VoltaireJunior schrieb am 26. Januar 2006 14:50
> Das ist Blödsinn! Diebstahl ist ja wohl keine Rache (er schädigt
> andere auch) und Hass auf einen Menschen besagt nicht, daß dieser
> Mensch dem Hassenden etwas getan haben muß.
Hä??? Aus der Aussage, daß Rache darauf abzielt, jemanden zu
schädigen, folgt bei dir, daß jede Schädigung eines anderen aus Rache
motiviert ist? Und daraus, daß Rache durch Haß motiviert ist, daß
jeder Haß in Rache münden muß? Denk doch da nochmal drüber nach.
> > Vergeltung dagegen hängt mit der Frage zusammen, wie man eine
> > Rechtsordnung aufrecht erhält.
>
> Eben nicht! Die Rechtsordnung wird durch Vergeltung nicht
> aufrechterhalten, sondern eher noch gefährdet. Ein Staat, der jedem
> Bürger mit Vergeltung droht, der seine Gesetze nicht einhält, ist
> kein Rechtsstaat, sondern eine Diktatur.
Ein Staat, dem es wurscht ist, ob seine Bürger sich an die Gesetze
halten, ist gar kein Staat. Der Staat muß also was tun. Du nennst das
Strafe oder Sanktion. Okay, dazu kommen wir unten.
> > Es gibt das Gebot, die Regel, die
> > verbindliche Konvention, nicht zu töten. Wenn sich jemand darüber
> > hinwegsetzt und trotzdem tötet, ist das Gebot beschädigt, seine
> > Verbindlichkeit in Frage gestellt.
>
> Keineswegs! Das Gebot ist davon überhaupt nicht beschädigt noch im
> mindesten gefährdet in seinem Bestand. Seine Verbindlichkeit besteht
> nach wie vor.
Worin besteht sie denn konkret? In den Worten "das darfst du aber
nicht", die ohne Folgen bleiben? Die Geltung von Normen besteht in
dem, was Menschen tun und lassen, im _Handeln_.
> Sonst würde ja ein einzelner Mensch in der Lage sein,
> mit einem Mord den ganzen Rechtsstaat zu stürzen. Das ist
> offensichtlich aber nicht der Fall.
Nicht? Wenn öffentlich bekannt ist, der und der hat einen Mord
begangen und der Staat schert sich nicht weiter darum, derjenige
bleibt unbehelligt? Wie lange dauert es, bis dann der nächste kommt
und der übernächste usw... na klar würde das den Rechtsstaat
aushöhlen. Von einem Rechtsstaat könnte ja schon gar keine Rede mehr
sein, wenn der Staat sich um einen Mord nicht schert.
> Und es gäbe nach Deiner tollen Theorie im Rechtsstaat dann auch keinen Unterschied, ob jemand im
> Affekt, in Notwehr oder aus niedrigen Beweggründen getötet hat. Denn
> in allen drei Fällen ist das Gebot, die Regel, die verbindliche
> Konvention verletzt.
Das stimmt nicht, diese Differenzierungen der Rechtsprechung decken
sich mit meiner tollen Theorie, denn durch eine Tötung aus Notwehr
ist das Tötungstabu in weitaus geringerem Maße verletzt als wenn
einer sagt, mich kümmert es nicht, ein Menschenleben ist mir nichts
wert. Ergo im letzteren Fall auch die schärfere Sanktion.
> Dann wäre also der Rechtsstaat nichts anderes,
> als ein Staat, der das Straf-Gesetz lediglich als Vergeltung
> betrachtet, also als Rache von Staats wegen.
Den Unterschied Rache / Vergeltung habe ich ja bereits zu erklären
versucht. Auf eine Person zielende Aggression versus
Aufrechterhaltung der Rechtsordnung _ohne_ Ansehen der Person.
> > Vergeltung dient dazu, die
> > unbedingte Gültigkeit der Rechtsordnung wiederherzustellen und zu
> > bekräftigen.
