Erstaunlich ist nicht so sehr, dass die Zahlen steigen - sondern dass Behörden und Regierung immer wieder von planbaren Ereignissen überrascht werden, und dann völlig unvorbereitet an Symptomen herumdoktorn, statt die Ausbreitung wirksam ein zu dämmen.
Wie kann es sein, dass keinerlei Vorkehrungen getroffenwaren, als "plötzlich und unerwartet" jede Menge Menschen aus Urlaubsländern zurückkehrten, und das Virus mitbrachten? Ischgl und Bergamo sind wohl schon zu lange her, als dass da jemand Schlußfolgerungen hätte ziehen können.
Das Familienfeiern vorzugsweise im Mai/Juni oder im September stattfinden, weiss schon jedes Kind. Und da die Feiern im Frühjahr ausgefallen sind, gibt es dieses Jahr halt besonders viele im Herbst. Auf die Idee, da genauer hin zu schauen, hätte man durchaus kommen können, bevor wir wieder 2000 positive Testergebnisse pro Tag haben.
Als nächstes kommt jetzt wohl die Erkältungswelle. Theoretisch hätten wir zwar Fieberzentren und andere Anlaufstationen, an denen viele Menschen kurzfristig und ohne Gefahr für andere Patienten getestet werden könnten. Irgendwelche Schlaumeier bei Regierung und Behörden haben sich allerdings überlegt, dezentrale Testzentren ausschließlich für Reiserückkehrer vor zu halten - andere Coronapatienten sollen gefälligt in Arztpraxen und Krankenhäuser gehen, wo sie dann andere Menschen - insbesondere Risikopatienten - anstecken.
Die Antwort auf die Frage, weshalb die Zahlen wieder steigen, ist einfach: Weil Regierung und Behörden auch ein halbes Jahr nach dem Ausbruch von Corona immer noch nicht voraussschauend agieren, sondern sich von Ereignissen treiben lassen. Und lieber Bußgelder für falsche Kontaktdaten einführen als durchdachte Teststrategien. Oder mit einem Riesengeschrei eine Corona-App bauen lassen, statt dafür zu sorgen, dass Gesundheitsämter und RKI zeitnah Informationen bekommen und gegensteuern können, bevor das Virus weiter verbreitet wird.