(ad 1) Mein Punkt ist ja nicht die Frage, ob der Test jetzt wirklich zu viele "false positives" liefert oder nicht und ob das, falls es so ist, überhaupt eine Rolle spielt. Mein Punkt ist, dass er anscheinend (noch) nicht als standardisiertes Diagnostikverfahren zugelassen wurde. Damit fehlt ganz einfach die Beurteilung der Ergebnisse, die der Test liefert, durch eine Zulassungsbehörde. Das muss absolut nicht heißen, dass der Test Schrott ist, um es drastisch zu formulieren, aber eine Beurteilung durch eine Zulassungsbehörde ist halt auch ein wesentlicher Schritt und keine unverbindliche Aussage, die man auch weg lassen kann. So lange diese Zulassung nicht ausgesprochen wurde, ist der Test halt auch nur für die Forschung gedacht und nicht für Standarddiagnostik. Wenn er jetzt, der Not gehorchend, für Standarddiagnostik eingesetzt wird, dann ist das zumindest ein Punkt, den man im Auge behalten muss.
(ad 4) Da möchte ich doch ein bisschen mehr Skepsis ans Herz legen. Die Ergebnisse einer Modellierung sind so gut wie die Parameter, auf denen die Modellierung beruht (neben dem Modell selbst, aber da habe ich wenig Zweifel, dass die Modellersteller ihr Handwerk verstehen). Wenn ein ganz zentraler Parameter, nämlich die tatsächliche Anzahl der Infizierten, so umstritten ist wie es diese Zahl derzeit mangels geeigneter Studien ist, dann können die Ergebnisse der Modellierung, wie man drastisch sagen könnte, auch nur Hausnummern sein. Wissenschaftlich sauber ist es in dieser Situation, wenn man dann mit verschiedenen Werten des Parameters verschiedene Szenarien durchrechnet, die dann auch zu verschiedenen Ergebnissen führen, und dann die Ergebnisse zusammen mit den für sie verwendeten Parametern aufführt. Nur genau das tun aber die Präsidenten in ihrer Empfehlung eben nicht. Sie erklären apodiktisch, dass die Modelle zeigen, dass -- um es flapsig zu formulieren -- alles ganz schlimm werden wird, wenn nicht ... Und das war es dann auch. Als Naturwissenschaftler gehen bei mir alle Warnlampen an, wenn ich mit so einem Verhalten konfrontiert werde, und ich verstehe das nicht als wissenschaftlich fundierte Aussage, sondern als politische Ansage, wozu aber die vier Präsidenten niemand autorisiert hat. In der Konsequenz ist es weder wissenschaftlich noch verfassungsjuristisch in Ordnung, diese Modellierungsergebnisse dann als Begründung für Beschlüsse heran zu ziehen, die massiv in die Grundrechte aller Bürger dieses Landes eingreifen.