Ich gehe mal davon aus, dass folgende Ziele weitgehend konsensfähig sind:
* Russland soll sich aus der Ukraine komplett zurückziehen
* Der Krieg soll sich nicht ausweiten
* Russland soll keine Mittel mehr haben, die Ukraine (oder andere Staaten) jemals
wieder anzugreifen
* Das Sterben und die massiven Zerstörungen sollen aufhören
* Eine nukleare Eskalation soll verhindert werden
* Russland soll zur Verantwortung gezogen werden
Habe ich noch was vergessen?
Wie auch immer, mit ein wenig Nachdenken muss klar sein, dass sich nicht alle Ziele erreichen lassen. Ein "nachhaltiger" Frieden zusammen mit einer komplett befreiten Ukraine geht nur, wenn Russland militärisch besiegt wird. Dies würde den Kriegseintritt der NATO erfordern, sei es durch die direkte Teilnahme am Krieg (was die erheblich schnellere und unterm Strich vermutlich sogar schonendere Lösung wäre) oder durch eine massive Intensivierung der Waffenlieferungen, die die NATO zwar nicht unbedingt formaljuristisch-völkerrechtlich zur Kriegspartei machen würden, in den Augen Russlands - und die sind entscheidend im Hinblick auf weitere Eskalation! - hingegen schon.
Doch dann würde der Westen die Ukraine und auch sich selbst dem Risiko einer nuklearen Eskalation aussetzen. Weshalb er ja auch seit einem Jahr nur so viel Militärhilfe leistet, dass die Ratte sich nicht allzusehr in die Enge getrieben fühlt. Mit dem Ergebnis, dass ein ewiger Abnutzungskrieg stattfindet, der täglich ein Paarhundert Opfer verlangt und immer mehr Zerstörungen produziert. Und immer mit der Möglichkeit, dass die Ratte sich irgendwann doch so sehr in die Enge getrieben fühlt, dass sie blindwütig um sich beißt.
Da hilft alles nichts: Man muss anerkennen, das sich nicht alle Ziele erreichen lassen, man muss also priorisieren. Für meinen Geschmack stehen dabei ganz oben auf der Liste: keine Ausweitung des Krieges, bloß keine atomare Eskalation, um Gottes Willen, und ein Ende der Kampfhandlungen. Das läuft auf einen Verhandlungsfrieden hinaus, bei der die Ukraine ungerechterweise Federn wird lassen müssen. Empörend - ich weiß. Aber die Alternativen sind noch schlimmer, erheblich schlimmer. Es gibt einfach keine guten Lösungen; wer das nicht akzeptiert, macht sich was vor.