>
> Dummes Zeug! Siehe oben!
Ja, siehe oben.
> Wo Unrecht lediglich vergolten wird, wird das Recht selbst zum
> Unrecht. Damit der Unterschied zwischen Recht und Unrecht nicht
> verschwimmt, genau dafür gibt es das Gesetz!
Und wieder, was ist das Gesetz? Tintenkleckse auf Papier? Es geht
doch um die Praxis, um Normen _und Sanktionen_. Ohne Sanktionen
verschwimmen die Normen. Ganz einfach.
> Vergeltung, also Rache
> von Staats wegen, stellt sich hier lediglich über das Gesetz. Ein
> Staat aber, welcher sich über das Gesetz stellt, ist kein Rechtsstaat
> mehr, sondern eine Tyrannis.
Das ist doch jetzt Quatsch, der Staat übt ja nicht Vergeltung je nach
Tageslaune des Zuständigen, sondern so wie das Gesetz es vorschreibt.
Er stellt sich also nicht über das Gesetz, sondern wendet es an und
setzt es durch.
> Strafe und Vergeltung (bzw. Rache) - das ist ein großer Unterschied!
> Strafe ist das Mittel, Recht und Gesetz zu sanktionieren, d.h. es ist
> eine Vollzugsmaßnahme des Gesetzes, welche auch notfalls je nach
> Schwere des Gesetzesbruchs eine Zwangsmaßnahme im Rechtsstaat sein
> kann, welche geeignet sein muß, dem Übertreter des Gesetzes die
> Möglichkeit zu geben, sich fürderhin dem Gesetz unterzuordnen, das
> für alle gilt. Tut der zu Bestrafende das nicht, oder bildet die
> Übertretung eine Gefahr für die Gesellschaft, so hat der Rechtsstaat
> das Recht, den Übertreter des Rechts von der übrigen Gesellschaft zu
> separieren, ihn also ins Gefängnis zu stecken.
Vergeltung ist ein Element von Strafe oder Sanktion neben z.B. dem
Ziel der Resozialisierung. (Wenn man übrigens bei Wikipedia nach
"Vergeltung" sucht, wird man auf "soziale Sanktion" weitergeleitet.)
> Der Rechtsstaat hat aber eben nicht das Recht zu töten, weil er sonst
> eben genau die von Dir erwähnte verbindliche Konvention, nicht zu
> töten, verletzen würde. Der Rechtsstaat ist Ausdruck des Willens
> aller seiner Bürger und folglich untersteht er genau wie diese, dem
> gleichen Gesetz und muß das Gebot, die Regel und die verbindliche
> Konvention, nicht zu töten, genauso einhalten, wie jeder seiner
> Bürger auch.
Ich habe nie für die Todesstrafe plädiert und würde das auch nie tun,
weil ich entschieden dagegen bin.
> Das Gesetz ist sozusagen der Vertrag, welchen alle
> Bürger untereinander schließen. Und als gültiger Vertrag muß er, wie
> alle Verträge, eine Nichterfüllugsklausel enthalten (das wäre dann in
> diesem Falle die Sanktionierung durch das Strafgesetzbuch). Erst wenn
> der Staat diese verbindliche Konvention selbst in Frage stellt, weil
> sein Regierungsapparat (bestehend aus Legislative, Judicative und
> Executive) durch den Mißbrauch seiner Macht dann überhaupt erst in
> der Lage wäre, das Gebot selbst über den Weg der Zerstörung der
> Allgemeingültigkeit des Rechts für alle (also auch für ihn) zu
> zerstören, im Gegensatz zum einzelnen Bürger, wird aus dem Recht
> wirkliches Unrecht und somit ein Vertragsbruch. Ein Verbrecher, also
> ein einzelner Bürger, kann dagegen zwar gegen das Recht verstoßen,
> aber er kann aus dem Recht kein Unrecht machen, weil er nicht in der
> Lage ist, damit den Gesellschaftsvertrag, der ja dennoch zwischen dem
> Staat und Millionen andere Bürger bestehen bleibt, infrage zu
> stellen. Wenn Du z. Bsp. Deine Kreditraten nicht bezahlst, dann
> stellst Du ja damit auch nicht sämtliche Kreditverträge sämtlicher
> Banken im Staat infrage, sondern nur Deine eigene persönliche
> Verpflichtung daraus.
