Ich glaube, dass die journalistische Veränderung an mehreren Stellen gleichzeitig stattfindet.
- Noch vor 30 Jahren gab es das Internet in seiner heutigen Form nicht, d.h. die Journalisten waren nicht nur das Fenster zu den Informationen der politischen Welt, sie waren sogar das einzige Fenster. Das war auch die Grundlage für journalistische Ethik und Standards und Journalismuskritik unter den Journalisten selbst (der TP Artikel zeigt, dass es die zumindest auf TP noch gibt)
- Ich hatte die Vergesellschaftung von Informationen über das Internet lange als Chance für die Demokratie gesehen, basisdemokratische Elemente technisch zu ermöglichen.
Das Gegenteil ist eingetreten, Plattformen wie Twitter usw. haben nicht die Demokratie befördert, sondern die Sonderlinge an den Stammtischen der Republik haben sich großflächig vereinigt und bestimmen zunehmend den Diskurs, den sich Journalisten nicht entziehen können. Diese werden zum Teil dieses Spiels und sind Mitspieler, keine Schiedsrichter
Mein Verdacht ist, dass Journalisten zu Influencern in diesem Plattformdickicht geworden sind. Jedenfalls viele Journalisten. Ein Like ist zur Währung geworden, während die Beschäftigung von Freiberuflern u.a. beim angesprochenen Spiegel die ehemalige wichtige Währung Geld für den Unterhalt schwinden lässt und damit vermutlich das Berufsethos.
- Politik selbst hat sich verändert. Die feministisch-wertegeleitete Politik unserer Außenministerin ist ja kein Grünenprojekt, sondern ein Elitenprojekt, das glaubt, die Welt wird sich schon in die richtige Richtung bewegen, wenn man nur die richtige Haltung propagiert und durchsetzt.
Wolf Biermann hat damals bereits das Problem des real existierenden Kommunismus benannt, nämlich dass die Kommunisten den Rest zu guten Menschen notfalls zwangsumerziehen wollen, das ist Teil der eigenen Ideologie.
Diese Vorstellung der Umerziehung klappt aber auch bei nichtkommunistischen Vereinigungen und ist sogar zum Trend einer ganzen Elite geworden. Der Begriff Gutmensch ist ja nicht deshalb kritisch, weil Menschen etwas gutes tun wollen, sondern weil sie es anderen verordnen, ebenfalls gut zu werden, ob sie wollen oder nicht.
Einige Journalisten sind zu Missionaren in diesem Sinne geworden. Nicht die Atlantikbrücke bestimmt das Handeln, sondern das Gutmenschentum.
usw.usw.