morgen Stern schrieb am 04.03.2021 13:26:
KarierterHut schrieb am 04.03.2021 09:41:
Und was ist der Hintergrund? Warum wird das gezahlt?
...
Soweit kann ich das grob ohne Recherche sagen, zu Einzelheiten müsste ich auch recherchieren.
Danke für die Info. Wenn Sie mehr Infos haben währe ich interessiert.
Ich habe lediglich gesagt dass ich trotz der Absenkung des Niveaus keine Umverteilung von unten nach oben sondern von der Mitte nach unten (und nach ganz oben) sehe.
Was höflicher formuliert auf das Gleiche hinausläuft.
Nein. Das habe ich doch schon erläutert. Was Sie as "unten" bezeichnen ist keine homogene Menge sondern es sind völlig unterschiedliche Schichten mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Interessen. wenn Sie dies berücksichtigen lösen sich einige Ihrer Argumente in Luft auf.
In b) würde ich den Gemeinschaftsbegriff spezifizieren wollen: Gemeinschaft der Sozialversicherten, nicht etwa die Bevölkerung, weil Beamte und Soldaten nicht dazugehören und Gutsituierte nur, wenn sie das möchten
Sie haben mich danach gefragt was ich unter Solidarprinzip verstehe. Diese Frage habe ich Ihnen in Form einer allgemeinen Definition beantwortet. Die gegenwärtigen Zustände entsprechen meinen Vorstellungen nicht. Ich werte Ihren Einwurf ebenfalls als Kritik an den aktuellen Zuständen, nicht aber an meiner Definition.
Und da auch Beamte und Gutsituierte Steuern zahlen und ein großer Teil der Sozialausgaben durch Steuern finanziert wird gehören die auch dazu.
Zu c) würde ich darauf hinweisen wollen, dass das, was im konservativen und liberalen Diskurs Eigenverantwortung heißt, bei Marx im Zweifelsfall "doppelt freie Lohnarbeit" und "Ausbeutung" genannt wird. Im Extremfall läuft das Konzept von Eigenverantwortung sehr direkt auf eine zivilisiert-verschleierte Form von Sklaverei hinaus.
Auch das ist eine Frage der Definition. Kann ja sein dass die konservative Auslegung des Begriffs so ist wie Sie schreiben. Für mich bedeutet Eigenverantwortung jedoch dass jedes Mitglied der Gesellschaft seien Fähigkeiten und Fertigkeiten bestmöglich entwickelt und zum Nutzen der Gesellschft einsetzt. In dieser Frage stimme ich weitgehend mit einem Halbsatz eines sozialistischen Leitspruchs überein: "Jeder nach seinen Fähigkleiten..:"
Zu d) würde ich darauf hinweisen, dass nicht die Gemeinschaft der Sozialversicherten die zentralen Regeln festlegt, sondern vor allem der Bundestag und durchaus auch gewichtig das BVerfG. Das ist nicht annähernd dasselbe.
Wenn man als Gemeinschaft alle Staatsbürger betrachtet dann ist das Festlegen der Regeln durch den Bundestag ok. Ihre willkürliche Beschränkung der Gemeinschaft auf die Sozialversicherten ist sachlich nicht korrekt da große Teile der Sozialausgaben durch Steuermittel finanziert werden die durchaus auch von Menschen gezahlt werden die keine Sozialversicherungsbeiträge entrichten.
Es ist aber unbenommen dass die Erhebung von Sozialbeiträgen im Moment stark verbesserungsbedürftig ist. Auch ich finde dass alle einzahlen sollten. Wodurch dann aber auch alle Ansprüche hätten.
Daraus ergibt sich nämlich, dass die Einnahmenseite der Sozialversicherungen in keiner vernünftigen Beziehung zur Ausgabenseite stehen kann
Hier gehen Sie in die Irre. Zu den Sozialausgaben gehören wesentlich mehr Dinge als die, für die Sozialversicherungsbeiträge erhoben werden. Nur weil bei beiden "Sozial" im Namen auftaucht sind die nicht vergleichbar. Ein großer Teil der Sozialausgaben wird nicht durch die Sozialversicherung finanziert sondern durch allgemeine Steuern.
Daran hängt nämlich die Bewertung, ob wir eher von Umverteilung nach unten oder nach oben sprechen können/wollen.
Nein. Diese Bewertung hängt nur davon ab wer Netto-Zahler und wer Netto-Empfänger ist.
Ich empfehle eher dies Grafik in diesem Beitrag:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/577242/umfrage/einkommensteuer-beitrag-der-steuerpflichtigen-zum-gesamten-steueraufkommen-in-deutschland-nach-gruppen/
Ich gehe aber mal davon aus, dass das Diagramm ähnlich aussieht wie das in https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61772/einkommensteueranteile
Das passt jedenfalls zumindest grob ebenfalls zu deinen zusammenfassenden Angaben von wegen 95 % und 2/3.