Nochmal - wenn ich damit durchkomme, also wenn man mich sanktionieren
könnte, es aber nicht tut, doch, dann stellt das langfristig die
Geltung aller Kreditverträge in Frage, weil ich dann nicht der
einzige bleiben werde, der sich so verhält.
> Aus Recht Unrecht werden lassen kann nur ein
> Staat, welcher eine Tyrannis ist (und das sind alle Staaten, welche
> die Todesstrafe praktizieren).
Naja, damit wären die USA eine Tyrannis. Da würde ich mich eher zu
der Einsicht durchringen, daß das, was wir Demokratien nennen, auch
so seine Probleme hat.
> Der Rechtsstaat als Subjekt hat dieselben Rechte und Pflichten, wie
> seine Bürger.
Hä? Darf ich dich also zu einem Jahr Haft in meinem Keller
verurteilen, wenn du mir was klaust?
> Nimmt er sich aber das Recht heraus, zu vergelten, sich
> zu rächen und zu töten, dann haben die Bürger das Recht auf
> Widerstand gegen diesen Staat, weil er das Recht bricht, indem er
> sich über es und damit über seine Bürger stellt - also die für alle
> verbindliche Konvention bricht!
Das stimmt doch schon wieder nicht... wie gesagt kann der Staat dich
auch einsperren, während die Leute sich gegenseitig nicht einsperren
dürfen, und er legitimiert das mit dem Gesellschaftsvertrag, wie du
schon sagst, d.h. er handelt nicht _gegen_ das gesetzte Recht,
sondern _so, wie das gesetzte Recht es vorschreibt_. Und das gesetzte
Recht kann auch die Todesstrafe vorschreiben. Ich wiederhole nochmal,
das ich die auch ablehne, aber ich fürchte, mit einer rein
rechtstheoretischen Argumentation kommt man da nicht weiter.
> Der Irrtum der Leute, welche Vergeltung (bzw. Rache) fordern, ist
> der, daß sie meinen, daß das Gesetz in der Lage ist, Gerechtigkeit
> wieder herzustellen.
Ich habe nicht Vergeltung "gefordert", sondern den Begriff erklärt.
Und es geht dabei nicht um "Gerechtigkeit", sondern um die Geltung
des positiven Rechts. Das ist ein großer Unterschied.
> Das Recht im Rechtsstaat aber kann die
> Gerechtigkeit nicht herstellen, sondern nur auf die Einhaltung der
> Konvention (also quasi des Gesellschaftsvertrages, welchen der
> Rechtsstaat selbst nach außen darstellt) bestehen.
Und ihre Verletzung vergelten.
Mal im Ernst, wieviel Respekt würdest du noch vor dem
Gesellschaftsvertrag und der Rechtsordnung haben, wenn jemand, der
dir nahesteht, umgebracht wird und der Staat den Täter nicht
verfolgt? Wenn du dauernd ausgeraubt wirst und die Polizei immer nur
sagt sorry, wir können da nichts machen?
Du würdest dich darauf einstellen, daß die Gesetze das Papier nicht
wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Genau darum geht es.
> Hierin besteht die
> Illusion aller derjenigen, welche Vergeltung oder Rache fordern. Und
> hierin besteht die Demagogie all derjenigen Politiker oder Theologen
> (Theokraten), die aus dem Rechtsstaat in Wahrheit eine Diktatur
> machen wollen; - die eines Diktatoren oder die einer Oligarchie.
Der Bogen zwischen Vergeltung, Gerechtigkeit und Diktatur scheint mir
jetzt etwas weit gespannt, aber ich hab heute noch was anderes vor...
