sansculotte schrieb am 28. Januar 2006 3:08
> VoltaireJunior schrieb am 27. Januar 2006 16:54
> Entschuldigung schon, aber die Vulgär-Psychologie scheint eher von
> deiner Seite zu kommen. Wenn du hier einen künstlichen Manichäismus
> hochziehst, wenn du behauptest, Miller würde Eltern als "böse-böse"
> pauschalisieren, dann ist dir leider entgangen, dass sie immer wieder
> anmerkt, wie sehr auch diese Eltern eine repressive Erziehung
> erfahren haben.
Und so wird dann das Schuldproblem ins Nirwana einer unendlichen
patriarchalen und damit authoritären Vergangenheit verlagert, bis
hinunter zu Adam und Eva sozusagen, wenn man das konsequent zuende
denkt; ganz auf der Linie der religiösen Erbschuld also. An
irgendwelchen Ureltern muß ja die Schuld dann mal hängen bleiben. Der
Manichäismus ist also im ganzen Werk der guten alten Alice geradezu
alttestamentarisch angelegt und schwingt eben aus der von Dir richtig
erkannten Grundprämisse mit. Nur Du denkst sie eben nicht zuende.
Aber mal prinzipiell zu meiner kleinen Alice-Kritik: Natürlich kann
ich hier keine ausführliche Analyse über die Miller schreiben, dazu
reicht der Platz nicht und Zeit habe ich dafür auch keine, hier ein
ganzes Buch drüber zu schreiben (was man aber durchaus könnte).
Insofern stimme ich also sogar Deinem Vorwurf zu, daß ich hier auch
ein bischen Vulgär-Psychologie treiben mußte. Deswegen ja auch mein
Apell an Zetscho, es selbst zu prüfen unter den von mir eingewandten
Gesichtspunkten.
> Miller pauschalisiert nicht, sondern zeigt anhand von
> exemplarischen Fällen die Konsequenzen bestimmter Einstellungen,
> Ansichten und Gefühlshaltungen auf, deren Destruktivität sich auch in
> der empirischen Forschung der 80er und 90er Jahre mehr und mehr
> bestätigt hat.
Miller pauschalisiert absolut! Nur fächert sie eben ihre
Pauschalierungen in exemplarische Fälle auf. Schon der Begriff
"exemplarisch" scheint mir hier gut von Dir gewählt. Und es ist eben
auch gerade ihre Fixierung auf die Destruktivität, in der sich ihr
Manichäismus besonders deutlich zeigt. Deshalb mußte dann ja auch als
exemplarisches Beispiel gleich Adolf bemüht werden. Schon der Titel
des Buches "Am Anfang war Erziehung" spielt mit den ersten Worten des
Johannesevangeliums "Am Anfang war das Wort". Ihre Psychologie ist
ganz und gar darauf abgestellt, mit Hilfe derselben eine
Gegenreligion zu etablieren, also eine Ideologie, an die man einfach
glauben muß. Und Du scheinst mir da in Deinem Eifer ein wahrer
Proselyt zu sein.
> Mit keinem Wort beruft sie sich auf Adorno und die
> Frankfurter
Das habe ich ja auch nicht behauptet. Ich habe geschrieben, daß sie
mit Adorno und den 68er Ideologen auf einer Linie liegt in der
Bekämpfung des sogenannten "authoritären Charakters".
> und in einigen Passagen macht sie sogar darauf
> aufmerksam, dass auch die sog. "antiautoritäre Erziehung" ein starres
> Konzept darstellt und Elemente der Lieblosigkeit und Vernachlässigung
> enthält.
Danke für das schöne Beispiel, wie sie die Schuldfrage angeht.
> Adorno war -im Gegenteil- noch zu sehr in der Systematik der
> Psychoanalyse verfangen, um in Millers Kritik eine Rolle zu spielen.
Er ist ihre Basis, die Zeitmatrix sozusagen. Gerade das Buch "Am
Anfang war Erziehung" ist der Bekämpfung des authoritären Charakters
im Sinne von Adorno am nächsten (sonst hätte sie sich nicht
ausgerechnet Hitler als Beispiel des "authoritären Charakters an
sich" sozusagen gewählt). Natürlich gibt es sich dann (was ja viele
Freudianer bei Freund oder Jungianer bei Jung usw. gerne machen) den
Anschein, sie würde nun im Sinne des Fortschreitens in der Erkenntnis
Adornos "starres Konzept" mit seinen "Elementen der Lieblosigkeit und
Vernachlässigung" korrigieren. Deshalb bleibt sie aber eben trotzdem
auf seiner Linie.
> Mir geht es nun nicht darum, Alice Miller eine Blankovollmacht
> auszustellen, aber einige deiner Unterstellungen sind doch allzu
> absurd. Schon ihr transparenter und gelegentlich spürbar wütender
> Schreibstil macht klar, dass sie keine wie immer geartete "hidden
> agenda" verfolgt. Die Abwendung von der Freud'schen Psychodynamik ist
> in ihrer Entwicklung Buch für Buch nachvollziehbar und hat ihr
> erhebliche Schwierigkeiten unter Kollegen und in der sogenannten
> "Fachwelt" eingetragen. Nirgendwo findet sich bei ihr das von dir
> behauptete "Schuldkonzept", ihr Konzept ist im Gegenteil die
> Anwaltschaft für das Kind (und nicht die Bekämpfung der Eltern).
Auch hier wieder Dank für Deine gute und für Alice Miller
verräterische Wortwahl! Ganz genau! Sie übernimmt die "Anwaltschaft",
womit wir also vor Gericht wären, wo ja die Frage von Schuld und
Sühne zur Debatte steht. Nur schlägt sie als "Anwältin" eben ein
liberaleres Sühnekonzept vor, als vielleicht Ankläger Adorno vor dem
Psychologischen Volksgerichtshof. Sie klagt zwar die Eltern permanent
an, aber sie bittet um ein milderes Urteil, da ja Adam und Eva
eigentlich an allem Schuld seien. Doch die Erbschuld bleibt in jedem
Fall bestehen.
> Du musst dir nun wirklich nicht die Mühe antun, die "Zerstörung der
> Gesellschaft von innen heraus" durch angebliche
> ideologisch-motivierte Angriffe auf die Familie an die Wand zu malen.
"An die Wand malen" klingt irgendwie nach Teufel. ;)
> Für die Gewalt in der Gesellschaft sorgt schon die Familie selbst,
> das, was in ihr gelebt und nicht gelebt wird, das, was in ihr
> tagtäglich an Gewalt passiert.
Wahrlich, Du hast viel Alice Miller verinnerlicht. "Tagtäglich"
passiert also in der Familie Gewalt! Was für verbrecherische Abgründe
tun sich da auf! Was für ein "Drama des begabten Kindes", welches
durch die Familie tagtäglich unterdrückt wird. Wir alle hätten Genies
werden können, wenn wir diese gewalttätigen Eltern nicht gehabt
hätten, die auch gewalttätige Eltern gehabt haben und das alles, weil
Adam und Eva vom verbotenen Baum der Erkenntnis von gut und böse
genascht haben. Ja schlimmer noch! Sie haben sich von der Schlange
verführen lassen!
> Die Propaganda der Konservativen, dass
> die Familie die Keimzelle des Staates bildet, bewahrheitet sich auf
> eine nahezu erschreckende Art und Weise:
Nun, dann muß wohl der Marxismus auch zur Propaganda der
Konservativen zählen, denn schon Marx betrachtet die Familie als
Keimzelle der Gesellschaft und damit des Staates.
> die in der Familie
> vorherrschenden Gewaltverhältnisse setzen sich nämlich nahtlos in
> Gesellschaft und Staat fort. Da braucht es keine Verschwörung von
> sinistren Hedonisten und angeblichen "Selbstverwirklichern", da
> genügt ein Blick auf das alltägliche Elend, das tägliche Leiden.
Mir kommen die Tränen! Aber wer redet hier von der Verschwörung der
Hedonisten? Aber wenn wir dann schon so manichäisch drauf sind, dann
sind die Hedonisten schließlich Opfer der gewalttätigen
Ersatz-Familie, namens WG (man denke nur an die Terrorfrage: "Wer ist
heute mit dem Abwasch dran?") und als "Selbstverwirklicher" Opfer
ihres eigenen Egoismus und ihrer eigenen Dummheit, weil sie Adorno
und Alice auf den Leim gegangen sind und all den Psychoanalytikern,
die damit ein Bombengeschäft gemacht haben, sie von sich abhängig zu
machen, indem sie ihnen das Paradies der Freiheit nach soundsovielen
Sitzungen oder Settings oder Workshops oder weiß der Kukuck
versprachen. Aber natürlich: "Ich habe Dir nie einen Rosengarten
versprochen", sichert sich der kluge Psycho-Guru ab. Zur
Selbstverwirklichung gehört natürlich immer auch die
Selbstverantwortung. Gegen Miller, Adorno, Freud, Jung und all die
Psychokonsorten war die Schlange im Paradies wirklich eine
Dilettantin.
> Ein wenig mehr Bodenhaftung wäre wünschenswert, ehe du die Familie
> als höchsten Wert einsetzt.
Hier verwechselst Du wohl Deine Interpretation dessen, was ich gesagt
habe mit dem, was ich gesagt habe?
> Dann würde dir nämlich auffallen, dass
> sie ganz und gar kein Elysium, kein Quell ungetrübter Freude oder
> Hort ewigen Friedens ist. (Und nie war, auch nicht vor
> Neoliberalismus und Neoconnards -siehe zB Philippe Aries:Geschichte
> der Kindheit oder zieh dir -x-beliebig- zB die Geschichte der Borgias
> rein, der Romanovs, der Hannover, etc. usf. egal)
...und nie sein wird, könnte man noch ergänzen.
> Nimm dir mal ein
> paar Statistiken über Gewalttaten und das Naheverhältnis von Täter
> und Opfer vor, über Vergewaltigung, Körperverletzung und
> Alkoholismus. Sobald du nur ein wenig an der Tünche kratzt, wird dir
> jeder zweite über einschlägige Erfahrungen im Familienkreis
> berichten.
Traue keiner Statistik, die Du nicht usw... Läßt man aber die
Statistiken beiseite, so bestehen solche Gewalttätigkeiten in der
Familie natürlich. Wer wollte das bestreiten?! Schließlich ist die
Keimzelle der Familie der konkrete Mensch, nicht der perfekte (was
die Gewalt keineswegs verharmlost). Aber wer weiß, wieviele verkannte
Genies nach der Lektüre von "Alice im Wunderland der Psychologie"
ihrem "Drama des begabten Kindes" mit einem Beil auf die eigenen
Eltern losgegangen sind? Wir werden es wohl nie erfahren.
> Und die persönlichen Erfahrungen all dieser Menschen wirst du wohl
> nicht ernsthaft als "pauschale Sichtweisen" von ideologisch
> verbrämten "Selbstverwirklichern" abtun wollen, oder?
Ganz gewiß nicht! Wobei man das in dem einen oder anderen Fall eben
nicht ausschließen kann, will man sich keine allzu "pauschalen
Sichtweisen" zuschulden kommen lassen.
einen schönen und hoffentlich gewaltfreien Tag noch! ;)
VJ
> VoltaireJunior schrieb am 27. Januar 2006 16:54
> Entschuldigung schon, aber die Vulgär-Psychologie scheint eher von
> deiner Seite zu kommen. Wenn du hier einen künstlichen Manichäismus
> hochziehst, wenn du behauptest, Miller würde Eltern als "böse-böse"
> pauschalisieren, dann ist dir leider entgangen, dass sie immer wieder
> anmerkt, wie sehr auch diese Eltern eine repressive Erziehung
> erfahren haben.
Und so wird dann das Schuldproblem ins Nirwana einer unendlichen
patriarchalen und damit authoritären Vergangenheit verlagert, bis
hinunter zu Adam und Eva sozusagen, wenn man das konsequent zuende
denkt; ganz auf der Linie der religiösen Erbschuld also. An
irgendwelchen Ureltern muß ja die Schuld dann mal hängen bleiben. Der
Manichäismus ist also im ganzen Werk der guten alten Alice geradezu
alttestamentarisch angelegt und schwingt eben aus der von Dir richtig
erkannten Grundprämisse mit. Nur Du denkst sie eben nicht zuende.
Aber mal prinzipiell zu meiner kleinen Alice-Kritik: Natürlich kann
ich hier keine ausführliche Analyse über die Miller schreiben, dazu
reicht der Platz nicht und Zeit habe ich dafür auch keine, hier ein
ganzes Buch drüber zu schreiben (was man aber durchaus könnte).
Insofern stimme ich also sogar Deinem Vorwurf zu, daß ich hier auch
ein bischen Vulgär-Psychologie treiben mußte. Deswegen ja auch mein
Apell an Zetscho, es selbst zu prüfen unter den von mir eingewandten
Gesichtspunkten.
> Miller pauschalisiert nicht, sondern zeigt anhand von
> exemplarischen Fällen die Konsequenzen bestimmter Einstellungen,
> Ansichten und Gefühlshaltungen auf, deren Destruktivität sich auch in
> der empirischen Forschung der 80er und 90er Jahre mehr und mehr
> bestätigt hat.
Miller pauschalisiert absolut! Nur fächert sie eben ihre
Pauschalierungen in exemplarische Fälle auf. Schon der Begriff
"exemplarisch" scheint mir hier gut von Dir gewählt. Und es ist eben
auch gerade ihre Fixierung auf die Destruktivität, in der sich ihr
Manichäismus besonders deutlich zeigt. Deshalb mußte dann ja auch als
exemplarisches Beispiel gleich Adolf bemüht werden. Schon der Titel
des Buches "Am Anfang war Erziehung" spielt mit den ersten Worten des
Johannesevangeliums "Am Anfang war das Wort". Ihre Psychologie ist
ganz und gar darauf abgestellt, mit Hilfe derselben eine
Gegenreligion zu etablieren, also eine Ideologie, an die man einfach
glauben muß. Und Du scheinst mir da in Deinem Eifer ein wahrer
Proselyt zu sein.
> Mit keinem Wort beruft sie sich auf Adorno und die
> Frankfurter
Das habe ich ja auch nicht behauptet. Ich habe geschrieben, daß sie
mit Adorno und den 68er Ideologen auf einer Linie liegt in der
Bekämpfung des sogenannten "authoritären Charakters".
> und in einigen Passagen macht sie sogar darauf
> aufmerksam, dass auch die sog. "antiautoritäre Erziehung" ein starres
> Konzept darstellt und Elemente der Lieblosigkeit und Vernachlässigung
> enthält.
Danke für das schöne Beispiel, wie sie die Schuldfrage angeht.
> Adorno war -im Gegenteil- noch zu sehr in der Systematik der
> Psychoanalyse verfangen, um in Millers Kritik eine Rolle zu spielen.
Er ist ihre Basis, die Zeitmatrix sozusagen. Gerade das Buch "Am
Anfang war Erziehung" ist der Bekämpfung des authoritären Charakters
im Sinne von Adorno am nächsten (sonst hätte sie sich nicht
ausgerechnet Hitler als Beispiel des "authoritären Charakters an
sich" sozusagen gewählt). Natürlich gibt es sich dann (was ja viele
Freudianer bei Freund oder Jungianer bei Jung usw. gerne machen) den
Anschein, sie würde nun im Sinne des Fortschreitens in der Erkenntnis
Adornos "starres Konzept" mit seinen "Elementen der Lieblosigkeit und
Vernachlässigung" korrigieren. Deshalb bleibt sie aber eben trotzdem
auf seiner Linie.
> Mir geht es nun nicht darum, Alice Miller eine Blankovollmacht
> auszustellen, aber einige deiner Unterstellungen sind doch allzu
> absurd. Schon ihr transparenter und gelegentlich spürbar wütender
> Schreibstil macht klar, dass sie keine wie immer geartete "hidden
> agenda" verfolgt. Die Abwendung von der Freud'schen Psychodynamik ist
> in ihrer Entwicklung Buch für Buch nachvollziehbar und hat ihr
> erhebliche Schwierigkeiten unter Kollegen und in der sogenannten
> "Fachwelt" eingetragen. Nirgendwo findet sich bei ihr das von dir
> behauptete "Schuldkonzept", ihr Konzept ist im Gegenteil die
> Anwaltschaft für das Kind (und nicht die Bekämpfung der Eltern).
Auch hier wieder Dank für Deine gute und für Alice Miller
verräterische Wortwahl! Ganz genau! Sie übernimmt die "Anwaltschaft",
womit wir also vor Gericht wären, wo ja die Frage von Schuld und
Sühne zur Debatte steht. Nur schlägt sie als "Anwältin" eben ein
liberaleres Sühnekonzept vor, als vielleicht Ankläger Adorno vor dem
Psychologischen Volksgerichtshof. Sie klagt zwar die Eltern permanent
an, aber sie bittet um ein milderes Urteil, da ja Adam und Eva
eigentlich an allem Schuld seien. Doch die Erbschuld bleibt in jedem
Fall bestehen.
> Du musst dir nun wirklich nicht die Mühe antun, die "Zerstörung der
> Gesellschaft von innen heraus" durch angebliche
> ideologisch-motivierte Angriffe auf die Familie an die Wand zu malen.
"An die Wand malen" klingt irgendwie nach Teufel. ;)
> Für die Gewalt in der Gesellschaft sorgt schon die Familie selbst,
> das, was in ihr gelebt und nicht gelebt wird, das, was in ihr
> tagtäglich an Gewalt passiert.
Wahrlich, Du hast viel Alice Miller verinnerlicht. "Tagtäglich"
passiert also in der Familie Gewalt! Was für verbrecherische Abgründe
tun sich da auf! Was für ein "Drama des begabten Kindes", welches
durch die Familie tagtäglich unterdrückt wird. Wir alle hätten Genies
werden können, wenn wir diese gewalttätigen Eltern nicht gehabt
hätten, die auch gewalttätige Eltern gehabt haben und das alles, weil
Adam und Eva vom verbotenen Baum der Erkenntnis von gut und böse
genascht haben. Ja schlimmer noch! Sie haben sich von der Schlange
verführen lassen!
> Die Propaganda der Konservativen, dass
> die Familie die Keimzelle des Staates bildet, bewahrheitet sich auf
> eine nahezu erschreckende Art und Weise:
Nun, dann muß wohl der Marxismus auch zur Propaganda der
Konservativen zählen, denn schon Marx betrachtet die Familie als
Keimzelle der Gesellschaft und damit des Staates.
> die in der Familie
> vorherrschenden Gewaltverhältnisse setzen sich nämlich nahtlos in
> Gesellschaft und Staat fort. Da braucht es keine Verschwörung von
> sinistren Hedonisten und angeblichen "Selbstverwirklichern", da
> genügt ein Blick auf das alltägliche Elend, das tägliche Leiden.
Mir kommen die Tränen! Aber wer redet hier von der Verschwörung der
Hedonisten? Aber wenn wir dann schon so manichäisch drauf sind, dann
sind die Hedonisten schließlich Opfer der gewalttätigen
Ersatz-Familie, namens WG (man denke nur an die Terrorfrage: "Wer ist
heute mit dem Abwasch dran?") und als "Selbstverwirklicher" Opfer
ihres eigenen Egoismus und ihrer eigenen Dummheit, weil sie Adorno
und Alice auf den Leim gegangen sind und all den Psychoanalytikern,
die damit ein Bombengeschäft gemacht haben, sie von sich abhängig zu
machen, indem sie ihnen das Paradies der Freiheit nach soundsovielen
Sitzungen oder Settings oder Workshops oder weiß der Kukuck
versprachen. Aber natürlich: "Ich habe Dir nie einen Rosengarten
versprochen", sichert sich der kluge Psycho-Guru ab. Zur
Selbstverwirklichung gehört natürlich immer auch die
Selbstverantwortung. Gegen Miller, Adorno, Freud, Jung und all die
Psychokonsorten war die Schlange im Paradies wirklich eine
Dilettantin.
> Ein wenig mehr Bodenhaftung wäre wünschenswert, ehe du die Familie
> als höchsten Wert einsetzt.
Hier verwechselst Du wohl Deine Interpretation dessen, was ich gesagt
habe mit dem, was ich gesagt habe?
> Dann würde dir nämlich auffallen, dass
> sie ganz und gar kein Elysium, kein Quell ungetrübter Freude oder
> Hort ewigen Friedens ist. (Und nie war, auch nicht vor
> Neoliberalismus und Neoconnards -siehe zB Philippe Aries:Geschichte
> der Kindheit oder zieh dir -x-beliebig- zB die Geschichte der Borgias
> rein, der Romanovs, der Hannover, etc. usf. egal)
...und nie sein wird, könnte man noch ergänzen.
> Nimm dir mal ein
> paar Statistiken über Gewalttaten und das Naheverhältnis von Täter
> und Opfer vor, über Vergewaltigung, Körperverletzung und
> Alkoholismus. Sobald du nur ein wenig an der Tünche kratzt, wird dir
> jeder zweite über einschlägige Erfahrungen im Familienkreis
> berichten.
Traue keiner Statistik, die Du nicht usw... Läßt man aber die
Statistiken beiseite, so bestehen solche Gewalttätigkeiten in der
Familie natürlich. Wer wollte das bestreiten?! Schließlich ist die
Keimzelle der Familie der konkrete Mensch, nicht der perfekte (was
die Gewalt keineswegs verharmlost). Aber wer weiß, wieviele verkannte
Genies nach der Lektüre von "Alice im Wunderland der Psychologie"
ihrem "Drama des begabten Kindes" mit einem Beil auf die eigenen
Eltern losgegangen sind? Wir werden es wohl nie erfahren.
> Und die persönlichen Erfahrungen all dieser Menschen wirst du wohl
> nicht ernsthaft als "pauschale Sichtweisen" von ideologisch
> verbrämten "Selbstverwirklichern" abtun wollen, oder?
Ganz gewiß nicht! Wobei man das in dem einen oder anderen Fall eben
nicht ausschließen kann, will man sich keine allzu "pauschalen
Sichtweisen" zuschulden kommen lassen.
einen schönen und hoffentlich gewaltfreien Tag noch! ;)
VJ