Das bestreite ich auch nicht, weshalb ich nicht sehe, was wir daran diskutieren wollen.
Schön dass wir beide die Fakten anerkennen.
Ich sehe daran vor allem, wie ungleich das Einkommen in der Gesellschaft verteilt ist.
Ja, das ist nun mal so. Ich finde das im Großen und Ganzen ok. Und wie die Statistik zeigt tragen die starken Schultern die größte Last. Das ist doch das was Sie wollten, oder nicht? Oder wollen Sie starken Schultern noch stärker belasten?
Was denn ja auch der Hintergrund dafür ist, warum es eben kein vernünftiges Steuer-Sozialversicherungssystem gibt, ...
Jetzt weden Sie polemisch.
Ansonsten macht das Diagramm höchstens klar, dass wir uns nicht darin einig sind, was denn ein faires Finanzierungsverfahren für Staat und Sozialversicherungen wäre.
Wieso macht ein Diagramm klar dass wir uns nicht einig sind?
Das "müsste" bezog sich auf die Unterstellung, dass du "die Voraussetzung teilst, dass eine Progression im Steuer-Sozialversicherungssystem
Zunächst mal, das Sozialversicherungssystem ist keine Steuer sondern eine Versicherung. Dass die Versicherungsbeiträge prozentual vom Einkommen abhängen und nicht für alle gleich sind oder sich am Risiko des Versicherten bemessen (wie z.B. bei der Autoversicherung) ist bereits ein Zugeständnis an die einkommensschwachen Schichten. Problematisch finde ich aber die Beitragsbemessungsgrenzen. Die gehören aufgehoben.
angemessen wäre, starke Schultern auch prozentual stärker die Lasten tragen sollten."
Dieses Prinzip wird bei der Einkomensteuer angewendet. Dort finde ich es auch ok, denn ich bin sehr dafür das Einkommen zu deckeln und das entstehen supergroßer Vermögen zu verhindern. Allerdings nicht aus sozialen Gründen sondern weil extrem große vermögen auch extrem große Macht bedeuten und somit die Demokratie gefährden.
Weil ich dich als offen für Argumente wahrnehme, interessiert mich an unserer Diskussion vor allem, inwieweit wir denn einen Konsens finden können - und inwieweit nicht.
Wie oben erwähnt finde ich eine Progression bei der Sozialversicherung nicht nötig.
Du ignorierst aber erstmal, dass es keine durchgängige Progression gibt, sondern nur Teilabschnitte mit Progression und ansonsten eine Menge Degression.
Die vermeintliche Degression kommt durch die Beitragsbemessungsgrenzen zu Stande. Für einen Teil des Einkmmens müssen dann keine Beiträge mehr gezahlt werden. Der Betreffende bekommt dan aber später auch nur Leistungen entsprechend seiner Beiträge.
Die "Degession" bedeutet ja nicht dass er weniger zahlt sondern nur dass er nicht noch mehr zahlt. Daher finde ich den Begriff problematisch.
Das ist nichts anderes als Degression. Würden wir es so aufziehen, würde die Degression vermutlich etwa bereits ab 4.500 Euro sichtbar werden.
"Degression" bedeutet hier ein sinken des prozentualen Anteils. Es bedeutet nicht das der absolute Betrag sinkt.
Progression unten, Degression oben: Deshalb sagte ist, dass es eine Umverteilung nach oben gibt.
Das ist jetzt eine sehr merkwürdige Mathematik. Der "oben" zahlt mehr als der "unten". Wieso kommen Sie darauf dass dies eine Umverteilung von unten nach oben ist?
Denn diese Umverteilung findet ja z. B. auch über die Umsatzsteuer oder die Kapitalertragssteuer statt.
Echt jetzt? Wer wenig Umsatzsteuer oder die Kapitalertragssteuer zahlt der finaziert damit diejenigen die vie lSteuern zaheln?
Wenn du aber selbstverständlich nicht die Voraussetzung teilst, dass wir eine Progression haben sollten,
Im Sozialversicherungsbereich lehne ich eine Progression des Beitragssatzes ab, im Bereich der Einkommens- und Ertragssteuern befürworte ich sie.
müssten wir uns erst einmal darüber verständigen, auf welche Prinzipien hinsichtlich Fairness des Steuer-Sozialversicherungssystems wir uns denn eigentlich verständigen könnten.
Bezüglich Renten- und Krankenvesicherung ein einheitlicher Prozentsatz mit einem Freibetrag (gekoppelt an das Median-Einkommen).
GKV-Pflicht für alle, aber individuell PKV-Zusatzversicherung möglich.
Darüber hinaus in der Krankenversicherung Honorierung von Eigenverantwortung (Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen, Impfstatus, ...) sowie Sanktionierung in Form von Zuschlägen bei verantwortungslosem Handeln oder selbst verschuldeten Problemen (Rauchen, Drogen, Alkohol, Unfälle bei Extremsportarten). Also ähnlich wie in der Autoversicherung.