> Das ist Blödsinn! Diebstahl ist ja wohl keine Rache (er schädigt
> andere auch) und Hass auf einen Menschen besagt nicht, daß dieser
> Mensch dem Hassenden etwas getan haben muß.
Hä??? Aus der Aussage, daß Rache darauf abzielt, jemanden zu
schädigen, folgt bei dir, daß jede Schädigung eines anderen aus Rache
motiviert ist? Und daraus, daß Rache durch Haß motiviert ist, daß
jeder Haß in Rache münden muß? Denk doch da nochmal drüber nach.
> > Vergeltung dagegen hängt mit der Frage zusammen, wie man eine
> > Rechtsordnung aufrecht erhält.
>
> Eben nicht! Die Rechtsordnung wird durch Vergeltung nicht
> aufrechterhalten, sondern eher noch gefährdet. Ein Staat, der jedem
> Bürger mit Vergeltung droht, der seine Gesetze nicht einhält, ist
> kein Rechtsstaat, sondern eine Diktatur.
Ein Staat, dem es wurscht ist, ob seine Bürger sich an die Gesetze
halten, ist gar kein Staat. Der Staat muß also was tun. Du nennst das
Strafe oder Sanktion. Okay, dazu kommen wir unten.
> > Es gibt das Gebot, die Regel, die
> > verbindliche Konvention, nicht zu töten. Wenn sich jemand darüber
> > hinwegsetzt und trotzdem tötet, ist das Gebot beschädigt, seine
> > Verbindlichkeit in Frage gestellt.
>
> Keineswegs! Das Gebot ist davon überhaupt nicht beschädigt noch im
> mindesten gefährdet in seinem Bestand. Seine Verbindlichkeit besteht
> nach wie vor.
Worin besteht sie denn konkret? In den Worten "das darfst du aber
nicht", die ohne Folgen bleiben? Die Geltung von Normen besteht in
dem, was Menschen tun und lassen, im _Handeln_.
> Sonst würde ja ein einzelner Mensch in der Lage sein,
> mit einem Mord den ganzen Rechtsstaat zu stürzen. Das ist
> offensichtlich aber nicht der Fall.
Nicht? Wenn öffentlich bekannt ist, der und der hat einen Mord
begangen und der Staat schert sich nicht weiter darum, derjenige
bleibt unbehelligt? Wie lange dauert es, bis dann der nächste kommt
und der übernächste usw... na klar würde das den Rechtsstaat
aushöhlen. Von einem Rechtsstaat könnte ja schon gar keine Rede mehr
sein, wenn der Staat sich um einen Mord nicht schert.
> Und es gäbe nach Deiner tollen Theorie im Rechtsstaat dann auch keinen Unterschied, ob jemand im
> Affekt, in Notwehr oder aus niedrigen Beweggründen getötet hat. Denn
> in allen drei Fällen ist das Gebot, die Regel, die verbindliche
> Konvention verletzt.
Das stimmt nicht, diese Differenzierungen der Rechtsprechung decken
sich mit meiner tollen Theorie, denn durch eine Tötung aus Notwehr
ist das Tötungstabu in weitaus geringerem Maße verletzt als wenn
einer sagt, mich kümmert es nicht, ein Menschenleben ist mir nichts
wert. Ergo im letzteren Fall auch die schärfere Sanktion.
> Dann wäre also der Rechtsstaat nichts anderes,
> als ein Staat, der das Straf-Gesetz lediglich als Vergeltung
> betrachtet, also als Rache von Staats wegen.
Den Unterschied Rache / Vergeltung habe ich ja bereits zu erklären
versucht. Auf eine Person zielende Aggression versus
Aufrechterhaltung der Rechtsordnung _ohne_ Ansehen der Person.
> > Vergeltung dient dazu, die
> > unbedingte Gültigkeit der Rechtsordnung wiederherzustellen und zu
> > bekräftigen.
>
> Dummes Zeug! Siehe oben!
