Radio Controlled schrieb am 20.04.2020 07:06:
Okay, aber warum sind dann beispielsweise Risikosportarten wie Skifahren oder Bergsteigen nicht verboten?
Vielleicht weil es sich dabei immer um das individuelle Risiko handelt und eine "Ansteckung" oder auch eine exponentielle Verbreiteung unmöglich ist?!
mit Blick auf das HI-Virus niemand nach Infektionsschutzparagraphen und speziellen Verordnungen, um diese HIV-Gefahr in Deutschland einzudämmen
Hast Du Dir mal über die Verbreitung Gedanken gemacht? Also mir ist kein Fall bekannt, wo sich jemand an der Supermarktkasse mit HIV angesteckt hat, dazu ist schon "etwas" mehr notwendig also das.
Gegen die meisten Viren sollten fünf Meter Abstand zuverlässig vor Ansteckung schützen.
In der Tat und gegen HIV würden sogar 5 cm oder weniger Abstand zuverlässig vor einer Ansteckung schützen...
Kurzum, das was Du hier vergleichst ergibt weder bei HIV noch bei Risikosportarten irgendeinen Sinn.
Natürlich finden sich bei Vergleichen im Detail immer Unterschiede, aber mir ging es um zwei Fragen: Hat ein Staat die Pflicht, Gefahren für Leib und Leben möglichst überall auszuschließen? Und folgt aus der Menschenwürde nicht zwangsläufig auch die Freiheit, sich großen Gefahren aussetzen zu dürfen?
Aus der Erlaubnis, Risikosportarten betreiben zu dürfen, resultieren Tote, auch Opfer, die kein eigenes Verschulden trifft, etwa weil sie beim Skifahren umgefahren werden oder die ganze Seilschaft am Berg wegen eines individuellen Fehlers abstürzt, und auch etwa beim Radrennfahren können Massenstürze exponentiellen Charakter haben. Letztlich könnte man diese Freizeitaktivitäten doch für puren Luxus halten und unter Verweis auf die Pflichten des Staates, Leben zu schützen, schlicht verbieten! Okay?
Der HIV-Vergleich zielte natürlich nicht auf das Verhalten an der Supermarktkasse, sondern beim Sex. Man könnte eine HIV-Ausbreitung gewiss wirksamer eindämmen, wenn man allen HIV-Infizierten Sex mit anderen Menschen einfach prinzipiell verbieten würde, sie also da unter Quarantäne stellte. Okay?
In beiden Fällen geht es doch grundsätzlich um die menschliche Freiheit, genau deshalb Opfer eines blöden Zufalls werden zu können, weil man bestimmte Rahmenbedingungen für sich selbst akzeptiert und obwohl man innerhalb dieses Rahmens möglichst alle Sorgfaltspflichten beachtet. Pech kann man bei Risikosportarten wie beim Sex mit Kondom haben – oder eben auch im Supermarkt trotz Abstand.
Interessant ist nun aber doch, dass der Staat bei den wenigsten Risikosportarten eine genau definierte Ausrüstung erzwingt oder etwa Sex ohne Kondom prinzipiell unter Strafe stellt, obwohl jeweils Bürger sich selbst oder andere Menschen durch mehr oder minder fahrlässiges Verhalten gefährden können.
Beim neuen Coronavirus steht jede Gesellschaft vor dem gleichen Problem wie vor fast vierzig Jahren zumindest der sexuell aktive Teil: Jeder könnte Virusträger sein, ohne dies sicher wissen zu können, denn kaum jemand ist getestet; und sei es damals nur als Folge einer Bluttransfusion oder ähnlicher kontaminierter Produkte, und nicht mal zum Test wurde in Deutschland geraten, obwohl man wusste, dass es in fast jeder Partnerschaft früher oder später zu ungeschütztem Sexualverkehr kommt. Okay?
Aus meiner Sicht war und ist der Umgang mit HIV besser, weil Leben prinzipiell gefährlich ist und den Staat das Risikoverhalten der Bürger praktisch nichts angeht – selbst zum Preis von Menschenleben.