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20 Beiträge seit 24.07.2003

guter Brief

Tante Frieda schrieb am 26. August 2003 13:43
>
> Und zum Artikel von Matthias Hannich.
> Er ist leider sehr schlecht recherchiert und somit voll von krassen
> Irrtümern:

Nun anscheinend zwei Irrtümer, für den kleinen Artikel aber mehr als
genug, ich schäme mich.

> "Wird der Vorschlag, den unter anderem die Business Software Alliance
> (  BSA) eingebracht hat, so werden auf einen Schlag ca. 30000 Patente
> auf Ideen, Algorithmen und Geschäftsmethoden rechtsgültig;"
>
> Diese 30000 sind bereits in der EU gültig und rechtswirksam.
> Der Karteireiter *ist* seit August 2001 rechtsgültiges Patent in der
> EU.
> Der Internetauftritt des Europarlaments wie oben aufgeführt
> *verstösst* gegen dieses Patent, nicht *würde verstossen* wie Hannich
> meint.

Nun das Problem bei der Sache ist, dass es eben nach derzeitigem
Recht wohl nicht rechtskräftig ist, da es gegen 52 EPÜ verstößt.(Und
das scheint wohl auch die bisher allgemeine Auffassung zu sein, sonst
würde man wohl kaum mit dieser Scheinrichtlinie alles explizit
legalisieren.) Da ist es afaik egal, was ein Patentamt dazu sagt. Es
mag sein, dass faktisch das Patent erlassen wurde, gegen europ.
Recht, und sich damit aber niemand vor ein Gericht traute bisher.
Wieviele andere Patentstreite gab es mit Softwarepatenten bisher in
Europa?

> Ausserdem kann und hat die BSA offiziell keine Richtlinie
> eingebracht, sondern vielmehr besteht der begründete Verdacht, dass
> weite Teile der Formulierungen von der BSA vorgegeben und übernommen
> wurden. Eben eine US-amerikanische Institution, europäische
> Interessenverbände wurden wenig bis gar nicht beachtet.
> Viele dieser europäischen Institutionen sprechen sich sehr deutlich
> *gegen* die Vorlage aus.

Sry! Das nehm ich auf meine Kappe. Letztendlich meinte ich das, was
Du/Sie nun ansprachst. Natürlich ist die BSA als solche nicht dazu
ermächtigt, durch ihren Einfluss und ihre finanziellen Mittel schien
es aber des öfteren, dass sie den Vorschlag gemacht hätte.
Das war dumm formuliert von mir.

> Obengenanntes Beispiel Karteireiter ist *keine* echte Erfindung nach
> meiner Überzeugung aus folgenden Gründen:

Da sind wir einer Meinung.

> Das zentrale Problem bei der zur abstimmung stehenden Richtlinie ist
> eben ganz und gar nicht, dass etwas von einem Tag auf den anderen
> legalisiert wird was vorher verboten war, sondern erheblich subtiler
> und komplexer.

Nun, dadurch das der Prozess und die Diskussion in Europa ja auch
nicht erst seit gestern existieren, ist das richtig. Es geht aber
darum, dass bereits jetzt 30.000 Softwarepatente, die schon eine
recht gewaltige Zahl und einen gewaltigen (wenn auch noch längst
nicht ausgeschöpften) Bereich darstellen. Es geht um die
Veranschaulichung, dass prinzipiell ab dann die Patentinhaber von
30.000 swpats Prozesse einleiten könnten(!). Würden sie das jetzt
tun, bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie scheitern. Nach
Verabschiedung der Richtlinie nicht mehr.

> Patente sind eine erprobte und bewährte Methode um Erfindungen vor
> Nachahmern zu schützen unabhängig davon ob dazu ein Computer benötigt
> wird oder nicht. Von daher ist eine entsprechende einheitliche
> europäische Richtlinie zu begrüssen.

Hier ist allerdings der Diskussionspunkt, bis zu welchem Punkt
Patente "Erfindungen vor Nachahmern" schützen sollten. Zwischen "ein
paar Jahre" und "Lebenszeit+60" wird man da auch alles hören können.

> Die vorgelegte Richtlinie ist deshalb krass unausgegoren für
> europäische Verhältnisse. Wissen vermehrt sich derzeit
> explosionsartig, ähnlich dynamisch entwickeln sich neue Technologien,
> deshalb wird ein Versagen der europäischen Patentämter wie in
> obengenannten "Karteireiter-Patent" immer wahrscheinlicher und
> häufiger auftreten, bedingt durch die schlichte Quantität an
> Neuerungen, die von einer Institution allein wohl kaum zu überschauen
> sind.

Aufpassen, dass diese Forderung nicht in "wir brauchen mehr
Patentämter und Experten, um der Lage Herr zu werden" endet, dann
haben wir vielleicht eine handvoll Trivialpatente vermieden, aber
immernoch das Problem, das Softwarepatente die Entwicklung von
Software erschweren...

Allgemein wird es aber schwer fallen auf längere Zeit solche
Richtlinien aus der IT rauszuhalten. Das liegt an der Natur der
Sache, dass Firmen sich hier ansiedeln und Zustände aus der "offline"
Welt in die Computerwelt importieren wollen. Sofern wir nicht auch in
der offline-Welt zumindestens anfangen über Veränderungen
nachzudenken, wird es uns imo nicht mehr lange gelingen, Einsehen zu
erreichen. (Obwohl swpats hier wohl noch mit am günstigsten zu
bewältigen sind.)

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