Ja, siehe oben.
> Wo Unrecht lediglich vergolten wird, wird das Recht selbst zum
> Unrecht. Damit der Unterschied zwischen Recht und Unrecht nicht
> verschwimmt, genau dafür gibt es das Gesetz!
Und wieder, was ist das Gesetz? Tintenkleckse auf Papier? Es geht
doch um die Praxis, um Normen _und Sanktionen_. Ohne Sanktionen
verschwimmen die Normen. Ganz einfach.
> Vergeltung, also Rache
> von Staats wegen, stellt sich hier lediglich über das Gesetz. Ein
> Staat aber, welcher sich über das Gesetz stellt, ist kein Rechtsstaat
> mehr, sondern eine Tyrannis.
Das ist doch jetzt Quatsch, der Staat übt ja nicht Vergeltung je nach
Tageslaune des Zuständigen, sondern so wie das Gesetz es vorschreibt.
Er stellt sich also nicht über das Gesetz, sondern wendet es an und
setzt es durch.
> Strafe und Vergeltung (bzw. Rache) - das ist ein großer Unterschied!
> Strafe ist das Mittel, Recht und Gesetz zu sanktionieren, d.h. es ist
> eine Vollzugsmaßnahme des Gesetzes, welche auch notfalls je nach
> Schwere des Gesetzesbruchs eine Zwangsmaßnahme im Rechtsstaat sein
> kann, welche geeignet sein muß, dem Übertreter des Gesetzes die
> Möglichkeit zu geben, sich fürderhin dem Gesetz unterzuordnen, das
> für alle gilt. Tut der zu Bestrafende das nicht, oder bildet die
> Übertretung eine Gefahr für die Gesellschaft, so hat der Rechtsstaat
> das Recht, den Übertreter des Rechts von der übrigen Gesellschaft zu
> separieren, ihn also ins Gefängnis zu stecken.
Vergeltung ist ein Element von Strafe oder Sanktion neben z.B. dem
Ziel der Resozialisierung. (Wenn man übrigens bei Wikipedia nach
"Vergeltung" sucht, wird man auf "soziale Sanktion" weitergeleitet.)
> Der Rechtsstaat hat aber eben nicht das Recht zu töten, weil er sonst
> eben genau die von Dir erwähnte verbindliche Konvention, nicht zu
> töten, verletzen würde. Der Rechtsstaat ist Ausdruck des Willens
> aller seiner Bürger und folglich untersteht er genau wie diese, dem
> gleichen Gesetz und muß das Gebot, die Regel und die verbindliche
> Konvention, nicht zu töten, genauso einhalten, wie jeder seiner
> Bürger auch.
Ich habe nie für die Todesstrafe plädiert und würde das auch nie tun,
weil ich entschieden dagegen bin.
> Das Gesetz ist sozusagen der Vertrag, welchen alle
> Bürger untereinander schließen. Und als gültiger Vertrag muß er, wie
> alle Verträge, eine Nichterfüllugsklausel enthalten (das wäre dann in
> diesem Falle die Sanktionierung durch das Strafgesetzbuch). Erst wenn
> der Staat diese verbindliche Konvention selbst in Frage stellt, weil
> sein Regierungsapparat (bestehend aus Legislative, Judicative und
> Executive) durch den Mißbrauch seiner Macht dann überhaupt erst in
> der Lage wäre, das Gebot selbst über den Weg der Zerstörung der
> Allgemeingültigkeit des Rechts für alle (also auch für ihn) zu
> zerstören, im Gegensatz zum einzelnen Bürger, wird aus dem Recht
> wirkliches Unrecht und somit ein Vertragsbruch. Ein Verbrecher, also
> ein einzelner Bürger, kann dagegen zwar gegen das Recht verstoßen,
> aber er kann aus dem Recht kein Unrecht machen, weil er nicht in der
> Lage ist, damit den Gesellschaftsvertrag, der ja dennoch zwischen dem
> Staat und Millionen andere Bürger bestehen bleibt, infrage zu
> stellen. Wenn Du z. Bsp. Deine Kreditraten nicht bezahlst, dann
> stellst Du ja damit auch nicht sämtliche Kreditverträge sämtlicher
> Banken im Staat infrage, sondern nur Deine eigene persönliche
> Verpflichtung daraus.
