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  • ronin2

43 Beiträge seit 29.04.2002

Gewalt ist keine Lösung, Nicht-Gewalt auch nicht

Die Ge-Mobbten könnten ja lernen, Waffen zu gebrauchen und ähnliches!

Tatsächlich erscheint das für manche Mobbing-Opfer der einzige Ausweg: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Gewaltexzessen_an_Schulen
Leider führt das fast nie dazu, dass Mobbing in den Fokus der öffentlichen Diskussion kommt. Der blindwütige Aktionismus, der dann immer ausbricht, dreht sich immer nur um Waffenrecht und Killerspiele.

Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass Kapitalismus und wirtschaftliche Effizienz nicht Kern des Problems sind.

Captain Data hat zwar recht damit, dass Mobbing immer einen Ansatzpunkt braucht, der normalerweise in irgend einer Schwäche besteht. Aber das ist nicht die Motivation für das Mobbing, das erleichtert es nur.

Die Frage ist: Worin liegt die Motivation?

Das variiert wohl von Täter zu Täter; manche wollen wohl ihre eigene Unsicherheit kompensieren, indem sie andere unterdrücken. Andere wiederum sind besonders selbstbewusst und wollen zeigen, dass sie es nicht nötig haben, sich an Regeln zu halten. Wieder andere haben wohl einfach nur eine sadistische Ader.

Personen, die wegen einer körperlichen (z.B. Übergewicht) oder seelischen (z.B. Schüchternheit) Schwäche sind die leichtesten Opfer, da sie keine Sympathie von anderen erwarten können, die in eine allgemeine Gegenreaktion gegen den Täter umschlagen könnte. Anders gesagt: Wer einen ohnehin unbeliebten Schüler verprügelt, macht sich damit selbst nicht unbeliebt, eher im Gegenteil.

Auch mir hat mein Vater damals geraten, einfach immer sofort zuzuschlagen, wenn mir einer blöd kommt; zwar würde ich als körperlich Unterlegener bei der anschließenden Prügelei natürlich den Kürzeren ziehen, aber wenn ich das oft genug machen würde, hätte ich mir irgendwann schon Respekt verschafft und die Angriffe würden aufhören. Problem gelöst, Thema erledigt.

Meiner Einschätzung nach stimmt das aber nicht. Denn die Blamage, von einem Schwachmaten wie mir geschlagen zu werden, hätten die Rabauken sicher nicht auf sich sitzen lassen und es mir bei Gelegenheit 10-fach heimgezahlt.
Außerdem sah ich die Gefahr, dass der von mir Geschlagene dann seinerseits schnurstracks zum Direktor rennt und ich dann derjenige bin, der als Gewalttäter dasteht und bestraft wird. Zwar heißt die Regel, dass man andere Schüler nicht bei den Lehrern verpetzt, aber darauf, dass das auch für beliebte Schüler wie die Mobber gilt, und nicht nur für unbeliebte wie mich, konnte ich mich nicht verlassen. Ebensowenig wie darauf, dass die Lehrer auch in dem Fall wegschauen würden, so wie sie es immer taten, wenn ich das Opfer war.

Einmal habe ich erlebt, dass jemand ein anderes Mobbingopfer in Anwesenheit einer Lehrerin aus heiterem Himmel ins Gesicht schlug. Der Geschlagen schlug sofort zurück, woraufhin die Lehrerin beiden einen Verweis erteilte. Die Umstände oder wer angefangen hatte, war ihr egal, sie wollte nur, das Ruhe herrscht.

Das Problem am Mobbing ist die Ausweglosigkeit: Ob man nun mit Beschwerden bei Lehrern oder Vorgesetzten oder mit Gewalt reagiert, ist egal - man macht es durch beides nur noch schlimmer.
Und von sich aus greifen Lehrer und Vorgesetzte auch nicht ein, sondern ignorieren das Problem bewusst und demonstrativ (nach meiner Erfahrung). Selbst wenn am Ende ein Gewaltexzess wie ein Amoklauf steht, fragt niemand, was den Täter so zur Verzweiflung getrieben hat, dass er sich auf einen Rachefeldzug begibt, der bewusst auf den eigenen Tod am Ende ausgelegt ist. Stattdessen werden ebenso kreative wie falsche Erklärungen erfunden wie das "liberale" Waffenrecht oder Gewalt in den Medien, um nur die eigentliche Ursache nicht sehen zu müssen.

Meiner Ansicht nach ist das Problem Mobbing in den letzten 15 oder 20 Jahren nicht besser oder schlimmer geworden; dass jetzt um das "Cybermobbing" so ein Aufhebens gemacht wird, liegt nur daran, dass es ein willkommener Anlass ist, um gegen das böse Internet wettern zu können. Das eigentliche Problem wird aber von der Mehrheit der Gesellschaft damals wie heute beharrlich ignoriert.
Über eine rein theoretische Diskussion des Problems sind wir noch nicht hinausgekommen, aber immerhin - meiner Erinnerung nach gab es vor 20 Jahren nicht mal das.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (30.09.2014 08:38).

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