schwer depressiv schrieb am 24.05.2020 22:37:
Wer sagt denn, ich hätte was gegen eine Verhaltenstherapie? Ganz im Gegenteil! Nur manchmal ist das betroffene Individuum so desolat, dass erst mal per Medikament die Voraussetzung für eine Einsicht in ein notwendiges verändertes Verhalten hergestellt werden muss.
Zwar hat kognitive Verhaltenstherapie, im Gegensatz etwa zu psychodynamischer Psychotherapie, nachweisbare Erfolge bei einigen Krankheitsbildern, jedoch wird auch diese Therapieform maßlos überschätzt. Anders als der Volksmund glaubt, sind psychische Störungen oft eben kein "Sündenfall" bei dem man über "Einsicht" und Verhaltensänderung Buße tun kann und dann als "Belohnung" die Heilung bekommt. Viele psychische Störungen sind für Psychotherapie eine Nummer zu groß. Deswegen kann ich auch nicht mehr hören, wenn Leute biologische Therapien zu "Wegbereitern" für die vermeintliche Kausalbehandlung Psychotherapie degradieren.
Den Bezug auf die Religion finde ich interessant. Mir ist ebenfalls aufgefallen dass es im Bereich der Psychotherapie kulthafte Dynamiken gibt. Es ist z.B. in vielen Fällen quasi unmöglich Psychotherapie als unwirksam zu kritisieren. Sag man ein Medikament helfe nicht wird das akzeptiert. Sagt man aber Psychotherapie hilft nicht wird man geradezu gemobbt: Es heißt dann: Die Therapie war nicht lang genug. Es war der falsche Therapeut. Es war die falsche Therapie. Du hast die Therapie nicht "angenommen" u.s.w.
Spätestens ab dem Punkt dass eine Therapie nur dann wirkt wenn der Patient daran glaubt ist man dann bei der Esotherik angekommen. Nichts desto trotz wird diese Methode die Unwirksamkeit von Psychotherapie auf den Patienten ab zu wälzen allgemein akzeptiert.