Nochmal - wenn ich damit durchkomme, also wenn man mich sanktionieren
könnte, es aber nicht tut, doch, dann stellt das langfristig die
Geltung aller Kreditverträge in Frage, weil ich dann nicht der
einzige bleiben werde, der sich so verhält.
> Aus Recht Unrecht werden lassen kann nur ein
> Staat, welcher eine Tyrannis ist (und das sind alle Staaten, welche
> die Todesstrafe praktizieren).
Naja, damit wären die USA eine Tyrannis. Da würde ich mich eher zu
der Einsicht durchringen, daß das, was wir Demokratien nennen, auch
so seine Probleme hat.
> Der Rechtsstaat als Subjekt hat dieselben Rechte und Pflichten, wie
> seine Bürger.
Hä? Darf ich dich also zu einem Jahr Haft in meinem Keller
verurteilen, wenn du mir was klaust?
> Nimmt er sich aber das Recht heraus, zu vergelten, sich
> zu rächen und zu töten, dann haben die Bürger das Recht auf
> Widerstand gegen diesen Staat, weil er das Recht bricht, indem er
> sich über es und damit über seine Bürger stellt - also die für alle
> verbindliche Konvention bricht!
Das stimmt doch schon wieder nicht... wie gesagt kann der Staat dich
auch einsperren, während die Leute sich gegenseitig nicht einsperren
dürfen, und er legitimiert das mit dem Gesellschaftsvertrag, wie du
schon sagst, d.h. er handelt nicht _gegen_ das gesetzte Recht,
sondern _so, wie das gesetzte Recht es vorschreibt_. Und das gesetzte
Recht kann auch die Todesstrafe vorschreiben. Ich wiederhole nochmal,
das ich die auch ablehne, aber ich fürchte, mit einer rein
rechtstheoretischen Argumentation kommt man da nicht weiter.
> Der Irrtum der Leute, welche Vergeltung (bzw. Rache) fordern, ist
> der, daß sie meinen, daß das Gesetz in der Lage ist, Gerechtigkeit
> wieder herzustellen.
Ich habe nicht Vergeltung "gefordert", sondern den Begriff erklärt.
Und es geht dabei nicht um "Gerechtigkeit", sondern um die Geltung
des positiven Rechts. Das ist ein großer Unterschied.
> Das Recht im Rechtsstaat aber kann die
> Gerechtigkeit nicht herstellen, sondern nur auf die Einhaltung der
> Konvention (also quasi des Gesellschaftsvertrages, welchen der
> Rechtsstaat selbst nach außen darstellt) bestehen.
Und ihre Verletzung vergelten.
Mal im Ernst, wieviel Respekt würdest du noch vor dem
Gesellschaftsvertrag und der Rechtsordnung haben, wenn jemand, der
dir nahesteht, umgebracht wird und der Staat den Täter nicht
verfolgt? Wenn du dauernd ausgeraubt wirst und die Polizei immer nur
sagt sorry, wir können da nichts machen?
Du würdest dich darauf einstellen, daß die Gesetze das Papier nicht
wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Genau darum geht es.
> Hierin besteht die
> Illusion aller derjenigen, welche Vergeltung oder Rache fordern. Und
> hierin besteht die Demagogie all derjenigen Politiker oder Theologen
> (Theokraten), die aus dem Rechtsstaat in Wahrheit eine Diktatur
> machen wollen; - die eines Diktatoren oder die einer Oligarchie.
Der Bogen zwischen Vergeltung, Gerechtigkeit und Diktatur scheint mir
jetzt etwas weit gespannt, aber ich hab heute noch was anderes vor...