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  • blu_frisbee

mehr als 1000 Beiträge seit 12.09.2002

Re: Von den Ursachen des Faschismus

klaudie schrieb am 27.06.2021 21:20:

blu_frisbee schrieb am 27.06.2021 11:25:

Tatsächlich steht hinter dem Nazi das Unbehagen an der Moderne, die Unsicherheit der Verhältnisse, die Angst vor der Zukunft,¹ die Sehnsucht nach der Geborgenheit in der fiktiven Volksgemeinschaft, deren Fehlen auf das Wirken eines feindlichen Fremdvolks zurückgeführt wird, die Glorifizierung der eigenen Nation, die Idealisierung des Staats (nur des eigenen).

Hinter dem Faschismus stand der Teil des (deutschen) Kapitals, der der Weltkriegsniederlage von 1918 hinterhergejammert hat und einen neuen Versuch der Revance wollte. Hinzu kam der (davon nicht notwendigerweise verschiedene) Teil des Kapitals, dem die sozialistischen Revolutionen von 1917 bis 1919 inkl. der Gründung der Weimarer Republik nachhaltig in die Glieder gefahren sind.

Entsprechend verlief die Machtübergabe an Hitler. Nach seiner Inthronisierung gab es im Februar 1933 zunächst die Zusicherung für einen Überfall auf die Sowjetunion in 9 Jahren (1942) auf der Basis der Pläne der deutschen Reichswehr von 1925. Die Pläne wurden nahezu 1:1 umgesetzt, allerdings war die Ostfront bereits ein Jahr vorfristig einsatzfähig.

Mit dieser Zusicherung konnte die Weimarer Republik ausgeschaltet werden, beginnend mit dem Reichstagsbrand als Putsch von oben. Erst als die innere Heimatfront von widerspenstigen Kommunisten, Gewerkschaftern, Sozialdemokraten, Anarchisten beräumt war, begann ab dem Jahre 1935 die umfassende, systematische Judenverfolgung mit den Nürnberger Rassegesetzen.

Alles richtig. Aber die allein hättens nicht vermocht. Sie brauchten Leute die bereit und willig waren sich zu engagieren. Nicht alle, aber genug, daß die bystander-Mehrheit sich passiv verhält. Und zwar vor der Machtübergabe hin zu ihr.

Natürlich gehts auch anders, mit Gewalt, Befehl, Gehorsam. Dafür bräuchts einen Putsch¹, für die reichstreue Wehrmacht Eidbruch. Das hatte sich erst² mit der Fritsch-Affäre geändert, danach wurde der Eid nicht mehr auf den Staat sondern den Führer abgelegt und treudoof wie sie konditioniert waren haben sich auch alle dran gehalten, zu jeder Schandtat bereit. Der Stauffenberg hats erst nach Stalingrad gewagt, too little, too late.
¹ das Modell Pinochet
² das war später und hats besiegelt

Da ists einfacher, man erreicht durch Wahlen parlamentarische Blockade und per Intrige eines verblödeten bürgerlichen Papen (und anderer) macht ein seniler Hindenburg Hitler zum Kanzler.
Klar, 1932 war die NSDAP faktisch pleite, die Spenden der Industrie hatten hatten die Wahlkämpfe finanziert.
Die Methode, erst Chaos mit Straßenkämpfen stiften, sich dann als Ordnungsmacht gerieren und die Bevölkerung war froh daß endlich Ruhe war, deshalb hatten die Hitler gewählt, hat grade mal zur stärksten Franktion, aber nicht zu Mehrheit gereicht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Hitler#Weg_zur_Kanzlerschaft

Dann noch ein Reichstagsbrand, alle Kommunisten verhaften, voila, der Weg ist frei zum Ermächtigungsgesetz.

Ich verstehe den Teil der angeblichen Linken nicht, der von den sozio-ökonomischen Ursachen des Faschismus nicht reden will und stattdessen von Moderne und Volksgemeinschaft faselt. Man kann die Ursachen des Faschismus auch vernebeln.

Und genau an der Stelle kommt die psychische Bereitschaft rein, die man natürlich auch, wie es etwa der GegenStandPunkt tut, auf der Ideen-Ebene verhandeln kann.

Das Konkrete ist konkret weil Zusammenfassung mannigfaltiger Bestimmungen [Marx].

Es ist ein Defizit der undialektischen Binärdenker, bloß weil ich B sage, zu unterstellen daß ich A negiere. Liegt vllt auch an der Eigentümlichkeit der Sprache, wo Dialektik den Gegenstand umschreitet und so vielerlei Aspekte zur Rede bringt (und deren Interaktion), vllt hats auch mit der Minderung des Gedächtnisses durch die vielen Bildschirme zu tun.

Sowas merkt man zB immer wieder bei Nowak der nix schreiben kann ohne sein antideutsch rauszuhängen und unvermittelt von der EU auf Israel kommt; So wird beispielsweise Israel von Antizionisten oft Pink-Washing unterstellt und dabei vergessen, dass sexuelle Minderheiten dort Freiheiten haben, von denen sie in vielen arabischen Gesellschaften nicht mal zu träumen wagen.https://heise.de/-6120453

Es ist auch Teil der Verblödung des Ostblockmarxismus den subjektiven Faktor zu vernachlässigen und sich alles durch den Willen des Kapitals zu erklären. Fakt ist, daß Thälmann den idiotischen Vorgaben Stalins gefolgt war, eine eigenständigere Linie hätte größere Chancen eröffnet.

Da kommt viel zusammen.

Und jetzt willst Du wieder ne eindimensionale Erklärung haben.

Paech dackelt an mit seiner bürgerlichen Erklärung, die falschen Gefühle wärens.
Ja, wer Gesellschaft vom Individuum her denkt und das Individuum als Gefühlen hilflos ausgeliefertes, dessen Faschismuserklärung bleibt hoffungslos defizitär, da schlägt der Blitz aus dem Jenseits ein und man weiß nicht warum.
Dann kommen auf die hilflosen Erklärungen, man dürfe dem Haß keine Chance geben, als ob sich ein Nazi in spe dadurch beeindrucken ließe.

Der hat seine Abstiegsängste und erklärt sichs dadurch, daß mit Staat & Nation was nicht in Ordnung wär, gemessen an seinem (falschen) Ideal davon, daß die Eliten das Volk verraten dem sie doch eigentlich (nach seinem falschen Ideal) verpflichtet zu sein hätten.
Die Profitnot des Kapitals allein reicht nicht für Faschismus, die Leut müssen mitmachen und den wollen, mit der falschen Deutung ihrer Lage und der Krise¹.
¹ Objektiv gings bereits wieder aufwärts, aber die Subjekte realisierens mit Verzögerung.

Trump, Netanjahu, Modi, Duterte: alles Faschisten die gewählt wurden, Erdogan mit massiver Wahlfälschung.

Man merkt wie auf den Hund gekommen politisches Denken mittlerweile ist. *seufz*

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (27.06.2021 22:59).

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