In einem demokratischen System sind die Regierenden mit Machtbefugnissen durch die wählende Bevölkerung ausgestattet und ihr Rechenschaft schuldig. Die Aufarbeitung einer vergangenen Krise ist in jedem Falle eine Pflicht, die zu erfüllen nicht versäumt werden darf, insbesondere, wenn sich während der Krise die Machtverhältnisse teilweise verändert haben.
So sollte es jedenfalls sein.
Wenn keine Aufarbeitung erfolgt, ist es ein Pflichtversäumnis und zeigt auch von einem fehlenden demokratischen Verständnis: für einschneidende Eingriffe in die bürgerlichen Freiheiten und die Grundrechte der Menschen in diesem Staate müssen sich die Akteure der damaligen wie aktuellen Regierung rechtfertigen und zeigen, dass die gewählten Maßnahmen die einzigen und am wenigsten schädlichen Optionen waren, die mit dem damaligen Wissensstand verfügbar waren. Das betrifft u.a. Lockdowns, Kontaktbeschränkungen, die "Ermunterungen" zur Impfung durch Einschränkungen (3G -> 2G, ...) für Un- oder nur Teilgeimpfte usw usf.
Die Krise selbst lief ziemlich genau drei Jahre: von Frühjahr 2020 bis Frühjahr '23. In diesen Jahren wurden die Entscheidungskriterien für zu treffende Maßnahmen mehrfach verändert (R-Wert, Inzidenzen, ...) und die Maßnahmen selbst ebenfalls neu aufgestellt. Zwischenzeitlich gab der damalige Gesundheitsminister der CDU, Jens Spahn, zu, dass die Maßnahmen nicht die gewünschten Ziele erreicht und vielfach auch unnötig gewesen wären. Das war Anfang '21. Es folgten noch zwei Jahre von Maßnahmen bestimmte "Winterhalbjahre" von "O bis O", also Oktober bis Ostern.
Eine Evaluation der Maßnahmen hat also durchaus stattgefunden, die richtigen Schlüsse zog man daraus aber nicht, sondern machte einfach weiter. Und während unter Ex-Gesundheitsminister Spahn noch "im Zweifel lieber Maßnahmen" aufgrund des geringen Wissensstandes 2020 über das Virus vertretbar waren und damit auch eine Rechtfertigungsgrundlage gegeben ist, kann man das nicht mehr für die Jahre 2021 und '22 behaupten. Die am schwierigsten zu rechtfertigende Angelegenheit dürfte die Beschaffung diverser mRNA-Impfstoffe sein, deren Wirksamkeit nicht bewiesen war und deren Risikobewertungen noch ausstanden, das fiel noch teils in den Regierungszeitraum Merkel, größtenteils aber bereits in Zuständigkeitszeitraum des aktuellen Gesundheitsministers, der eine viel zu große Menge an Impfstoffen bestellt hat im Verhältnis zur offiziellen Linie des Bundes: 2 bis 3 Impfungen je Erwachsener. Bestellt wurden aber eine Menge, die für 8 Impfungen gereicht hätte.
Neben der Verschwendung für Steuergelder für mRNA-Impfstoffe (selbst wenn diese tauglich gewesen wären und keinerlei größeres Risiko als bei einer Grippeschutzimpfung beständen hätten) sind aber auch die gewählten Maßnahmen zur "Ermunterung zur Impfgabe" zu kritisieren. Eine Mehrheit der Geimpften gab an, nicht aus Überzeugung der Notwendigkeit der Impfung gegen Covid19 zum Impftermin erschienen zu sein, sondern um nicht ausgesperrt zu werden wie die Ungeimpften. Allein das Statement beschreibt letztendlich sehr gut, wie die Kampagne zur Impfung letztendlich aufgefasst wurde: als "kleineres Übel" aus Furcht vor staatlichen Repressionen. Und dann gab's die 2020 noch als "Helden" gefeierten Pflegekräfte, die auf einmal vor der Wahl standen: "Impfen oder Jobverlust".
Fatal wäre es hierbei, die Rollen von Ethikrat, der Ständigen Impfkommission, dem RKI oder PEI und der Ärztekammern unter'n Tisch fallen zu lassen und allzu eilfertige Impfärzte ohne Gelegenheit zur Rechtfertigung davonkommen zu lassen. Denn letztendlich kann die von den zuständigen Abgeordneten und Ministern angeordnete Politik nur durchgesetzt werden, wenn alle Zuträger fleißig mitgemacht haben. RKI, PEI, STIKO und Ethikrat boten die notwendige Rechtfertigungsgrundlage für Grundrechtseingriffe, Ärztekammer und Ärzte bis hinab zu Apothekern, Rektoren an Schulen und Universitäten, sie alle haben gern und bereitwillig die ausführenden Arbeiten übernommen.
Auch hier sollte, wenn schon nicht juristisch, dann doch wenigstens aus Anstand gegenüber der Bevölkerung, eine öffentliche Rechtfertigung zum Zwecke der Aufarbeitung eingefordert werden.
Das wird aber, glaube ich, nicht passieren.
Und das ist ein fatales Zeichen für die Zukunft, wenn ohne Rechtfertigung einfach so in einem demokratischen Staate Grundrechte und bürgerliche Freiheiten eingeschränkt werden können.