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  • Mark Obrembalski

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EMRK und Todesstrafe

wolverina schrieb am 26. August 2003 3:07

> Liest man sich dann tatsächlich die Menschenrechtskonvention mal
> durch (z.B. <a href="http://www.uni-potsdam.de/u/mrz/coe/emrk.htm">http://www.uni-potsdam.de/u/mrz/coe/emrk.htm</a>), fällt
> sofort Abschnitt 1 Artikel 2 Absatz 1 ins Auge:
>
> [...]
> "(1) Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt.
> Niemand darf absichtlich getötet werden, außer durch Vollstreckung
> eines Todesurteils, das ein Gericht wegen eines Verbrechens verhängt
> hat, für das die Todesstrafe gesetzlich vorgesehen ist."
> [...]
>
> Örks?
> Todesstrafe? Zulässig? §102 GG ausgehebelt?

Nein, bestimmt nicht. Das heißt nur, dass die Todesstrafe, wo sie als
Strafe vorgesehen ist, nicht als Verstoß gegen die Konvention gilt.
Nichts in der Konvention sagt aus, dass irgend ein Gesetz die
Todesstrafe vorsehen muss.

Die EMRK ist schon etwas älter, und damals war die Todesstrafe auch
noch in vielen europäischen Ländern verbreitet. Frankreich hat sie
z.B. erst 1981 abgeschafft und noch 1977 tatsächlich ein Todesurteil
vollstreckt. Auch die Niederlande haben erst 1982 offiziell die
Todesstrafe abgeschafft, wenn auch schon seit 1952 niemand mehr
hingerichtet worden ist.

Es gibt allerdings ein Zusatzprotokoll zur EMRK, das die Todesstrafe
nur noch in Kriegszeiten zulässt (und natürlich auch nicht
vorschreibt, dass irgendwer sie dafür tatsächlich vorsehen muss):

http://conventions.coe.int/treaty/en/Treaties/Html/114.htm

Ein Abkommen, das die Todesstrafe ohne jede Ausnahme verbietet, gibt
es leider noch nicht.


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