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  • roko

mehr als 1000 Beiträge seit 10.05.2001

Vergleich Covid-19 vs. Influenza (echte Grippe):

Zuerst: Der Auslöser von Covid-19, das Coronavirus SARS-CoV-2, scheint ähnlich leicht übertragbar bzw. virulent/ansteckend zu sein wie die Grippeviren (https://www.derstandard.de/story/2000114812219/coronavirus-aehnlich-ansteckend-wie-influenza). Aber was passiert dann? Ist Covid-19 tödlicher als die Influenza?

Zur Covid-19-Sterblichkeitsrate (0,9 %) habe ich hier geschrieben und einen Artikel "verlinkt".

Diesem Artikel (https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/erkaeltung/coronavirus-oder-grippe-wie-sich-die-beiden-infektionen-unterscheiden_id_11705660.html) kann man entnehmen, dass in 81 % der Fälle eine Covid-19-Infektion relativ glimpflich verläuft. In 14 % der Fälle zeigen sich schwere Symptome wie z. B. Atemnot und bei 5 % der Infizierten gibt es lebensbedrohliche Auswirkungen. Der prozentuale Anteil hospitalisierter Fälle liegt irgendwo zw. 5 und 14 %.

Da im Focus-Artikel der Virologe Alexander Kekulé mit der Aussage "Das neue Virus ist wesentlich gefährlicher als die Grippe" zitiert wird, die Übertragbarkeit (siehe den Beginn meines Kommentars) sowie die anderen zwei Faktoren (Hospitalisations- und Sterberate) durchaus mit der Influenza vergleichbar sind, wollen wir uns genau anschauen, wo die wesentlich höhere Gefahr genau steckt.

Die Vergleichszahlen für die Hospitalisations- und Sterberaten kommen aus diesem Artikel: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/10/04-10-2019/mild-oder-schlimm-wie-war-die-letzte-grippesaison

Im Grippewinter 2017/18 (also vor zwei Jahren) lag die Hospitalisationsrate bei ca. 17 % (in der vergangenen Grippesaison 2018/19 sogar bei ca. 22 %) oder bei rund 60.000 hospitalisierten Influenzafällen von 334.000 labordiagnostisch bestätigten Influenzafällen. Wie viele davon schwere Symptome hatten, ist leider nicht erwähnt. Kommen wir aber nun zur Sterberate.

Die Aussage "Rund 25.000 Menschen starben 2017/18 nach Schätzungen des RKI an Grippe" ist eine Schätzung des RKI und nicht mit den Zahlen aus China vergleichbar. Auf Seite 2 des Focus-Artikels finden sich dann folgende ca-Zahl ("ca.", da nicht eindeutig feststellbar) für die Saison 2017/18: 1.674 Todesfälle.

In Relation zu den 334.000 labordiagnostisch bestätigten Influenzafällen ergibt das eine Sterberate bei Influenza von 0,5 %. Ähnlich hoch (0,52 %) liegt diese für die Saison 2018/19 (954 Todesfälle von rund 182.000 labordiagnostisch bestätigten Influenzafällen). Da aber diese Zahlen (Erfassung gemäß Infektionsschutzgesetz) eher niedriger als die realen sind, kann man die Zahl der tatsächlichen Influenzafälle und vor allem der daraus resultierenden Todesfälle (Zitat: "Im Gegensatz zu anderen Erkrankungen wird Influenza häufig nicht als Todesursache auf dem Totenschein eingetragen") nur höher schätzen. Allerdings ist es unklar wie viel höher.

Die tatsächliche Sterberate bei Influenza dürfte also etwas höher als 0,5 % liegen und da nähern wir uns der Covid-19-Sterberate von 0,9 %. Die Frage ist jedoch "Wie viel höher als 0,5 % bzw. wie groß ist der Unterschied zu den 0,9 %"? Denn bei einer großen Anzahl Erkrankten sind schon 0,2 Prozentpunkte Unterschied relevant.

Das Hauptproblem bei einer Covid-19-Epidemie dürfte also die absolute Anzahl der Infizierten und der Erkrankten sein. Und da Covid-19 eine deutlich längere Inkubationszeit (14-28 Tage) als Influenza (1-2 Tage) hat, muss man davon ausgehen, dass (noch) gesunde aber mit dem SARS-CoV-2 Infizierte durch mehr Kontakte deutlich mehr Menschen (ca. 14x) anstecken werden als bei den Grippeviren möglich wäre. Im letzten Falle sind die Menschen nach 2 Tagen (in der Regel) Zuhause im Bett, bei SARS-CoV-2 auf dem Karneval.

Jetzt wird es klar, warum die Nichtabsage der Karnevalsumzüge und andere Massenveranstaltungen (ITB in Berlin) ein Fehler war bzw. ist. Die Übertragbarkeit sowie die relativen Werte (Hospitalisations- und Sterberate) sind ähnlich wie bei der Influenza, aber X % von 55 Mio. sind eben mehr als X % von 5 Mio. (5 Mio. Influenza-Fälle sind realistisch wie die Saison 2017/18 mit 5,3 Mio. Influenza-assoziierten Arbeitsunfähigkeiten zeigt, siehe DAZ-Artikel, und ich nehme Faktor 11 als Multiplikator für die SARS-CoV-2-Kontakte an).

Und bei einem angenommenen Unterschied von +0,2 Prozentpunkten bei der Sterblichkeit und einer angenommenen Anzahl von 5 Mio. Infizierten (wie bei der Influenza 2017/18) macht allein das einen Unterschied von 10.000 mehr Todesfällen. Wenn man jetzt auch noch die (unnötig hohe) Anzahl der Mehrinfizierten als bei der Influenza mit 50 Mio. annimmt (11x mehr Übertragungen durch die längere Inkubationszeit), kommen bei einer Sterberate von 0,9 % weitere 450.000 dazu.

Die Zahlen sind zwar extrem, aber bei der eher lockeren Vorgehensweise in Deutschland nicht unrealistisch. Jetzt versteht man, warum die Chinesen so rigoros vorgegangen sind, nachdem sie zuerst die Sache auch eher locker gesehen hatten, und ganze Städte und Regionen abgeriegelt haben.

lg,
roko

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