Ansicht umschalten
Avatar von Sentinel
  • Sentinel

mehr als 1000 Beiträge seit 08.05.2023

Wenn Laienmedium über ein Fachthema diskutieren will

wird es meist unscharf, oder ziemlich schräg.

Es wird im Kern behauptet, dass etliche Patienten trotz einer klar nicht bestehenden klinischen Indikation intubiert worden seien, damit die behandelnden Ärzte/Krankenhäuser sich daran bereichern können und aufgrund dieser Falschbehandlung etliche Menschen zu Tode gekommen seien.

Um hier ein wenig aus der Verschwörungsschwurbel-Ecke herauszukommen, wäre es wichtig, folgende Fragen zu beleuchten:

1. Woran genau und warum sind die angeblich zu früh intubierten Patienten verstorben und wie ist der angeblich kausale Zusammenhang zwischen deren Tod und der Invasiven Beatmung pathomechanistisch erklärt?
An einer manuell korrekt durchgeführten Intubation stirbt man nicht. Sonst wären ja alle OP-Patienten schon alle längst verstorben.
Insofern muss man hier schon einen plausiblen Mechanismus liefern, wenn man eine Kausalität behauptet.

2. Die Behauptung, dass Patienten, bei denen die klinischen Kriterien für eine Indikation zur invasiven Beatmung nicht erfüllt waren (=keine akute/unnmittelbar bevorstehende Ateminsuffizienz), seien flächendeckend invasiv beatmet worden, weil damit mehr Geld verdient werden konnte, schrammt stark an der Verleumdung/übler Nachrede, solange sie nicht mit entsprechenden glaubhaft belegt wird. Also: weniger jumping to conclusions und mehr rationales Argumentieren, bitte!

3. Aufgrund der gerade zu Beginn der Pandemie oft vorhandenen Triagesituationen, in denen mehr (beatmungspflichtige) Patienten da waren als Beatmungsbetten zur Verfügung standen , sollte man doch meinen, dass die Schwurbeltheorie, wonach man bewusst Patienten über die Wupper habe springen lassen, um sich an deren invasiver Beatmung zu bereichern sich als komplett absurd erweist.

Der Artikel leidet primar daran, dass er unreflektiert und vor allem ungeprüft Behauptungen einzelner Protagonisten kolportiert, ohne selbst auch nur eine basale Sachkenntnis zum Thema zu haben. Auf diese weise fehlt eine kompetente Einordnung in einen sachgerechten Kontext. Vielleicht wurde tatsächlich oftmals zu früh intubiert. Aber das sollen bitte Fachleute beurteilen und nicht eine Postille im Internet, die sonst über politische Randmeinungen debattiert.

Hier ein kleiner Tipp, wenn man über ein medizinisches Thema schreiben will:

1. Erst mal mit den entsprechenden Fachgesellschaften Kontakt aufnehmen und sich eine Stellungnahme zu den diversen Fragen, die man hat, geben lassen.
2. Dann gerne eine oder mehrere Zweitmeinungen einholen, z.B. bei Fachgesellschaften im Ausland (wenn man kein Englisch spricht, kann man auch in der Schweiz oder Österreich anfragen).
3. Man kann sogar bei der WHO anfragen.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten