Ich will gern damit beginnen, zuzugeben, dass ich mit einer gewissen Gereiztheit auf den Artikel reagiere, die nicht in dem Artikel allein sondern ebenfalls in einer Wahrnehmung etwa 16-monatigen absolut inkompetenten Umgangs mit statistischem "Corona"-Material einerseits und einer seit vielen Jahren einseitigen und statistisch nicht minder verzerrten Sicht auf "Gender-Themen" begründet ist.
Für dieses Vorglühen kann Frau Gärtner zumindest nicht persönlich nachweisbar etwas.
Dafür, dass sie sprachlich und statistisch Unsinn fortschreibt schon und dass Sie das für kompetent halten, zeigt nur, dass Ihnen die Fehlschlüsse und geradezu sprichwörtlichen Verwechslungen von Korrelation und Kausalität ebenso wenig auffallen, wie sprachliche Figuren, die bei einer gewissen Sensibilisierung eine "gegenderte" Grundhaltung offenbaren, die ich nun einmal nicht ansatzweise veranlasst bin, sie zu teilen.
Ein Beispiel habe ich an den Anfang meiner Antwort gestellt. Es ist eine Unverschämtheit, Männern zu unterstellen, sie würden sich hinsichtlich Ihrer Gesundheit auf "den Service einer Partnerin" verlassen. Selbst wenn ich die quasi biologistische Argumentation des Artikels (und der Super-Checker des RKI) aufnehme, dass Jungen aufgrund ihres spezifischen (und schon irgendwie dämlich wirkenden) Zuganges zu solchen Themen (gesund kochen lernt ein Junge eben eigentlich nur, wenn er mit den Kumpels zusammen akut Hunger hat !?!?!?!? Hallo?) eben besonders von einem partnerschaftlichen Einfluss durch eine Frau profitiert, wäre es ein wissenschaftlich unhaltbarer Schluss, das hätte etwas mit einer womöglich bewussten Verantwortungsübertragung zu tun - genau das wird aber durch die Formulierung Frau Gärtners ausgedrückt. Das "sich verlassen" ist eben auch nicht der Gesellschaft oder Institutionen zugeschrieben, sondern mit der grammatischen Verknüpfung mit dem eigenen Körper in dem Satz eben klar dem Mann als Subjekt zugewiesen. Das ist keine Wissenschaft.
Wissenschaft würde MINDESTENS auch noch fragen: Sind die Mütter (und/oder Väter, obwohl lt. der immer noch nicht überwundenen Rollen hier eher weniger einflussreich anzunehmend) womöglich ein relevanter Aspekt hinsichtlich der zukünftigen Ausnutzung der Schwiegertöchter?
Gute Wissenschaft wäre, erst einma den Einfluss zum Beispiel gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften auf die Lebenserwartung zu sichten - dann hätte man wenigstens ansatzweise und vorsichtig zu handhabend eine quantitative Kontrollgröße für den geschlechtsspezifischen Einfluss. Und meine Hypothese ist eben, dass sich jede stabile Partnerschaft positiv auswirkt, egal in welcher geschlechtlichen Konstellation.
Und so geht es eben an dieversen Stellen im Artikel - ich muss Frau Gärtner nicht benoten, aber nur mal als Beispiel eines völlig offensichtlichen schweren Fehlers, den Frau Gärtner in statistischer Hinsicht macht:
(in den letzten Absätzen der ersten Seite des Artikels)
Eine Überrepräsentanz der männlichen Toten bei über 80-jährigen leitet sich vor allem und von Covid-19 völlig unabhängig allein daraus ab, dass Männer eben manifest eine geringere Lebenserwartung haben. (Ob die biologisch, kulturell oder durch die wie auch immer begründete Unfähigkeit der Männer zu gleichberechtigten Selbsterhalt begründet ist, spielt dafür überhaupt keine Rolle.) Eine geringere Lebenserwartung ist gleichbedeutend mit einer höheren Sterberate und diese Aussage gilt nur für Alterskohorten nicht, in denen womöglich geschlechstspezifische Kontraindikatoren gelten. (In Gesellschaften mit relevanter Wochenbettsterblichkeit beispielsweise...) Covid-19 hat damit erst einmal überhaupt nichts zu tun.
Das gleiche gilt im von mir in meiner ersten Antwort angerissenen Kontext Letalität Covid-19 / Mortalität Bevölkerung.
Insofern: Nein, in meinen Augen beschäftigt sich Fra Gärtner hier nicht besonders kompetent mit Zahlenwerken und den teils darus gezogenen Schlüssen des RKI, das aus Sicht eines Statistikers geradezu sprichörtlich Sinnzusammenhänge verdreht - bei Covid-19 auf jeden Fall, offensichtlich auch darum herum.
Wenn Journalist*innen sich Fachthemen nähern, sollten sie auch von vermeintlich wissenschaftsnahen Institutionen die Schlüsse aus dem Zahlenmaterial nicht einfach widerkäuen, sondern eben auf inhaltliche Integrität, Gültigkeit und Schlüssigkeit überprüfen - mindestens. Hinsichtlich der Aussagen einer Bundesbehörde in ihrem erheblichen politisch motivierten Kontext gilt das um so mehr.
Meine Kritik war polemisch formuliert - nicht herablassend (Nachdem meine Gattin das "Olle" gelesen hat, habe ich an die Ohren bekommen und die Ansage, dass sie zukünftig MINDESTENS auch als Mädel "beschimpft" werden will ;-) . Man könnte es auch so sehen: ich traue Frau Gärtner da mehr zu, als sie geliefert hat.