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  • dr.cheeba

mehr als 1000 Beiträge seit 08.07.2002

Konstruktive Vorschläge

Meine Entgegnung sollte natürlich nur ein Dämpfer sein für Leute, die
die Bösen dasselbe Leid wünschen, dessen Verursachung sie ihnen
wiederum vorwerfen.

Aber man kann sich durchaus auch den technischen Fortschritt für die
Lösung der angesprochenen Probleme zunutze machen.

Vorausgesetzt sei, daß die Menschenrechte und darauf aufbauende
Grundgesetze und Gesetze sich dialektisch für jeden einleuchtend
rechtfertigen lassen. Nun also die Frage, wie läßt sich deren
Einhaltung absichern?

Verantwortlichkeiten und Befehlsketten müssen jedem Bürger
vollständig transparent sein. Das kann so weit gehen, daß es z. B.
keine isolierten Fraktionssitzungen mehr geben darf. Jeder Bürger muß
immer die Möglichkeit haben, unmittelbar Zeuge von jeder Abmachung zu
werden, die in der politischen Entscheidungsfindung erfolgt. Das
heißt, auch auf die Presse darf der Bürger nicht angewiesen sein. Das
heißt, nicht wie gegenwärtig mit Frage- und Antwort-Spielchen auf
einer Pressekonferenz, zu der also nur Pressevertreter zutritt haben,
sondern das Ganze erweitert auf eine wirklich öffentliche
Veranstaltung. Unter Umständen muß so etwas sogar architektonisch
berücksichtigt werden bei Gebäuden, die vom Staatswesen gebraucht
werden. Aus sachlichen Gründen zu rechtfertigende begrenzte
Ausnahmeregelungen für bestimmte Bereiche der Polizei, des Militärs,
der Geheimdienste und der Justiz muß es natürlich auch geben.

Auf diese Weise läßt sich schon einmal gut Korruption auf politischer
Ebene stark erschweren. Auf wirtschaftlicher bzw. finanzieller Ebene
könnte man ähnliche Maßnahmen ergreifen, indem etwa Kontos,
Wertpapiertransaktionen etc. ab einer bestimmten Höhe öffentlich
stattfinden. Wer also durch persönlichen Reichtum eine wenn auch
nicht institutionelle, so doch finanzielle Macht besitzt, ist also
für jeden einsehbar, ebenso dessen entsprechende Handlungen. Völlig
gerecht, denn damit beeinflußt derjenige ja die Welt über seinen
persönlichen Bereich hinaus, in einem Maße, der deutlich über den
grundlegenden Bedürfnissen eines Menschen liegt - also sollen die
Betroffenen ruhig auch erfahren, wer für das Treiben verantwortlich
ist. Betrug und Steuerhinterziehungen sind damit auch in großem
Maßstab nicht mehr so leicht möglich.

Ich glaube, daß sich all dies ganz rational rechtfertigen läßt. Wer
sich solchen Maßnahmen nicht beugen will, müßte eigentlich unlautere
Absichten hegen. Zugegeben, hier wird ein gewisser sozialistischer
Gedankengang zugrundegelegt, insofern als daß Gemeinnutz über
Eigennutz gestellt wird. Aber wenn ein Staat mehr sein soll als eine
besonders gut organisierte Ausbeuterbande, dann ist diese Grundlage
eigentlich logisch. Unser Ziel soll ja Wohlstand und Frieden für alle
sein (so gut wie möglich, und zwar nicht nur für Angehörige der
eigenen Nation bzw. verbündeter Nationen oder gar nur der
selbsternannten Elite dieser Nationen).

Nun zu der eigentlich hier aufgetauchten Frage, was mit Leuten
anzustellen ist, die sich dieser Ordnung nicht unterwerfen wollen. In
den USA, der Heimat der Menschenrechte, ist paradoxerweise immer noch
der Brauch recht verbreitet, Menschen zu töten, wenn sie sich nicht
an das Verbot halten wollten, Menschen zu töten. Die Prämisse scheint
also zu sein, daß die Beschneidung eines Menschenrechts nur dann
nicht gerechtfertigt ist, wenn sie von nichtstaatlicher Seite
geschieht, der Staat (dessen Organisation letztlich ja auch nur von
Menschen ausgeübt wird) komischerweise dagegen schon. Die Todesstrafe
ist nun natürlich eine sehr fundamentale Bestrafung. Man raubt dem
betreffenden Menschen wirklich alles, was er hat, man vernichtet ihn
vollständig. Aber auch eine Gefängnisstrafe ist Raub, nämlich
Freiheitsberaubung (nur eben legalisiert). Sofern sie nicht
lebenslänglich ausfällt, ist auch nicht unbedingt eine Besserung der
Situation für die Gesellschaft garantiert, oft wird die kriminelle
Laufbahn des Straftäters durch Gefängnisaufenthalte sogar noch
befördert. Bei alledem steht also nicht der Ausgleich für den
verurteilten Schaden im Vordergrund, sondern eine letztlich
irrationale Sühneideologie. Das Mordopfer wird durch die Exekution
des vermuteten Täters bzw. dessen Einsperrung genausowenig lebendig
wie sich Probleme dadurch lösen lassen, daß man einen Sündenbock
zeremoniell in die Wüste schickt.

Die eingangs angesprochene moderne Technik gestattet aber eine
lückenlose Überwachung von verurteilten Straftätern. Das Einsperren
oder Töten von Straftätern ließe sich ja noch insofern einigermaßen
begründen, als daß dadurch die Gesellschaft vor möglichen weiteren
Straftaten der Betreffenden geschützt werden kann. Das wäre aber auch
mit elektronischen Fesseln möglich, die per Fernsteuerung
Lähmungsinjektionen verabreichen können. Hört sich zwar
abenteuerlich, weil fremd, an, dürfte aber heutzutage unschwer zu
realisieren sein, wenn Handynetze mit Bildübertragung und dergleichen
bereits existieren und florieren. Zudem ist es auch viel billiger,
jemandem einfach zum Tragen einer solchen Fessel zu verpflichten, als
ihn jahrelang auf Staatskosten in einem Gefängnis zu verpflegen und
zu bewachen.

Übrigens könnte man hohe politische Amtsträger ohne weiteres zum
Tragen einer ähnlichen Einrichtung verpflichten (die
Lähmungsinjektion könnte man wohl weglassen). Dann wäre auch, quasi
als Ausgleich für die vorübergehend, während der Amtszeit, entbehrte
Privatsphäre die relativ hohe Bezahlung eher gerechtfertigt (die Höhe
der Abgeordnetendiäten wird ja oft damit erklärt, es solle so die
Bestechbarkeit der entsprechenden Personen verringert werden - die
"Verwanzung" wäre zu diesem Zweck noch viel sicherer). Die
Überwachung muß unter gewissen Umständen wiederum von der
Allgemeinheit überwacht werden können. Also wie eine Stasi im
Glashaus.

Der Normalbürger dagegen kann sich in einem solchen Szenario noch
viel berechtigter jegliche Routineüberwachung verbitten (und die
Einhaltung dieses Verbots auch besser kontrollieren), denn durch die
Offenlegung der staatlichen Amtsgeschäfte sowie der wesentlichen
wirtschaftlichen Finanzströme gibt es keinen Grund mehr, zum Zwecke
der Verbrechensbekämpfung Stichproben aus der allgemeinen Menge zu
nehmen (also eine etwas andere Linie, als von den
Datenspeicherungsrichtlinien der EU anpeilt wird).
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