte aufzuholen wird Zeit brauchen.

Unterschiede zu früheren Kurzschuljahren:
- Damals konnte z. B. vor der Entscheidung für eine weiterführende Schule die 5. Grundschulklasse angehängt werden.
- Damals war der Verbleib auf der Hauptschule (hieß damals "Volksschule") nichts Schlimmes und auch ohne deren Abschluss konnte man einen Beruf erlernen.
- Damals machten nur 12% eines Jahrgangs das Abi (oftmals nur mit knapp ausreichend) und weil das den Bedarf der expandierenden Wirtschaft nicht deckte, wurden soziale Gesetze wie Bafög usw. zur Steigerung der Zahl von Abiturienten und Hochschulabsolventen eingeführt.

Heutzutage läuft es umgekehrt: Schüler und Studenten befinden sich in gnadenloser Konkurrenz zueinander, Wirtschaft und Staat nutzen Hochschulabsolventen als überqualifiziertes Prekariat und haben wegen dessen Bereitwilligkeit, sich nur zur Füllung der Leerstelle in der Vita ausbeuten zu lassen, nicht das geringste Interesse an einer Verbesserung des Bildungssystems.

Aus diesen Gründen finde ich es wichtig, vor allen anderen Lockerungen zuerst die Schulen und Kitas wieder vollständig zu öffnen und mit den plötzlich erstaunlich sprudelnden staatlichen Geldmitteln vor allem die Kids zu fördern (die später für all das zahlen müssen, was wir Idioten jetzt nicht auf die Reihe kriegen)

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (19.05.2020 06:07).

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